Wenn ich schreibe, daß es MEINES ERACHTENS so verhalten kann, daß sich der Effekt schnell abnutzt, muß es nicht deiner Meinung entsprechen, was dir nicht das Recht gibt, meine Meinung als Blödsinn zu titulieren.
Ich würde mich niemals erdreisten, deine (oder irgend jemandes) Meinung als Blödsinn zu titulieren. Erst recht nicht, wenn ich diese Meinung teile – denn du hast in diesem Punkte vollkommen recht: Wird ein Fischauge um des Effektes willen eingesetzt, so wird sich dieser sehr schnell abnutzen.
Ein Fisheye ist im übrigen tatsächlich ein echtes Superweitwinkel, es ist lediglich ein unkorrigiertes.
Na ja – und das ist keine Meinung, sondern eine Aussage, und zwar eine falsche. Blödsinn eben.
Selbstverständlich werden Fischaugen genau so präzise auskorrigiert wie Weitwinkelobjektive. Nur die Projektionsweise ist eine andere. Ein Fischauge verzerrt auch nicht mehr oder weniger als ein Superweitwinkel – es verzerrt anders. Dieses Geschwurbel von "Fischauge = unkorrigiertes Weitwinkel" basiert auf eingefahrenen Sehgewohnheiten, gepaart mit technischem Unverständnis.
Es ist nämlich ganz prinzipiell unmöglich, einen dreidimensionalen Raum unverzerrt auf ein zweidimensionales Bild zu übertragen – das sollte jedem Grundschüler einleuchten, und mit diesem Problem kämpfen z. B. Geometer und Kartographen schon seit der Antike. Will man also einen Aspekt der zweidimensionalen Abbildung des Raumes getreulich übertragen, so muß man zwangsläufig andere Aspekte verzerren. Es geht nicht anders. Und ein Weitwinkel bildet diese Aspekte getreulich ab und verzerrt jene, ein Fischauge bildet jene getreulich ab und verzerrt diese.
Stell dir eine Ziegelmauer vor. Stell dich einen Meter davor auf und schau senkrecht auf die Mauer. Die Ziegel direkt vor dir sind einen Meter entfernt. Alle anderen Ziegel sind weiter entfernt. Fotografiere die Mauer mit einem 18-mm-Superweitwinkel auf einer Kleinbildkamera – das besitzt einen horizontalen Bildwinkel von 90°. Die Ziegel am rechten und linken Bildrand erscheinen unter einem Winkel von jeweils 45° und sind also 1,41 m entfernt. Dennoch werden sie von dem Objektiv ebenso groß abgebildet wie die 1 m entfernten Ziegel in der Bildmitte – eine extreme Verzerrung der realen Verhältnisse! Wie können gleich große, aber verschieden weit entfernte Objekte gleich groß abgebildet werden? Hältst du das für korrekt?
Die unrealistische Vergrößerung von Objekten abseits der Bildmitte ist erforderlich, damit gerade Linien gerade bleiben, selbst wenn sie nicht durch das Bildzentrum verlaufen. Schließlich sind die Fugen zwischen den Ziegeln tatsächlich parallel zueinander. Dennoch ist das eine hochgradige Verzerrung der Realität, wird aber von den meisten Menschen als "normal" empfunden ... was merkwürdig ist, denn wenn man die Ziegelmauer mit bloßem Auge betrachtet, dann erscheinen die Ziegelsteine direkt vor einem keineswegs gleich groß wie die Ziegel rechts und links davon. Ein Fischauge stellt die Größenverhältnisse der aufgrund der unterschiedlichen Bildwinkel verschieden weit entfernten Objekte korrekt dar. In vielerlei Hinsicht ist das eine wesentlich realistischere Darstellung der räumlichen Verhältnisse als beim Superweitwinkel.
Dafür erscheinen parallele Geraden weder parallel noch gerade – was im dreidimensionalen Raum niemanden überrascht, aber im zweidimensionalen Abbild davon dennoch irgendwie "nicht richtig" aussieht.
Mit Weitwinkel und Fischauge hat man also zwei Werkzeuge zur Verfügung, mit denen man die Abbbildung dreier Raumdimensionen auf ein zweidimensionales Bild entweder so oder so gestalten kann. Die eine davon als "korrekt" und die andere als "unkorrigiert" zu bezeichnen, ist pure Ignoranz.