Auch im Fotobereich reguliert der Markt die Preise.
Das sehe ich auch so. Zum Markt gehört auch eine Preisfindung. Das ist bei Ware, die häufig umgeschlagen wird, sicher einfacher (schneller), als bei seltenen Sammlerstücken. Auch wenn die aufgerufenen Preise manchmal als (zu) hoch erscheinen, gibt es anscheinen genügend Käufer, die dann doch zuschlagen. Ggf. wird auch nachverhandelt, aber auch hier ist der Verkäufer ja nicht gezwungen, darauf einzugehnen. Einigt man sich nicht, kommt halt kein Tausch von Geld gegen Ware zustande.
Ein Gebrauchtkauf ist immer mit einem erhöhten Risiko gegenüber einem Neukauf verbunden. Daher ist ein Preisabschlag im Vergleich zu Neuware sicherlich gerechtfertigt. Wie hoch der ausfällt bzw. ausfallen muss, darüber kann man trefflich spekulieren. Ich würde auch nicht wegen ein paar Euros weniger auf die Vorteile eines Neukaufs verzichten wollen. Je nach Wertigkeit/Zustand/Alter kann bzw. muss für mich der Abschlag in der Größenordnung 20%, 30%, 50% oder sonst etwas betragen. Ein AF-S 18-55/3.5-5.6 z.B. würde ich gar nicht gebraucht kaufen, hier ist mir die Gesamtwertigkeit zu gering.
Eine gewisse Sicherheit gibt einem die Aktivität eines Nutzers. Von einem Nutzer, der hier im Forum keine Beiträge verfasst, würde ich auch nicht kaufen. Wer hingegen öfters Fotos einstellt, hat schon einmal einen großen Vorteil, da man die Qualität der Ware (zumindest bei Objektiven) anhand der Fotos recht gut beurteilen kann. Hier halte ich einen gewissen Aufschlag durchaus für gerechtfertigt. Auch eine übermäßige Nutzung gibt hinweise darauf, ob die Ware schon einmal im professionellen Umfeld eingesetzt worden ist bzw. sein könnte. Eine gewisse Menschenkenntnis (und Misstrauen) vorausgesetzt hilft schon mal, die "guten" von den "schlechten" Verkäufern zu selektieren. Erst wenn alle negativen Merkmale ausgeschlossen werden können, kommt für mich ein Gebrauchtkauf in Frage.
Was sich nur bedingt einschätzen lässt, ist, wie der Benutzer mit seinem Equipment umgegangen ist. Auf der einen Seite sind technische Geräte, egal ob Autos, Kameras, Handys nun mal Arbeitsgeräte. Geht man mit den Arbeitsgeräten jedoch allzu robust um, können sich nun mal nicht sichtbare Defekte einstellen, die der Besitzer vielleicht gar nicht feststellt.
Ein Grund zu Missverständnissen kann auch sein, ob der Verkäufer dieselben Ansprüche an die Ware stellt wie man selbst. Wenn ich selbst der Ansicht bin, eine Ware muss perfekt bis ans technische Limit funktionieren, also z.B. ein Objektiv auch bei Offenblende in 100% Ansicht von links oben bis rechts unten perfekt scharf abbilden, der Verkäufer jedoch "nur" ein Gelegenheitsknipser ist, dessen Objektiv nach seinem Dafürhalten im Automatikmodus für Schnappschüsse in 10x15cm Ansicht bestens funktioniert, jedoch evtl. dezentriert ist, dann sind Meinungsverschiedenheiten schnell vorprogrammiert.
Ich gehe davon aus, dass sowohl hier als auch in der Bucht der überwiegende Anteil der Verkäufer seriös sind. Allerdings fallen allein schon aufgrund der schieren Masse die "schwarzen Scharfe" dann besonders deutlich ins Gewicht, weil sie zwar nur einen geringen prozentualen aber doch einen signifikanten absoluten Anteil ausmachen. Und wie es in Foren nun einmal der Fall ist, werden gerne die negativen Beispiele genannt und ausfürlich diskutiert.
Auch wenn ich selbst primär zu den Neukäufern zähle, habe ich vor rd. 5 Wochen ein Sigma 30/1.4 in der Bucht ersteigert. Zwar war die Beschreibung nach meiner Einschätzung nicht ganz 100%-ig exakt, aber das als wie neu angebotene Objektiv kam in einem äußerlich wirklich sehr guten Zustand an. Die Minikratzer auf der Oberfläche lassen sich nun mal bei Gebrauch nicht vermeiden. Dass das Objektiv einen leichten Fehlfokus aufwies, kann man auch nur dann feststellen, wenn man sich intensiv mit der Fotografie beschäftigt und mehr oder weniger bewusst auf techn. Fehler achtet. Bei normaler Bildschirmansicht war das nicht auffällig. Das ist halt das typ. Risiko eines Gebrauchtkaufs, dafür hat das Objektiv auch nur etwa die Hälfte des Neuwerts gekostet. Ich habs dann zusammen mit meiner Kamera an Sigma geschickt. Das hat zwar zwei Wochen gedauert, aber seit gestern habe ich ein perfekt justiertes Objektiv zurück. Gekostet hat mich das bis auf das Porto: NICHTS! Sigma hat es trotz fehlenden Kaufbelegs und meines auf dem Begleitschreiben vermerkten Gebrauchtkaufs kostenlos justiert, obwohl es dank des alten, "rauhen" Finish schon auf den ersten Blick als etwas älter zu erkennen ist. Auch hier noch mal mein Dank an den Sigma Service.
Übrigens hab ich mittlerweile fast mein komplettes Fotoequipment z.T. mehrfach zur Überprüfung/Reparatur/Justage eingeschickt. Probleme wie fehlerhafter AF betrifft nicht nur Gebraucht- sondern auch Neuware. Ich habe da anscheinend auch ein "glückliches" Händchen. Im Endeffekt zählt aber das Ergebnis und nachdem bei mir fast alles ein Justageprozess durchlaufen hat, funktioniert mein Equipment perfekt. Einplanen würde ich bei einem Gebrauchtkauf eine Justage auf jeden Fall. Wenn es nicht kostenlos geschieht, dürften sich die Gesamtkosten inkl. Porto im Bereich von EUR 50,- belaufen.