Hallo Karl,
das ist eine gute Liste von Fragen, auch mit den Ergänzungen von nappo. Einiges davon kann ich wohl auch jetzt schon beantworten und will das gerne tun. Ich habe noch ein paar Vorbemerkungen eingefügt, die einige der subjektiven Entscheidungen und Bewertungen vielleicht besser verständlich machen.
0. Vorbemerkung zu mir
Ich bin wohl eher ein traditioneller Fotografierender und ticke immer noch sehr analog. Ich komme eher mit 20 als mit 200 Bildern von einem Tagesausflug zurück. Das liegt sicher teilweise auch daran, dass ich erst Mitte 2008 auf digital umgestiegen bin. Ich bin mit dem Kleinbildformat groß geworden, so dass für mich das APS-C-Format immer nur eine Übergangslösung war – was sich auch darin widerspiegelt, dass ich mir nie eine EF-S-Linse und auch keine sehr kurze Brennweite zugelegt habe.
Auf eine SLR mag ich nicht verzichten, auch da bin ich Gewohnheitsmensch – ich will Wechselobjektive genau so wenig missen wie einen optischen Sucher. Da ich auf meinen Reisen meist mit Rucksack unterwegs bin und gerne mehrtägige Wanderungen unternehme, bei denen ich alles tragen muss, was ich unterwegs benötige, lege ich wert auf geringes Gewicht – ich versuche auf meinen Reisen üblicherweise unter 2kg für Kamera und Objektive zu bleiben.
1. Auf welchen Motiven lag bei Kaufentscheid dein Schwerpunkt?
Schwerpunkt ist bei mir die Reisefotografie, in erster Linie Landschaften, aber auch Städte, Tiere usw. – Reisefotografie hat ja sehr viele Facetten. Unter
meinen Flickr-Alben gibt es einen kleinen Einblick.
2. Warum hast Du Dich für dieses Modell entschieden (subjektive Vorteile)?
Die Wahl fiel auf die 6D. Da für mich die Rückkehr zum Vollformat nur eine Frage der Zeit war, waren die Optionen klar: 6D, eine der 5D-Varianten oder weiter warten. Den Preis für die 5D III war ich nicht bereit auszugeben. Zudem ist mir die 5D eine zu große und schwere Kamera. Die 6D erschien zu einem Preis, den ich bereit war zu zahlen. Zudem scheint sie mir für meine Art der Fotografie ziemlich genau richtig zu sein: Ich benötige nicht das ausgefeilteste AF-System, keine riesigen Megapixelzahlen und keine hohe Serienbildgeschwindigkeit – um nur einige der Unterschiede zu anderen Kameras anzusprechen.
3.a) Hast Du einen Vergleich hinsichtlich Handhabung zum ggf. eingesetzten Vorgänger?
Ich bin einen langen Weg von der A-1 über die FTb, T90, EOS 100, EOS 3, EOS 30D zur EOS 60D gekommen und bin daher mit verschiedenen Bedienkonzepten und Technologien vertraut, allerdings nicht mit denen der 5D- und der 1D-Varianten, die ich lediglich teilweise mal kurz ausprobiert habe. Die 6D ähnelt in vielem der 60D. An die etwas anders sortierten Tasten auf der Rückseite muss man sich kurz gewöhnen, wie ich das bislang bei jedem Umstieg seit der T90 erlebt habe. Nach zwei Wochen ist dafür dann schon die Bedienung der alten Kamera ungewohnt.
Ich empfinde ein paar Kleinigkeiten in der Handhabung als Fortschritte gegenüber der 60D:
- Das Modus-Wahlrad hat keinen Anschlag mehr, sondern kann in beiden Richtungen immer weiter gedreht werden.
- Die Lupen-Taste für die Vergrößerung des Rückschaubilds kann so eingestellt werden, dass man die zuletzt verwendete Vergrößerung wieder verwendet.
- Die Direktwahl des AF-Felds über den Multi-Controller geht sehr einfach und schnell; dabei habe ich den Schalter für die Multifunktionssperre meist aktiviert, so dass ich die Direktwahl immer dann zur Verfügung habe, wenn ich sie zu brauchen glaube. Meist verwende ich aber die "langsame" Wahl des AF-Felds mit Drücken der Taste für AF-Messfeldwahl. Zudem verwende ich meist das mittlere AF-Feld, manchmal die automatische Feldwahl und eher selten die manuelle Auswahl eines der äußeren Felder.
- Bracketing mit bis zu 7 Aufnahmen halte ich für eine sehr gute Neuerung gegenüber meinen bisherigen Kameras.
- Die Kamera ist schon im normalen Modus recht leise.
Dem stehen auch einige Nachteile gegenüber:
- In der Mitte des Modus-Wahlrads muss wie schon bei der 60D eine Taste gedrückt werden, wenn man den Modus wechseln will – ich habe den noch nie versehentlich verstellt. Bei meinen früheren Kameras war das nicht nötig.
- Ein Klapp-Display fehlt – Liveview ohne ein solches ist für mich weitestgehend irrelevant.
- Einen eingebauten Blitz vermisse ich nicht; ich könnte mir aber vorstellen, dass unter bestimmten Umständen ein eingebautes AF-Hilfslicht hilfreich sein könnte.
Ich bin nicht der Auffassung, dass sich irgendeine der Canon-Kameras, die ich je in der Hand hatte, wie ein Spielzeug anfühlt, auch keine der dreistelligen. Die 6D macht einen deutlich solideren Eindruck als die EOS 3 – an die FTb kommt sie freilich nicht heran

Mir liegen die dreistelligen Kameras nicht so gut in der Hand, da für meine Finger der Handgriff dort zu dünn ist. Bei den zweistelligen hingegen passt das für mich, auch die einstelligen liegen mir gut in der Hand, sind mir aber tendenziell zu groß und schwer.
3.b) Hast Du einen Vergleich hinsichtlich Bildqualität zum ggf. eingesetzten Vorgänger?
Was die Bildqualität angeht, halte ich praktisch alle aktuellen (und auch etliche ältere) Kameras für hinreichend gut. Die 30D war von der Pixelzahl her am unteren Rand dessen, was mir sinnvoll erscheint, aber durchaus brauchbar. Die Größenordnung um 20 MP sind für alle meine Zwecke mehr als ausreichend. Da ich überwiegend mit niedrigen ISO-Werten arbeite (meist 200), spielt Rauschen für mich ebenfalls nur eine sehr kleine Rolle, auch wenn die 60D in Großansichten in den Schatten selbst bei ISO 200 durchaus sichtbares Rauschen erzeugen konnte. Die 6D ist da definitv ein ganzes Stück besser – ISO 800 halte ich für uneingeschränkt nutzbar.
4. Geht das ein oder andere Zubehör mit dem neuen Gerät gar nicht mehr?
Eine Liste des wichtigsten Zubehörs findet sich in meinem Profil. Da gibt es keine Probleme, auch der Original-Akku der 60D kann weiter verwendet werden, nicht jedoch der zur 60D erworbene Akku eines Drittherstellers. Der Funkfernauslöser kann ebenfalls weiter verwendet werden, nicht hingegen der kabelgebundene. Den Wechsel von CF- zu SD-Karten habe ich schon beim Umstieg von der 30D zur 60D vollzogen und war daher froh, dass die 6D ebenfalls SD-Karten verwendet. Bislang ist mir noch keine SD-Karte kaputt gegangen (knock on wood…). Eine Überraschung habe ich beim Einsatz unserer Studio-Blitzanlage erlebt: Dort lässt sich nicht die mit Kompaktblitzen nutzbare kürzeste Synchronzeit von 1/180 Sekunde verwenden, sondern nur 1/125 Sekunde. Ich glaube nicht, dass das für mich irgendwann zu einem Problem wird, aber ich hatte damit nicht gerechnet.
5. Welches Zubehör benutzt Du für Deine Art von Bildern (z.B. Festbrennweite oder Zoom für Sport), weil auch hier nochmal Investitionen versteckt sein können.
Ich habe mit der Kamera das 24–105mm f/4 L IS USM erworben, weil es mir als eine sinnvolle Kombination für meine Reisen erschien. Nach zwei Wochen wusste ich, dass ich mit dieser Linse nicht warm werde und habe sie daher abgestoßen. Ich bin von den Brennweiten her zurück gekehrt zu meinem alten Line-Up aus FD-Tagen, was bedeutet, dass ich mich im Weitwinkelbereich auf Festbrennweiten verlasse, während ich den Telebereich mit einem Zoom abdecke. Erstaunlich finde ich, dass selbst mein uraltes 20–35mm f/3.5–4.5 USM eine durchaus brauchbare Qualität an der Kamera liefert (
Beispielbild); die Mängel der Linse lassen sich mit den kamera-internen Korrekturen (Vignettierung und Aberration, nicht aber Verzeichnung) oder in der Nachbearbeitung recht gut in den Griff bekommen. Dennoch bevorzuge ich natürlich Objektive, die gleich eine gute Qualität liefern; daher war die Anschaffung zweier neuer Objektive eh geplant.
6. Siehts Du Deine Erwartungen erfüllt? Hätt's auch weniger/mehr sein können?
Soweit ich das nach zweieinhalb Monaten sagen kann, sind meine Erwartungen erfüllt. GPS habe ich bisher sporadisch genutzt; auf meinen Wanderungen wäre es eigentlich eine interessante Sache, aber ich vermute, dass mir der Stromverbrauch zu hoch sein wird. Die erste sinnvolle Nutzung von WiFi wartet ebenfalls noch auf mich. Eine Funktion, die ich vermisse: Ich würde gerne die Option haben, die Belichtungsmessung zumindest bei Spot- und Selektivmessung durch halbes Drücken des Auslösers zu speichern; derzeit ist das nur bei Mehrfeldmessung möglich. Etwas schade finde ich auch, dass ich die Abblendtaste opfern muss, wenn ich die Wasserwaage im Sucher haben möchte; ebenfalls eine Kleinigkeit.
Den HDR-Modus halte ich für verzichtbar, da ich HDRs (die ich eh selten mache) in der Nachbearbeitung erstelle. Würden die einzelnen RAWs gespeichert, könnte ich mir vorstellen, diese Funktion zu nutzen. Aber letztlich ist sie mir nicht wichtig. Noch zweispältig bin ich bei der Multi-Shot-Rauschreduzierung; ich hielt sie erst für überflüssig, denke aber mittlerweile, dass sie manchmal ganz hilfreich sein kann. Auch das scheint mir aber keine wichtige Funktion zu sein, zumal auch dabei keine RAW-Einzelbilder vorliegen.
7. Hat sich Dein Fotografierverhalten aufgrund der zusätzlichen Möglichkeiten geändert?
Um das zu beantworten, ist es definitiv noch zu früh. Ich rechne aber nicht damit, dass dies passieren wird.
8. Würdest Du das Gerät heute nochmal kaufen?
Zum jetzigen Zeitpunkt: Definitiv ja. Für meine Wünsche bzw. meinen Bedarf gibt es derzeit keine Alternative.
9. Wie gut ist der AF im jeweiligen fotografischen Alltag (mit Angabe der Einsatzart). Dabei wäre ein Augenmerk auf die äußeren Sensoren nett, gerne verglichen mit der bisherigen Kamera.
Ich fotografiere überwiegend in One-Shot-AF mit dem mittleren AF-Feld. Dass es da wenig Probleme gibt, ist wohl eine Mindestanforderung an das AF-System. Ich habe ein paar Dinge ausprobiert und
einige Eindrücke dazu aufgeschrieben. Weitere Erfahrungen werde ich erst im April berichten können.
10. Fehlt einem der Joystick wirklich im täglichen Gebrauch. Dabei sehr wichtig von welcher Kamera man kommt.
Meine Kamera-Historie habe ich ja oben beschrieben. Für mich ist die schnelle Wahl des AF-Feldes nicht fürchterlich wichtig. Wenn ich sie brauche, habe ich sie jedoch über den Multi-Controller annähernd genau so gut im Zugriff wie über den Joystick. Die Position ist im direkten Vergleich vielleicht etwas ungünstiger als die des Joysticks, aber von der Bedienung her sehe ich da keinen Nachteil – insbesondere nicht bei nur 11 AF-Feldern.