Unabhängig von der Diskussion, die sich überwiegend um die Qualitäten des Autofokus dreht, kann ich noch ein paar weitere erste Testeindrücke schildern.
Die Größe der Kamera wird in praktisch allen einschlägigen Foren, ebenso in den sozialen Medien als beinahe historischer Fehler von Olympus bezeichnet. Das geht so weit, dass durch das Erscheinen dieser Kamera sozusagen der Anfang vom Ende von Olympus Kamerasparte oder sogar mFT als System bedeutet. Das Gehäuse konterkariert das, was mFT sein will, nämlich ein kleines und kompaktes System, welches sich insbesondere mit diesem Vorteil von allen anderen Systemen abgrenzt. Wenn dieser Vorteil entfällt hat mFT durch den kleinen Sensor nur noch Nachteile und ist deshalb zum Sterben verurteilt.
Das sehe ich völlig anders. Und meine ersten Erfahrungen mit der Kamera bestärken mich darin.
Erstens finde ich das Gehäuse beinahe perfekt. Es passt perfekt in meine Hand, ähnlich wie seinerzeit bei der E-3 und E-5 finde ich die Haptik eines größeren Gehäuses wirklich gut. Die Drehräder und Bedienelemente sind (fast) alle an der richtigen Stelle, aber das ist letztlich eine sehr subjektive Empfindung. An die Joysticks muss ich mich erst noch gewöhnen, ich nutze automatisch zum Verschieben der AF-Punkte das Steuerkreuz, weil ich es seit Jahren mit E-M1.1 und 1.2 so gewohnt war. Das Daumenrad könnte für mich den Platz mit der AEL/AFL Taste tauschen und wie bei der E-3/5 etwas nach links rücken, nämlich genau dahin, wo der Daumen liegt. Aber das ist eine Kleinigkeit. Mehr vermisse ich das zweite Steuerkreuz, welches die E-M1.2 auf dem Batteriegriff HLD-9 hat, welches ich bei der Bedienung im Hochformat gerne eingesetzt habe. Da kommt der Joystick ins Spiel. Alle anderen Tasten sind groß und gut erreichbar. Natürlich ist das nicht unbedingt eine Kamera, bei der man alle Knöpfe mit einer Hand erreicht. Zum Beispiel ist der Menüknopf mit dem rechten Daumen kaum zu erreichen. Den Knopf findet man aber auch mit dem linken Daumen, wenn die Kamera am Auge ist.
Das Gehäuse ist außerdem ein Panzer. Insbesondere durch den fest verbundenen Hochformatgriff, wirkt es noch solider als das Gehäuse der anderen OM-Ds. Die Kamera ist ein Handschmeichler und endlich drückt das Daumenrad des Hochformatgriffs durch die Einbettung IN das Gehäuse bei normaler Haltung nicht mehr in den Handballen. Alles ist abgerundet und geschmeidig, die Belederung ist da, wo sie sein muss. Punkt. Für mich gibt es da nicht viel zu verbessern. Über ein Schulterdisplay kann man streiten, es gibt ein freies Feld auf der rechten Schulter neben der Gurtöse, wo sich ein kleines, quadratisches Display möglicherweise hätte unterbringen lassen. Für mich persönlich ist das aber kein Nachteil. Ich habe das Display weder bei der E-3/5, noch bei der D800E wirklich genutzt. Für mich war das rückwärtige Display immer relevanter. Und Olympus wird schon wissen, weshalb sie auf ein solches Display verzichtet haben.
Als zweites sehe ich die Größe der Kamera in keinem Fall als einen Nachteil an, der das ganze System in Frage stellt. Diese Kamera will keine kompakte Kamera für die Hosentasche sein. Sie will auch nicht nur mit kompakten Objektiven eingesetzt werden. Olympus befriedigt damit die Wünsche jener Fotografen, welche in dem kleinen Sensor und den (teilweise) kompakten Objektiven einen Vorteil sehen, sich aber trotzdem ein größeres und griffigeres Gehäuse gewünscht haben. Wer das nicht möchte, hat genügend Alternativen im System bzw. bei Olympus und kann ohne auf Bildqualität zu verzichten auf ein Gehäuse in beinahe beliebiger Größe (mit oder ohne Batteriegriff) zurückgreifen. Warum wird diese Kamera kritisiert, wenn es doch mehr oder weniger gleichwertige Alternativen gibt?
Olympus hat schon immer seine neuen Kameras mit Ausstattungsmerkmalen ins Rennen geschickt, die ältere Kameras nicht hatten (machen andere Hersteller nicht anders, das nennt man Fortschritt). Zum Beispiel war die PEN F die erste Olympus Kamera mit der 20 Megapixel-Sensorgeneration. Das damalige Flaggschiff, die E-M1.1, hatte zu dieser Zeit nur 16 Megapixel. Oder als die E-M5.2 als erste Kameras Hi-Res und Fokus-Bracketing beherrschte. Genauso wird es auch sein, wenn die E-M1.3 auf einmal Features oder Fähigkeiten hat, welche die E-M1X übertreffen. Die Produktverbesserungen sind unabhängig von der Größe der Kamera. Auch wenn die E-M1X das neue Flaggschiff ist, wird sie früher oder später in einzelnen Disziplinen von moderneren Kameras übertroffen, auch wenn diese einer darunter angesiedelten Klasse angehören.
Zum Preis für das gebotene habe ich mich schon geäußert. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich bin von einer E-M1.2 auf die E-M1X umgestiegen, bzw. habe gar nicht vor die E-M1.2 abzugeben. Der Kauf wird sich objektiv niemals rechnen (wie auch, ich verdiene mit meinen Bildern sowieso kein Geld), aber es ist mir eine Freude diese Kamera in die Hand zu nehmen. Das ist ein Gefühl und kann nicht aufgerechnet werden. Beim Fotografieren ist für mich der Weg das Ziel. Ich fotografiere beinahe ausschließlich für mich selbst und zeige meine Bilder nur sehr selten. Ich freue mich jetzt schon wie Bolle darauf, in zwei Wochen auf irgendeiner einer Wiese auf Kreta zu liegen und die dort wachsenden Orchideen zu fotografieren. Und dabei werde ich den Umgang mit der E-M1X genießen.
Nach dem Orchideen-Urlaub kann ich gerne berichten, wie zufrieden ich mit den Fokus-Stacks mit nun bis zu 15 Bildern bin. Bei den 8 Bildern, die eine E-M1.1 und 1.2 zu einem Ergebnis verrechnen konnte, war ich meistens sehr zufrieden, aber mitunter sieht man je nach Größe der Blüte und gewählter Blende leichte Schärfeunterschiede zwischen den einzelnen Fokusschritten. Sichtbar ist das i.d.R. nur in der 100% Ansicht, aber der Effekt ist erkennbar. Eine Hand voll erster Testschüsse mit völlig langweiligen Motiven (einfachen, schräg fotografierten Stoff-Flächen) machen einen sehr guten Eindruck, schließlich kann ich die gleiche Entfernung wie bisher mit fast der doppelten Anzahl an Einzelbildern abfahren. Die Abstände zwischen den Einzelbildern können entsprechend kleiner sein. Die Zeit, die die Kamera beim Verrechnen der 15 Bilder benötigt, scheint mir nicht wesentlich länger zu sein, als die Zeit, welche die E-M1.2 für 8 Bilder benötigt hat. Abhängig von Motiv und der Speicherkarte, variierte die Zeit schon immer. Von dieser Möglichkeit verspreche ich mir einiges.