Nicht konstruktiv? Hm. Wie gesagt, bin ich immer gerne, aber bei diesem Bild ist das wirklich schwer. Deine Beschreibung erklärt auch, warum: es ist "auf die Schnelle" entstanden. Das sieht man ihm nämlich an, es wirkt wie ein Schnappschuss, und das ist nur erträglich, wenn man bspw. eine aussergewöhnliche Situation einfängt, bei der mehr als ein Schnappschuss nicht geht. Ist hier ja eher nicht der Fall, man sieht ja sofort, dass da mehr "Zeit" gewesen wäre
OK, versuchen wir es mal mit was konstruktiverem als "ab in den Papierkorb". Wobei du wirklich mehr auf dem Kasten haben solltest, so aktiv wie du hier bist.
1. Licht:
- Mischlicht. Das vermeidet man *immer*. Das Bild leidet total darunter, dass der Hintergrund irgendwie ein fieses Gelb hat, wogegen Teile des Gesichts - vor allem das vordere Auge - Blitzblau sind. Da wird mir ehrlich gesagt schwummerig von. Also, keinen Blitz mit Baustrahlern kombinieren! Nie.
- nicht homogene/durchdachte Ausleuchtung. Das hintere Auge liegt total im Schatten. Wenn man bedenkt, dass du drei Lichtquellen verwendet hast: das darf einfach nicht sein. Schau dir am besten mal an, wie man einen klassischen Portrait-Shot ausleuchtet. Front, Fill, Hairlight. Wenn man das einmal hinbekommen hat, kann man von da aus weitermachen. Hier wäre es gut gewesen, die Nuss beleuchtungstechnisch zu betonen, schliesslich soll sie das Hauptmotiv sein
- die Nase (unter anderem!) wirft nen ganz, ganz, ganz fiesen Schatten vom Blitz auf der Kamera. Keinen Blitz auf der Kamera benutzen, ausser für ein Augen-Highlight, oder zum Auslösen anderer Blitze. Dadurch sieht das Bild aus wie "mal eben aufm Geburtstag mit Opas SLR die Katja totgeblitzt".
- die Idee mit dem Hintergrund war schon gut, aber sie leidet einfach unter den verschiedenen Lichtfarben. So sieht's irgendwie nur "komisch freigestellt" aus.
"Modell":
- Also gegen das Mädel spricht nix, und mit keiner der folgenden Aussagen will ich sie irgendwie persönlich "dissen" oder so. Echt nicht! Das nur vorweg
- Klar, auf die schnelle hattest du keine Visa, und ich bin ein Gegner von nachträglicher Beauty-Frickelei. Aber dein harter Blitz (wie du richtig sagst: es fängt alles mit dem Licht an!) betont gerade so was wie die ganz natürlichen Falten am Hals, oder die eine oder andere minimale Hautrötung. Muss ja nicht sein.
- Brille ist immer schwierig. Hier schneidet die Brille die Augen (zwar immerhin schon nicht horizontal, aber auch vertikal besser vermeiden). Das sieht auf Fotos einfach irgendwie komisch aus, man möchte die Augen vollständig sehen.
- Apropos Augen: Portraits leben von den Augen. Man sieht die gar nicht richtig, vor allem das weisse. Liegt aber mehr am Licht als am Model - hat aber bestimmt auch was damit zu tun, dass wenig Zeit war, und deswegen nicht so viele Gesichtsausdrücke durchprobiert wurden. Zugekniffene Augen sind in der Regel nix, was ein Portrait lebendiger macht
- Apropos Gesichtsausdrücke: sie schaut ein wenig wie "ohoh ich muss aufpassen dass ich beim Foto nicht loslache, sonst verschlucke ich die Nuss". Nicht wie "yeah, ich bin die Nussknackerin". Will sagen: mehr Nuss knacken im Gesicht wäre gut gewesen. Auch in diesem Punkt wirkt es wie ein Schnappschuss... auch das ist Job des Fotografen: dem Model sagen "so, und jetzt knack schau mal als würdest richtig brutal auf die Nuss beissen..."
Bildaufteilung, Linienführung:
- gibt's hier nicht so wirklich im Bild, oder? Ich würde es ja für den Anfang einfach mal mit Drittelregel oder goldenem Schnitt probieren, wobei du dir zunächst darüber klar werden solltest, was überhaupt dein "Motiv" ist. Hier wäre das wohl die Nuss gewesen.
- entweder Luft lassen, oder noch enger beschneiden. Auf dem zweiten Bild ist nur ne Nuss und ein Mund, deswegen wirkt das aufgeräumt und viel besser als das erste. Hier ist alles mögliche, was mit der Bildaussage garnichts zu tun hat (oder überhaupt nicht "reinpasst", wie der Pullover den sie anhat, der zudem farblich dann AUCH noch unter dem Mischlicht leidet), und weil es keine gelungene Bildaufteilung gibt, findet sich der Betrachter nicht zurecht - hakt es als Schnappschuss ab.
- auch wenn's langweilig ist: goldener Schnitt.
Puh. Also das einfach mal für den Anfang. Man könnte bestimmt noch etliche Punkte mehr aufzählen, die man besser machen kann, aber hier würde ich sagen, erstmal einen neuen Versuch machen, und dann kann man anhand dessen dann weiterschauen.
Der allergrößte Fauxpas war definitiv das Mischlicht, das führt halt zu diesem Schnappschusscharakter. Direkt gefolgt von der völlig falschen Lichtführung.