Für Schärfentiefe und Beugung ist es völlig egal, ob ein analoges Stück Film oder ein digitaler Sensor das Bild aufzeichnen. Das sollte auch Pixelpeepern klar sein.
Es ist schon ein bisschen komplizierter. Eine Schärfentiefe im engeren Sinn gibt es ja eigentlich gar nicht. Das ist immer nur eine Frage der Definition, wieviel Unschärfe noch als scharf genug angesehen wird.
Das Filmkorn und die zu Analogzeiten üblichen Printgrößen hatten durchaus Einfluss darauf, was die damaligen Anwender als scharf akzeptiert haben. Wobei ich mir vorstellen könnte, dass auch schon damals bei Verwendung von feinkörnigem Film und starker Postervergrößerung die angebliche Schärfentiefe, die von der DEP-Funktion errechnet wurde, nicht mehr ganz nachvollziehbar gewesen wäre. Das betraf damals aber nur wenige Fotografen, während die große Mehrheit mit der DEP-Funktion kein Problem hatte.
Heute haben wir kornfreie Digitalbilder und zoomen sie in der Bildbearbeitung auf 100 % oder 200 % auf. Für das Konzept einer Schärfentiefe bleibt dann nicht mehr viel Raum. Anders als früher muss man ja nicht mehr viel Geld investieren, um die feinsten Feinheiten zu sehen.
Mit der Beugung ist es ähnlich: Je höher die Bildqualität (Rauscharmut und Auflösung) ist, desto relevanter wird sie. Auch die Beugung mag schon zu Analogzeiten sichtbar gewesen sein, wenn man Vergleichsreihen gemacht hat. Kam nur aus Kostengründen sehr selten vor. Ich kann mich nicht erinnern, dass Analogfotografen Hemmungen hatten, z. B. auf 16 oder 22 abzublenden, wenn es fürs Motiv nützlich war und/oder die Helligkeit sehr hoch war. Oft wurde sogar bewusst stärker abgeblendet, um eventuelle Fokusprobleme zu kaschieren. Beugungsunschärfe wurde für Analogfotografen erst zum Thema, wenn wirklich extreme Blendenwerte im Spiel waren und man die Nachteile auch auf kleinen Abzügen sofort sah.
Heute vergleichen Fotografen ihre 60-MP-Bilder und diskutieren dann, ob z. B. das Abblenden von f4 auf f5,6 noch vertretbar ist, weil man da im Direktvergleich und mit guten Objektiven schon irgendwelche Nachteile detektieren kann. Die Qualitätsmaßstäbe haben sich verschoben. Auf der Haben-Seite steht, dass man mit KB-Sensoren heute eine Bildqualität bekommt, für die man früher Mittel- oder Großformat gebraucht hätte.
Es ist allerdings nun nicht so, als wäre die Abblendtaste eine ganz neue Erfindung. Dieser Logik zufolge wäre der DEP-Modus schon immer überflüssig gewesen
Naja, seit Erfindung der helligkeitsoptimierten Einstellscheiben waren die Abblendtasten erst mal nur noch bedingt nützlich, weil sie mehr Schärfentiefe und weniger Freistellung zeigten als das spätere Foto (es sei denn, man baute sich eine spezielle Vollmattscheibe ein – die dann aber nicht für die Verwendung mit lichtschwachen Zooms taugte). Das merkten nur viele nicht gleich, weil in der Analogfotografie der Direktvergleich zum Ergebnis fehlte. An der DSLR fiel dann plötzlich auf, dass das fertige Bild auf dem Display/LiveView stets besser freigestellt war als die Vorschau im Sucher. Erst an den spiegellosen Kameras kann man die Abblendtaste wieder unbedenklich nutzen.