Im Foto-Talk gibt es zur Zeit einen
parallel laufenden Thread, der ursprünglich im Pentax-Bereich gestartet wurde und in dem die Frage diskutiert wird, warum Klappdisplays als unprofessionell gelten. Dort zeichnet sich genau die gleiche Argumentation ab, zielführend ist das nicht.
Es ist natürlich in Ordnung, wenn man das Display für sich selbst nicht braucht und es deswegen ablehnt. Das ist eine rein persönliche Sache, und da braucht man auch keine weiteren Argumente für. Aber diese Position darf man nicht verallgemeinern, schon gar nicht wenn man sich so wenig aufgeschlossen gegenüber Argumenten zeigt. Es gibt genug Photographen, die seit Jahren rein hobbymäßig oder auch professionell mit klappbaren Displays arbeiten und teilweise in Extremsituationen Kameras verwenden, die ein solches besitzen. Ist es da nicht vermessen, diese Lösung generell und für alle madig machen zu wollen?
Und das sind nicht nur die Kosten, der Mehrplatz und das Mehrgewicht in den unteren Kameramodellen, sondern auch die Dichtheit für die 1D. Mit den Nachteilen müssen die Befürworter einfach mal leben.
Aber bei den Nachteilen fängt das Problem doch schon an. Die wurden einfach so in den Raum geworfen und gelten nun als Fakt. Richtig ist das aber nicht. Das Problem mit dem Abdichten beispielsweise. Natürlich ist es schwieriger, ein bewegtes Element abzudichten als ein fest verbautes Display, auch wenn es im einfachsten Fall nur zwei weitere Dichtungen sind. Nur weil es schwerer ist darf man daraus aber nicht schließen, dass es nicht funktioniert. Den Gegenbeweis tritt Olympus mit der E-3 seit vier Jahren an. Deren Robustheit liegt auf dem gleichen Niveau wie jener der 1er-Serie von Canon und den einstelligen Nikon-Modellen. Es ist also möglich, die Frage ist natürlich, ob man sich das leisten möchte. Aber wie hoch sind die kosten wirklich? Die reinen Produktionskosten können es kaum sein, ansonsten hätten nicht gerade die günstigsten Modellen solch eine Lösung bekommen. Auch wenn man das System in höheren Klassen stabiler auslegt und dadurch mehr Kosten entstehen - im Verhältnis zum Gesamtpreis sind die zu vernachlässigen. Es würde in meinen Augen auch einen merkwürdigen Beigeschmack haben, wenn Canon bei Kameras zwischen 1.500 und 6.000 Euro nur aufgrund eines Teils, dass einige Cent bis wenige Dollar kostet, an Funktionen spart. Das nächste Argument, Gewicht, ist auch merkwürdig, denn auch hier scheint man mit dem Mehrgewicht bei professionellen Geräten ein Problem zu haben, während man es im viel sensibleren Einsteigerbereich nicht so sieht? Die Argumentation erschließt sich mir nicht, noch weniger, wenn man bedenkt dass der Gewichtszuwachs im zweistelligen Grammbereich liegt. Die 5D2 wiegt 810 Gramm, die 7D 820 Gramm (lt. Datenblatt). Hand aufs Herz, wer hätte sie sich nicht gekauft, wenn die beiden 850 bzw. 860 Gramm gewogen hätten? Das Gewicht wäre genauso wie der Preis eher ein Argument gegen die Integration in die kleineren Modelle.
Was übrig bleibt sind zwei Punkte: Zum einen der notwendige Aufwand für die Entwicklung, da besonderes Augenmerk auf das Bedienkonzept gelegt werden muss und deswegen eine freie Integration kaum möglich ist. Olympus hat es sich mit der E-3 insofern "einfach" gemacht, als dass sie im Gegensatz zum veralteten Vorgänger ein komplett neues Bedienkonzept rund um das Display entwickelt haben. Das hat einige ziemlich gestört. Den Punkt darf man insofern nicht auf die leichte Schulter nehmen, und mich würde es nicht wundern, wenn in den Profiserien von Canon und Nikon deswegen eine ganz andere Lösung gäbe, die bisher noch gar nicht zum Einsatz kam. Ich könnte mir so zum Beispiel gut vorstellen, dass das Display nur geklappt werden kann, ähnlich wie dies bei Sony und Olympus bei einigen Modellen angeboten wird. Zusätzlich könnte man es dann vielleicht komplett entfernen und per Funk nutzen. Wie gesagt, nur eine Variante.
Der zweite Punkt ist natürlich die konservative Kundschaft im gehobenen, nichtprofessionellen Markt, der für beide großen Hersteller eine wichtige Käuferschicht darstellt. Die Diskussionen um das Klappdisplay sind die gleichen wie damals mit Live-View, Autofokus, Digitalphotographie, usw.. Erstaunlich ist, dass es sehr erfolgreich funktioniert, wenn die Innovationen kommen. Man muss nur sehen, wie stark die 5D2 von den Videomöglichkeiten profitiert hat, obwohl die meisten diese wohl genausowenig brauchen wie ein Klappdisplay.
Es wird sicherlich interessant sein, wie sich die Modelle entwickeln werden. Irgendeine Lösung wird es mittelfristig geben - und dann wird es sicherlich auch in den Foren das Non-Plus-Ultra sein. Wie immer halt...
Dann gib doch mal eine Berufsgruppe an, welche davon monetär profitiert und nicht zu den oben genannten gehört.
Wie bei vielen Funktionen liegt der Vorteil nicht in einer direkten Wertsteigerung der Arbeit, sondern in einer Vereinfachung und damit höheren Produktivität. Zu den Berufsgruppen zähle ich im eingeschränkten Maß die Pressephotographen, die je nach Gesamtsystem mit dem Klappdisplay auch unter schwierigeren Umständen, etwa innerhalb von Menschenmassen, nicht mehr Blind über Kopf arbeiten müssen. Primär profitieren von solch einer Lösung Landschafts-, Natur- und Architekturphotographen, die präzise vom Stativ aus arbeiten. Hier vereinfacht ein Klappdisplay mit Live-View die Kontrolle aller Einstellungen. Gerade in extremeren Situationen bietet dabei eine integrierte Lösung deutliche Vorteile gegenüber externen Lösungen, und es sind genau diese Extremsituationen, in denen eine KB- oder APS-C-Kamera ihre Vorteile gegenüber größere Aufnahmeformate ausspielen kann. Besonders, wenn der direkte Sucherblick beispielsweise aufgrund von Schutzbrillen nicht möglich ist, bietet Live-View die einzige integrierte Möglichkeit zur gezielten Aufnahme. Ein Klapp- bzw. Schwenkdisplay ist da nur eine logische Erweiterung dieser Fähigkeit.
Es gibt noch weitere, kleinere Bereiche, wie etwa die Makroarbeit im Feld. Es gibt auch rein subjektive Arbeitsweisen, etwa der Wunsch, sein Gesicht bei einer Aufnahme nicht zu verbergen (was bei Reisereportagen durchaus relevant ist) und daher ein Lichtschacht als optische Alternative die bessere Wahl gegenüber dem Prismensucher wäre.
All diese Gruppen professioneller Nutzer würden von einer integrierten Alternativlösung zum festen Display profitieren, während der Rest nur mit minimal mehr Gewicht und einem kleinen Preisaufschlag benachteiligt wäre, sofern man das Display in das bestehende Bedienkonzept integriert bekommt. In meinen Augen also durchaus eine lohnenswerte Erweiterung der Fähigkeiten einer professionellen Kamera.