Dass es ständig passiert, dass die Expertenmeinung darüber was Kunst ist wechselt bezweifel ich ja gar nicht, die Kunstgeschichtliche Studium spare ich mir also erstmal

Die Frage ist aber, ob das was tatsächlich Kunst ist sich auch jedes mal ändert. Genauso denkbar wäre ja auch zu sagen, dass sich die Experten einfach manchmal darin irren, was Kunst ist.
Die Experten bestimmen ja nicht, ob etwas Kunst ist, oder nicht, sondern den Wert, den ein Werk hat. Bei aktueller Kunst spricht man auch von 'Qualität'.
Den Wert hat das Kunstwerk ja nicht an sich um seiner selbst willen, sondern hinsichtlich eines nebengeordneten Maßstabes. Derer gibt es aber viele. Ein ganz simpler, für den ist der Experte Kunsthändler zuständig: pekuniär. Wenn sich der Mann mit dem Goldhelm als nicht von Rembrandt gemalt herausstellt, dann sinkt der Preis, der Geldwert geht in den Keller.
Ein anderer Maßstab: kunsthistorisch. Welchen Wert hatte das Werk für die nachfolgende Kunst? Welchen Wert hatte das Werk für die Zeitgenossen und warum? Was wollte der Maler eigentlich damit sagen? Das kann für Zeitgenossen eine vollkommene Trivialität sein, für nachfahrende Betrachter aber nur schwer bis gar nicht erkennbar. Mittelalterliche Kunst z.B. ist nur im Zusammenhang mit dem damaligen religiös magischen Denken verstehbar. Sonst rennst du durchs Museum und dir erschließt sich gar nichts.
Zeitgenössische Kunst: Beuys erschließt sich nur aus dem politischen Denken, den Problemen seiner Zeit. Wieso kippt einer einen Haufen Steine und lässt die Leute einen Baum pflanzen, das nennt er Kunst. Das versteht man nur aus dem Kontext heraus, Friedensbewegung, Ökobewegung und bestimmte Kunstformen, Happening und dergleichen, die in der Zeit aufgekommen sind. Gleiches die berühmte Fettecke. Schmiert einer 10 Kilo Butter in die Ecke und nennt es Kunst. Das hat er nicht gemacht, weil er das witzig fand, sondern das hatte einen Grund. Den muss man kennen, sonst kapiert man das Werk nicht.
Die Geschichtswissenschaft kann natürlich nie so exakt sein wie eine Naturwissenschaft, wobei die es ja auch nicht ist, qua ihres Selbstverständnisses. Als Historiker stellst du Fragen an die Vergangenheit. Wie war das gewesen? Problem, du kannst die Frage immer nur aus deinem aktuellen Erfahrungshorizont stellen. Beispiel Frauengeschichte: Die Historiker fragen: Wie lebte die Frau im Mittelalter und welche Möglichkeiten hatte sie bezgl. des sozialen Aufstieges. So eine Frage hat vor 50 Jahren noch kein Historiker gestellt, weil man das aus der eigenen Erlebniswelt gar nicht als fragenswert angesehen hat. Anderes Beispiel: Demokratische Elemente im deutschen Mittelalter bei der Kaiserwahl. Hat die Historiker im 19. Jh. nicht interessiert, weil Demokratie gar kein Thema in ihrer eigenen Welt war.
So ändert sich natürlich auch der Blick auf die Kunst der Vergangenheit im laufe der Zeit. Englische Seeschlachtenmalerei des 19. Jh. Fand man noch in den 40ern ganz dolle, heute eher der Kategorie Kitsch zugeordnet. Die Kunst der DDR - wird heute sehr kritisch betrachtet. Leute, die auch in der BRD durchaus anerkannt waren, laufen heute unter DDR-Plunder.
Aber auch die BRD-Kunst: In den 50ern, 60ner, 70ern war abstrakte Malerei total angesagt, gerade nach der Nazikunst mit ihren figürlichen heren Helden. Die Leute haben massenweise Leinwände mit Farben/Formen/Strichen vollgewischt. Das war total angesagt (irre, wenn man bedenkt, dass viele DSLR-Nutzer so dermaßen hinterm Mond sind, dass sie das überfordert) Vieles davon gilt heute leider auch kunsthistorisch als Plunder. Danach wurde es wieder figürlicher, die Popart aus den USA, dann die jungen Wilden aus Köln. Baselitz, Salome, Kiefer, wie sie alle heißen. Auch von denen wird vieles langsam aber sicher für immer und alle Ewigkeit in den Depots verschwinden.