Ja ... ich verstehe Feininger auch dahingehend: Technik kann nur das das Mittel, niemals aber der Zweck sein ...
Denn er meint weiter: (Zitat: Selbst ein ausgefuchster Fotograf wird oft genug von seinen Aufnahmen enttäuscht sein, wenn er es nicht versteht, seine technischen Möglichkeiten mit den bildmäßigen Anforderungen des Motivs und der beabsichtigten Aussage in Einklang zur bringen (ZitatEnde).
...
Ich schreib das hier übrigens nicht, weil ich Feininger für der Weisheit letzten Schluss halte, sondern weil er trefflich das ausdrücken kann, was ich ebenfalls empfinde. Insofern seht mir die Zitiererei bitte nach ...
Der Feininger ist eingeengt auf seine Anspruch "künstlerischer" Photographie.
Daneben gibt es noch jede Menge andere Aufgabengebiete, die z.B. auch nur
den Ansatz des Aspektes "künstlerisch " per definitionem ausschließen.
Das ganze Gebiet der schlichten Dokumentation, Topgraphie und vieler weite-
rer Gebiete etc. wird da einfach außen vor gelassen.
Bei mir kugelt der Feininger,
Wunderbare Welt der Bäume und Wälder in der
Erstausgabe 1968 Econ herum. Wie oft schau ich mir den an? Und wie oft
schau ich in den Ley mit den Zweckaufnahmen bei Auswahl von Bäumen für
Bepflanzung von Außenanlagen? Da ist mir der Feininger ziemlich egal.
Aktuell halte ich 2015 bei der 430. Doku und da werden ganz andere Ansprü-
che an das Resultat gestellt, als es der Feininger in seiner Ausrichtung als pri-
mär künstlerisch orientierter Fotograf da stellt.
Meine Klientel interessiert die künstlerisch romantische Aspekt und Anspruch
"
ein Denkmal in Würde sterben zu lassen" (Ruskin) sowie die Poetik des Rostes
und der Vergänglichkeit nun mal gar nicht. Da steht z.B. die Beweissicherung
schon einmal im Vordergrund.
Es gibt genug Aufgabengebiete in Wissenschaft, Forschung und Technik, wo
die von Feininger postulierten Ansprüche zwar eventuell nebenbei existieren,
aber ohne Relevanz sind. Einen Forensiker wird das auch nicht tangieren, wohl
aber die Anforderungen, die an derartige Aufnahmen gestellt werden. Aufnah-
men für Katalogisierung und Dokumentation, also Dinge die im täglichen Leben
in Erscheinung treten, können z.T. sogar bei einem zu großen Maß an Perfek-
tion kontraproduktiv sein, bei grundlegendem handwerklichen Mangel sowieso.
Die Arroganz des niedergelegten elitären Anspruches zeugt von Abgehobenheit
und lässt tief blicken.
Fotografie ist heute ein omnipräsentes kommunikatives Massenmedium gewor-
den und kann auch diesen Ansprüchen gerecht werden, die die das nicht drauf
haben sollen einfach ihren Spaß daran haben. So manche nicht perfekte Auf-
nahme erweist sich nach Jahrzehnten plötzlich als dokumentarisch wertvoll,
wenn etwas dargestellt wird, was so nicht mehr existiert.
Es gilt aber, Talent wird sich immer der Technik bedienen, überdurchschnitt-
liche Fähigkeiten zeichnet sich auch durch optimale Nutzen von Möglichkeiten
aus und dazu gehören auch Fertigkeiten und Wissen.
Die Überschrift Intuition ist wichtiger als (reine) Technik hätte was.
Die Masse der Leute die Fotografieren haben mit Feininger Anspruch so gut wie
nichts am Hut und kennen den nicht mal vom Namen. Die nehmen das auf was
ihnen Freude macht und lernen dann eventuell aus Fehlschlägen.
Der Anspruch aus jeder Aufnahme einen künstlerisch hochwertigen Solitär zu
machen und alles andere abzuwerten spricht eine eigene Sprache.
abacus