Bei Amateuren und Hobbyfotografen besteht das größte Problem eigentlich darin, dass die Meisten auf der Jagd nach einem schönen Foto sind und dabei das Wesentliche vergessen, die Person vor der Kamera.
Bei der Portraitfotografie versucht man die "Maske" der Person vor der Kamera fallen zu lassen.
Jeder Mensch hat einen standardisierten Gesichtsausdruck, den wir aufsetzen sobald wir uns in die Öffentlichkeit bewegen um uns emotional von anderen abzugrenzen.
Bei einem Shooting ist dieser "Masken-Effekt" noch deutlich verstärkt, da sich das Model in einer meist ungewohnten Situation befindet(außer er/sie ist ein Profi), an einem unbekannten Ort ist und sich dort mit einer unbekannten Person aufhält.
Die Kunst besteht darin, dem Model einen authentischen Ausdruck zu entlocken, der sie/ihn in ihrem Charakter darstellt.
Der Fotograf sollte ihn seiner emotionalen Haltung nicht im Bild vorkommen.
Man sollte die Portraitfotografie auch nicht mit der Peoplefotografie verwechseln.
Dort geht es ausdrücklich um den Fotografen! Dein Model, ist wie der Name schon sagt dort nur ein Model und wird aus rein ästhetischen Gründen ausgesucht. Das hat mit einem Portrait allerdings nichts zu tun.
Zur Portraitfotografie kann ich dir 2 Übungen empfehlen.
1. Übung: 50mm(Normalbrennweite), 1m Entfernung
Als erstes solltest du den Umgang mit fremden Personen vor der Linse üben.
Schnapp dir deine Kamera und eine Normalbrennweite und stell die Fokusdistanz auf 1 Meter.
Geh auf die Straße und versuch Streetfotos von Leuten zu machen.
->1 Meter entspricht ungefähr der Distanz, die wir in der Öffentlichkeit von einer Person distanziert sein wollen. Bei dieser Übung brichst du diese Distanz und wirst von der Person wahrgenommen während du sie fotografierst.
2. Übung: Talk & Shoot
In der zweiten Übung geht es darum, die oben angesprochene Maske wahrzunehmen.
Hierzu schaffst du eine Gesprächssituation mit einer dir vertrauten Person, die du allerdings nicht in-und-auswendig kennst.
Ihr setzt euch gegenüber vor einem neutralen Hintergrund, deine Kamera(mit Kabelauslöser) auf einem Stativ neben dir und am besten einen Blitz, damit sich weder das Licht noch die Kameraposition verändert.
Versuche das Shooting nur über das Gespräch zu leiten und jedes Mal wenn du glaubst im Gespräch einen "Wahren"-Moment erwischt zu haben drückst du schnell ab.
Zuhause solltest du dir die Fotos genau angucken und darauf achten, dass die Fotos deiner Bildauswahl das Model repräsentieren und nicht dich.
Wenn du die beiden Übungen gemeisterst hast, solltest du die Grundlagen der Portraitfotografie erst einmal beherrschen.
Danach kannst du dich dann um die Technik kümmern.
Zwecks Models würde ich mal im Freundeskreis herumfragen.
Bei der Portraitfotografie spielt es eigentlich keine Rolle wie dein Model aussieht.
Hier habe ich auch mal 2 Beispiele von einer Schauspielerin, die ich jedes Jahr shoote. Ich bin nicht der begnadetste Portraitfotograf, das dient hier jetzt nur zur Illustration.
https://www.flickr.com/photos/xwannabex/16414488274/in/datetaken/
Ist das ein Portrait?
Nein, sie sieht mich ganz deutlich. Man hat nicht, dass Gefühl du könntest sehen, was sich in ihrem Kopf abspielt. Sie ist gedanklich am Set und denkt an ihren Gesichtsausdruck.
https://www.flickr.com/photos/xwannabex/14156305411/in/datetaken/
Ist das ein Portrait?
Ja! Ihr Blick scheint einen hier zu fesseln, weil sie in dem Moment bei sich ist.