Tests sind IMMER gefärbt. Ich habe jahrelang Testberichte geschrieben (andere Branche), und witzigerweise waren die niemals von Herstellerinteressen gefärbt. Natürlich wurde umgarnt, geschleimt, professionell-nüchtern agiert oder auch einfach mal wüst gedroht, Kompetenz angezweifelt oder eine Anzeige storniert. Aber wenn eine REDAKTION ihren Job macht, dann fängt sie das für den Tester ab und stärkt ihm den Rücken. Dieses Glück hatte ich Gott sei Dank. Seither weiß ich (zumindest für meine Branche und meine Zeitschrift), dass Herstellereinfluss gerne angedichtet wird aber bei professionellen Medien nicht wirkt. Wie es im Fotobusiness oder bei ganz bestimmten Seiten oder Magazinen aussieht, weiß niemand, der nicht genau dort arbeitet.
Tests sind dafür aber stets subjektiv gefärbt. Persönliche Präferenzen und Workflows haben immer massiven Einfluss auf den Text und sei es unbewusst. Man findet das Produkt dann eigentlich nicht schlecht, aber weil man an vielen kleinen Details was zu nörgeln hat, kommt es negativer rüber als gedacht. Da hilft auch eine Redaktion nicht mehr (wobei auch da die ganz professionellen nicht nur über die Rechtschreibung drüberschludern, sondern auch mal auf den Busch klopfen - "Bist du da nicht zu pingelig?"). Beispiel: Wenn ich Schiebezooms hasse wie die Pest, dann wird sich das auch im Test des hervorragenden 100-400L niederschlagen. Oder wenn ich von MEINER Privatlinse ein sanfter laufendes Zoomrad gewohnt bin, blende ich zumindest im TEXT aus, dass es doppelt so viel gekostet hat, wie das sonst sehr ordentliche Sigma/Tamron/Tokina.
Insofern haben nicht nur Tester eine große Verantwortung, sondern auch die Leser: Bei der Entscheidung, Equipment für hunderte oder gar tausende von Euro zu kaufen, kann niemals EIN Test helfen. Geilheit darf auch mal gebremst werden - Preisvergleich, Amazon-Rezis (5 Sterne und 1 Stern gleich mal wieder vergessen!), Internet-Magazine mit großem Testaufkommen (dpreview, photozone etc., TF). Wenn TF ein 30-Minutenvideo zur EOS M fabriziert und dabei viel zu viel redet, dann nehme ich es eben für den Überblick und weiß, wie die Kamera in einer Männerhand aussieht, wo die Knöpfe sind und was sie kann. Andere Tester leiern nur die Features runter, wieder andere bewerten und vergleichen die auch. Alles nützlich, aber nichts davon für sich alleine.
TF für mich daher eine von mehreren interessanten und angenehm unaufgeregten Quellen, aus denen ich eine Meinung synthetisieren muss: IST DAS WAS FÜR MICH ODER LASS ICH DIE KOHLE STECKEN?
Viele Grüße,
Christian