Ein Macro-Objektiv zeichnet sich dadurch aus, dass es speziell für den Nahbereich korrigiert wurde und deshalb diesem Bereich geringe Abbildungsfehler aufweist. Dieser Bereich definiert sich NICHT durch einen "besonders geringen Objektabstand", sondern durch den Abbildungsmaßstab. Der Abbildungsmaßstab gibt an, wie groß ein Objekt auf dem Film/Sensor abgebildet wird. 1:10 etwa bedeutet, dass ein 10 cm hohes Objekt auf dem Film/Sensor als 1 cm hohes Abbild dargestellt wird. Das hat zunächst absolut nichts mit einem "besonders geringen Objektabstand" zu tun!
Und dieser Abbildungsmaßstab kann im Interess guter Ausleuchtung und genügend großem Fluchtabstand von Insekten durchaus bei großem Arbeitsabstand Frontlinse - Objekt erreicht werden.
Der Nahbereich wird größenordnungsmäßig definiert als Abbildungsmaßstab 1:10 bis 1:1 ("Makro"-Objektive). Darunter schließt der eigentliche Makrobereich an bis etwa 10:1 (Lupenobjektive), darunter schließlich der Mikrobereich (Mikroskope).
Sehr gute "Makro"-Objektive weisen auch eine gute Korrektion bis Unendlich auf und können daher gut als Universal-Objektiv angesehen werden. Besonders auf Reisen nehme ich anstatt des Normalobjektivs nur ein Makro-Objektiv mit und bin damit universell ausgerüstet.
"Makro"-Objektive werden in den Brennweiten 50 mm, 60 mm, 100 mm und 200 mm angeboten. Wer gern Insekten fotografiert, sollte auf einen möglichst großen Arbeitsabstand Frontlinse - Objekt achten, was meist eine längere Brennweite bedingt. Wenn ein Hersteller mit einem Arbeitsabstand von 1 cm wirbt, muss man ihn fragen, wie er sich eine vernünftige Ausleuchtung des Objekts vorstellt... (Man wechselt besser zu einem anderen Hersteller...)
Ein gutes Makro-Objektiv verträgt durchweg weitere Auszugsverlängerungen durch Zwischenringe oder Balgengerät, was den Abbildungsmaßstab erhöht. Damit einher geht jedoch eine Verringerung des Arbeitsabstandes.
Wer besonders große Abbildungsmaßstäbe wünscht, nimmt entweder ein Lupenobjektiv (Leica Photar oder Zeiss Luminar) oder setzt ein zweites Normalobjektiv umgekehrt vor das Grundobjektiv (Retrostellung mit Kupplungsring männlich-männlich mit beiden Filtergewinden). Je größer die Lichtstärke des Retro-Objektivs ist, desto geringer die Vignettierungen (Eckenabschattungen).
Bei großen Abbildungsmaßstäben hat man mit zwei unangenehmen Effekten zu tun:
- Geringe Schärfentiefe im mm-Bereich bis 1/10 mm Bereich
- Einfluss der Beugung
Man möchte zwar im Interesse einer großen Schärfentiefe verstärkt abblenden, vergrößert dadurch jedoch den leider unvermeidlichen negativen Einfluss der immer und überall vorhandenen, bildverschlechternden Beugung. Das heißt, Licht ist trotz geradliniger Ausbreitung auch dort, wo eigentlich rein geometrisch kein Licht sein sollte, also um die Ecke (gebeugt). Bei großen Öffnungen im täglichen Leben (Fenster, Objektiv mit voller Öffnung) tritt sie nicht sichtbar in Erscheinung, wohl aber, wenn man die Öffnung immer kleiner werden lässt (Schlüsselloch, Blende 45 bei Kleinbild) oder - was auf das Gleiche herauskommt - den Abbildungsmaßstab enorm erhöht
Als Beispiel möge dienen: Bei Abbildungsmaßstab 10:1 (Lupenobjektiv) macht es keinen Sinn, stärker als Blende 4 (vier!!!) abzublenden! Die Bildverschlechterung durch weiteres Abblenden sieht man schon auf der Mattscheibe...