Man sollte den Verkauf der Filmsparte nicht mit einem Ende der Filmproduktion gleichsetzen.
Der Verkauf ist eine Entscheidung und Reaktion der Eastman Kodak Company. Auch wenn man mit dem romantischen Fotografenblick diesen Konzern betrachtet, handelt es sich heutzutage um ein Markenkonglomerat. Somit ist die Entscheidung, die Filmsparte zu verkaufen, eine eindeutige Profit- und Portfolio-Entscheidung.
Kurzfristig kann so der Mutterkonzern Geld in seine Kassen spülen und eventuell mittelfristig eine Insolvenz abwenden und den Gläubigerschutz wieder aufheben.
Man mag es nicht gerne so wahrnehmen, aber das Filmgeschäft wird zunehmend zu einem Nichenmarkt, der vielleicht schon jetzt eine zu große Versorgersättigung hat. Ein Blick in den Q10 Report von Kodak offenbart das Dilemma, in dem die Firma steckt:
Der Umsatz der Consumer Sparte (zu der Kodak analoge Filmaufnahme, Negativentwicklung usw zählt) brach von 514 Millionen US-Dollar (2011) ein auf zu letzt 293 Millionen US-Dollar in 2012. Und das ist nicht allein der Umsatz durch Filmverkäufe, sondern inkludiert ebenso IP Lizenzen, Retail Systeme, Consumer Inkjet Produkte und die komplette digitale Fotografie-Sparte.
Ein Vorposter wählte etwas erstaunliche Worte, das Management und das Druckergeschäft betreffend. Wieder mit Blick auf den Q10 Report zeigt sich allerdings, dass Kodak im "kommerziellen Segment" (eng. "Graphics, Entertainment & Commercial Film Businesses,
Digital and Functional Printing, and Enterprise Services and Solutions") im gleichen Zeitraum 672 (2012) bzw. 808 Millionen US Dollar (2011) eingenommen hat.
Noch deutlicher wird die Definition des Kerngeschäfts beim Blick auf den Profit bzw. den Verlust der Bereiche. In 2012 lag beim kommerziellen Segment ein Verlust von 64 Millionen US Dollar vor. Im gleichen Zeitraum erwirtschaftete das Consumer Segment einen Verlust von 164 Millionen US Dollar (2011: Komm. 67 Mio Verlust, Cons. 187 Mio Verlust). Somit verursachen die offensichtlichen Nicht-Kerngeschäfte bei kleinerer Umsatzgeneration einen erheblich größeren operativen Verlust.
Mit diesen Zahlen im Hinterkopf wäre wohl alles andere als eine Verschlankung auf die Kernbereiche unternehmerisch nicht verantwortbar.
Um auf meine erste Aussage zurück zu kommen, denke ich, dass das Kodak Film Segment ordentliche Chance hat, auch außerhalb der Mutterfirma zu überleben. Eingegliedert in einen anderen Filmhersteller, oder als relativ eigenständig operierende Tochterfirma wäre das "neue Kodak" weniger an strategische Portofolio- und Profit-Entscheidungen gekoppelt. Auch die Skalierung der Produktionsgröße usw könnte freier gestaltet und der Nachfrage des Marktes angepasst werden.
Vielleicht werden wir uns daran gewöhnen müssen, dass unsere Lieblingsprodukte - für mich sind es Tri-X und HC-110 - bald zwar noch den Markennamen Kodak tragen, mit diesem Konzern aber nicht mehr verbunden sind. Das ist zwar bedauernswert im unternehmenshistorischen Sinne, steht aber in keinem direkten Zusammenhang mit dem tatsächlichen Produkt. Auch, wenn die Produkte zukünftig unter dem Namen eines potentiellen Käufers vermarktet würden, wäre das eher eine Gewöhnungssache.
Denn mal ehrlich, wem machen die "Voigtländer" Bessa Kameras weniger Spaß, nur weil sie von Cosina wiederbelebt wurden?
Oder wem schmeckt z.B. seit 2003 kein Mövenpick-Eis mehr, nur weil es nun von Nestlé produziert wird?
Beispiele gibt es unzählige in jeder denkbaren Industrie.
Anmerkung:
In dem von mir angesprochenen Bericht, nennt Kodak keine expliziten Werte für die untergegliederten Bereiche. Alle obigen Aussagen sind daher nur dann zutreffend, wenn die Situation der Filmsparte im Speziellen möglichst der der Consumer-Sparte im Generellen entspricht.