macht das denn in der Praxis einen großen Unterschied, ob ich das Motiv durch die Linse, die vor der Kamera hängt sehe, oder eben nicht?
Das macht schon einen riesigen Unterschied. Zum Einen wirst Du mit Meßsucherkameras vor Allem Festbrennweiten nutzen, der Fußzoom muß also zu einem gewissen Grad funktionsfähig und funktionsbereit sein. Zum Anderen mußt Du auch in der Lage sein, Blende und Belichtung abschätzen zu können, Meßsucherkameras haben keine Abblendtaste.
Die komfortabelsten Brennweiten sind zwischen 35 und 75mm, wobei 35, 50 und 75mm "native" Brennweiten sind, für die es meist auch die passenden Leuchtrahmen eingeblendet werden. Schwieriger wird's mit z.B. 40mm, da muß man schon das Bildfeld meist selber abschätzen. Unter 35mm wird's teilweise recht schwierig, das gesamte Bildfeld im Sucher zu überblicken, je nach Kamera. Über 75mm wird's ebenfalls schwierig, aber vor Allem mit der Fokussierung, denn das Bildfeld ist winzig im Sucher. 90mm gehen noch, 130mm geraten zum Glücksspiel, vor Allem offenblendig mit schneller Linse.
Manches Objektiv ragt auch mal mehr, mal weniger in das Sucherfeld hinein, daß man ggf. den Bildausschnitt nicht vollständig im Sucher überblicken kann. Auch das kann mal hinderlich sein.
Objektive adaptieren geht bei Meßsucherkameras eher weniger, das müssen schon Objektive mit Meßsucherkupplung sein, sonst funktioniert's mit dem Fokussieren nicht (Ausnahme Fokussieren mit LiveView oder EVF, wenn vorhanden).
Meßsucherkameras haben bauartbedingt eine andere MFD (Naheinstellgrenze) als SLR/DSLR/DSLM. Gerade ältere, analoge Meßsucherkameras können ohne zusätzliche Hilfsmittel ("Brille") unter 0.9m nicht fokussieren, aktuellere kommen immerhin auf 0.7m. Manche Objektive haben zwar eine geringere Naheinstellgrenze ohne Hilfsmittel, müssen dann aber über den LV/EVF fokussiert werden.
Davon abgesehen macht mir persönlich das Fotografieren mit einer Meßsucherkamera riesigen Spaß, wobei ich meist auf 40 oder 50mm Brennweiten zurückgreife (an meinen DSLM verwende ich gerne 100 oder 35 bzw. 31mm). 35mm oder geringer sind nicht ganz mein Fall (werden selten benutzt), für längere Brennweiten fehlt mir meist das passende Motiv, daß die Linse dann auch länger als nur ein, zwei Bilder drauf bleiben könnte. 50mm ist eigentlich der ideale Kompromiss und das Zeiss C Sonnar T* 50/1.5 meine bevorzugte Linse. Klein, fein, gute Feinkontraste. Auf F2.0 abgeblendet ist das Ding ein Traum, aber auch eine kleine Diva.
Persönlich würde ich nicht mehr auf eine analoge Kamera setzen wollen. Aber Schnitt- oder Mischbildsucher, ja, das fehlt mir bei modernen DSLM. Fokus Peaking und andere Hilfen der Digitalen sind ja ganz nett, aber schnell und präzise fokussieren geht für mich eher nur mit Schnitt- oder Mischbild.
Davon abgesehen sind viele Meßsucherkameras im Vergleich zu aktuellen DSLR/DSLM klein und kompakt, die Objektive ebenfalls (wenn man mal vom Distagon absieht). Kamera und ein, zwei zusätzliche Objektive passen auch mal in eine kleine Umhängetasche und man hat noch ein wenig Platz für Farbfilter, kleinen Blasebalg, etc.
Hast Du die Möglichkeit, bei Dir im Umfeld mal eine Kamera auszuleihen?