Ein Aspekt, der mir als quasi Aussenstehender (ich bin kein Fotograph, sondern ein Knipser mit Photoshop) bei solchen Diskussionen immer wieder mal durch den Kopf geht:
es gab in meinem Leben eine lange Phase als die hard Hifi Freak; ich habe damals locker den Gegenwert eines Mittelklasseautos in Hifi Komponenten investiert, auf der Suche nach der ultimativen Wiedergabequalität, habe sogar mein Hobby zeitweise zum Beruf gemacht. Irgendwann hat sich dann, anfangs schleichend, bei mir die Erkenntnis durchgesetzt, dass ich eigentlich gar nicht mehr die Musik anhöre, sondern nur noch die Anlage. Mässige Aufnahmen von zweitklassigen Tonstudios mit zweifelhaften Toningenieuren wurden schlicht in die Tonne geklopft, da konnte die Musik noch so schön gewesen sein. Hochwertig eingespieltes, aber letztlich nichtssagendes Gedudel wurde dagegen immer und immer wieder aufgelegt, um sich an den wuchtigen, hochpräzisen Bässen und den kristallklaren, aber dennoch seidigen Höhen, an der unbedingten Klangneutralität der Anlage zu berauschen. Im Grunde ging es also nicht mehr um die Schönheit der Musik, um die Entspannung einer schönen Stimme zuzuhören, um den mitreissenden Groove einer kleinen Jazzkombo, sondern um Reinsilberkabel, um lineare Frequenzgänge und maximalen Dynamikumfang, um entdröhnte Abhörräume, um massefreie Ionenhochtöner, um Elektrostat oder doch Basshorn und und und.
Also mir das klar wurde, habe ich mittelfristig den ganzen sündteuren Kram verkauft und mir eine recht normale Mittelklasseanlage gegönnt, mit der ich dafür wieder genussvoll in der Musik schwelgen konnte.
Ein wenig habe ich manchmal den Eindruck, dass es hier, bei der Photographie, ähnliche Tendenzen gibt: ein gutes Foto ist nur dann noch ein gutes Foto, wenn es mit optimalem Equipment aufgenommen wurde und höchstwertigen Anforderungen an Schärfe, Bokeh, Detailauflösung, Kontrast, Durchzeichnung usw. usf. genügt. Die Schönheit des Motives, die ungewohnte Perspektive, die Kreativität des Fotographen, die originelle Idee hinter dem Bild erscheint oft genug nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen oder fällt gar komplett unter den Tisch.
Wie gesagt: ich schreibe dies als imo Aussenstehender, aber vielleicht erkennt sich jemand darin wieder.
Bernd
* falls Obiges nicht eng genug am Thema sein sollte, kann es der Admin gerne wieder löschen.