Gast_324133
Guest
Zensur ist also immer nur dann gegeben, wenn eine staatliche Stelle vor der Veröffentlichung in das Werk eingreift?
Im rechtlichen Sinn ist das nun einmal so.
Deinen gesellschaftspolitischen Ansatz kann ich nachvollziehen, wenn auch nicht teilen. Jeder hat das Recht, seine Interessen darzustellen und durchzusetzen, dazu gehört auch das grundsätzliche Recht, andere Darstellungen unterbinden zu wollen (um sich z.B. gegen Falschaussagen zu wehren) und sich dabei auch des Klagewegs zu bedienen - das steht allen Seiten offen.
Daß das fragliche Urteil nicht der Weisheit letzter Schluss ist und vielleicht nicht allen Aspekten gerecht wird darf man wohl auch feststellen, deine Vermutungen über Hrn. Kaymers Motivation sind ja naheliegend.
Einen wichtigen Sachverhalt haben wir in diesem Zusammenhang übrigens noch überhaupt nicht angesprochen:
Tatsächlich urteilen Gerichte regelmäßig rein gar nicht über die Schöpfungshöhe, vielmehr über den sozialen Status des Künstlers über ein Werk. Hätte der arme Kerl sein Bild nicht selbstvermarktend in der Bucht angeboten und in facebook beworben, vielmehr in einer Ausstellung jenseits den Räumen einer Zahnarztpraxis, über eine Galerie oder einen anerkannten Kunsthändler, hätte er dann noch wenigstens zwei, drei Semester Kunst bei einem renommierten Prof. studiert, wage ich zu behaupten, dass sich kein Gericht gefunden hätte, die sein Werk als rein "dekorativen Gebrauchsgegenstand" klassifiziert hätte.
Daß sich Kunst nicht nur über das Werk, sondern auch über den Künstler und die Art der Präsentation definiert, ist nichts Neues. (Die Präsentation des "Armen Kerls" weckt jedenfalls in mir weniger den Eindruck einer Galerie als den einer Möbelhaus-Deko-Abteilung, gleich hinter dem Eingang, zwischen Bettwäsche und Besteck.)