Gast_49210
Guest
Hallo!
Wie in einem anderen Thread bereits angekündigt hier nun ein eigener Strang zum Getriebeneiger von Sunwayfoto. Ich habe meinen gerade erst bekommen, deshalb nur erste Eindrücke, ausführliche Erfahrungen und auch Fotos werden folgen.
Der GH-Pro ist ein "enger Verwandter" des Arca Swiss D-4 und somit ein sehr kompakter Kopf. Er ist nicht viel größer als ein Kugelkopf und mit ca. 800g Gewicht auch nur wenig schwerer, als z.B. ein Arca B1. Von meinem früheren Getriebeneiger - dem Manfrotto MA-410 - unterscheidet er sich angenehm in den Abmessungen, aber auch in der Funktionsweise. Der Kopf wird in D zurzeit für ca. 400€ verkauft – das ist weniger als die Hälfte der Summe, die Arca Swiss für das Original aufruft, aber mehr als das Doppelte des Preises eines MA-410.
Der Manfrotto verfügt über drei getriebegeregelte Drehungen, bei denen die Entriegelung zur Schnellverstellung jeweils am Drehgriff angeordnet ist. Dazu hat er ein Manfrotto-eigenes Schnellwechselsystem mit recht großen Platten.
Beim GH-Pro sind es nur zwei getriebegeregelte Drehungen, dafür aber noch zwei normale Drehebenen. Das ist einmal eine Panoramadrehung unter dem Kopf und zweitens eine Arca-kompatible Panoramaklemme auch dem Kopf. Diese obere Panoramadrehung fehlt dem MA-410 leider. Beide Panoramadrehungen werden mit kleinen tropfenförmigen Hebeln geöffnet und geschlossen, die Friktion kann nicht eingestellt werden. Die Verstellung der getriebegeregelten Ebenen erfolgt mit griffigen runden Köpfen. Jede dieser Achsen kann mit einem wiederum tropfenförmigen Hebel entriegelt werden. Eine komplette Verriegelung gibt es nicht, die beiden Achsen können immer mit den runden Knöpfen verstellt werden. Das Getriebe ist aber so stark gehemmt, dass die Fotoausrüstung immer sicher gehalten wird.
Grundplatte wie auch die obere Panoramaklemme haben einen Durchmesser von 60mm, die Höhe des Kopfes beträgt 108mm. Der Verstellbereich beträgt seitlich ±37°, nach vorne sind es ca. 118° und nach hinten ca. 32°. Je nach Position der Hebel und Größe der Stativgrundplatte kann der Bewegungsbereich aber etwas eingeschränkter sein. Man sieht also: Der Kopf schreit nach einem L-Winkel, sonst hat man im Hochformat nur einer recht kleinen Verstellbereich.
Der Kopf kommt in einem gepolsterten Pappkarton und wird mit einem Imbusschlüssel zum Lösten der Pano-Klemme und einem Microfasertuch geliefert. Eine Anleitung gibt es nicht und auch kein Säckchen, was ich hier wirklich schade finde. Anzumerken ist noch, dass der Kopf nicht auf der englischen Homepage des Herstellers zu finden ist. Ich tippe, es gibt da noch ein paar Patentstreitigkeiten mit Arca Swiss.
Soviel zur Papierform, nun zu den ersten Eindrücken. Und die sind doch etwas gemischter, als ich gehofft hatte. Optisch wirkt der Kopf ein wenig gebastelt, weil Design und Finish der Panoramaklemme sich doch deutlich vom restlichen Kopf unterscheiden. Dazu kommt, dass es beim oberen der beiden getriebegeregelten Gelenke einen ca. 2mm großen Spalt gibt (ja, das soll wohl so sein), der einen Blick ins Innenleben ermöglicht. So etwas graust natürlich, wenn man an Dreck und Feuchtigkeit denkt. Das ist auch der Grund, warum ich ein Säckchen bei diesem Kopf für unentbehrlich halte.
Auch funktional ist der Kopf nicht wirklich wie aus einem Guss. Jede der vier Drehebenen hat eine andere Gängigkeit. Bei der oberen und unteren (die beiden nicht getriebegeregelten Pano-Ebenen) mag das noch nachvollziehbar sein, aber bei den beiden getriebegeregelten verwundert das doch. Die obere der beiden ist dabei imho ideal: leicht und sehr präzise verstellbar, dabei aber trotzdem ohne Spiel. Die untere hingegen ist etwas schwergängig und rauher. Einstellen lässt sie sich zwar genauso präzise und halten tut sie selbstverständlich auch. Wenn man aber bei der anderen Ebene einen schöneren Lauf hinbekommen hat, warum dann nicht auch bei dieser?
Die untere Panoebene ist sehr stark gedämpft. Der kleine Hebel zur Feststellung funktioniert recht gut und hat seinen Klemmweg so, dass er nicht mit der Stativgrundplatte größerer Stative kollidiert. Bei der Montage und Demontage des Kopfes ist es mit einem großen Stativ aber etwas knifflig, denn da muss man das Hebelchen sehr stark zudrehen, damit die Drehebene wirklich fest ist. Das Öffnen danach ist dann schon eine gewisse Fingerübung.
Die obere Panoebene ist das ganze Gegenstück. Sehr leichtgängig, aber kein Kippeln feststellbar und auch ein ordentlicher Halt. Wenn man im Hochformat ohne L-Winkel fotografieren will, ist es nervig, dass diese Drehebene nicht auch getriebegeregelt ist, denn so muss man den Neigewinkel der Kamera „zu Fuß“ regeln, was gerade bei Makros blöd ist. Solch eine Regelung gibt es allerdings bei keinem Getriebeneiger.
Was mich auch nicht sonderlich begeistert ist die Schnellwechseleinheit. Sie hat eine sehr steile Gewindesteigung, der Klemmweg von ca. 3mm wird mit einer Drehung von ca. 300° bewältigt. Das ist zwar flott in der Bedienung, aber mir ein wenig zu unsicher. Während ich mit dem Novoflex Makroschlitten Castel und auch mit meinen Sunway-Klemmen kein Problem habe, muss ich mit dem RRS-L-Winkel (der hat einen größeren Radius an der Schräge) schon aufpassen, damit es ordentlich klemmt. Das wundert mich schon, da das nicht meine erste Sunway-Klemme ist und bei allen bisherigen die Gewindesteigung viel flacher ist.
Zu guter Letzt noch die in die Klemme eingelassene Libelle: Sie ist ordentlich eingesetzt aber viel zu klein, um damit wirklich arbeiten zu können – wie bei allen derartigen Dingern. Außerdem ist sie nur sichtbar, wenn keine Kamera montiert ist. Mich stört das nicht, denn mein E-M1 hat eine vernünftige kalibrierbare elektronische Wasserwaage.
Was bedeutet das alles für die Praxis? Aus meiner Sicht erscheint der GH-Pro nach meinem kurzen Testen durchaus brauchbar – auch wenn ich mir bei einem Getriebeneiger mehr „Spaß“ bei der Arbeit wünschen würde. So ein Teil ist ja immer auch etwas für Technik-Verliebte.
Aufgrund seiner Abmessungen und des recht geringen Gewichts ist der GH-Pro ja für den Außeneinsatz prädestiniert. Der offene Blick ins Innere und die etwas merkwürdige Klemme schränken das jedoch wieder ein wenig ein.
Dann stellt sich also die Frage: Wenn nicht der GH-Pro, welcher dann? Der MA-410 ist mir zu groß und zu schwer und die Einstellbarkeit hat mich auch nicht so überzeugt. Die größeren Manfrotto-Modelle kann ich für meine kleine Kamera gleich ganz ausschließen. Über den neuen Manfrotto hört man auch nicht so Tolles und er ist im Vergleich zum Sunwayfoto auch recht sperrig. Der Arca D-4 ist mir immer zu teuer gewesen, der Cube oder der sehr ähnliche Linhof erst recht. Insofern sind das alles für mich keine Alternativen, über die ich nachdenken müsste.
Sollte ich deshalb beim Kugelkopf bleiben oder auf einen Dreiwegeneiger setzen? Nein und nein. Die Einstellpräzision des Getriebeneigers ist schon höher, als bei jedem Kugelkopf (und ich kann da mit einigen Modellen von Arca, Gitzo, Markins, Linhof, Novoflex und RRS vergleichen). Natürlich lässt sich auch mit einem Kugelkopf hinreichend präzis arbeiten, trotzdem ist die unabhängige Verstellbarkeit der einzelnen Drehachsen schon etwas Feines, und ein Arbeiten ohne Feststellversatz ist auch sehr angenehm. Also wird es wohl beim GH-Pro bleiben, obwohl dessen Preis-Leistungsverhältnis mich nicht gerade vom Hocker reißt.
Gruß
Hans
Wie in einem anderen Thread bereits angekündigt hier nun ein eigener Strang zum Getriebeneiger von Sunwayfoto. Ich habe meinen gerade erst bekommen, deshalb nur erste Eindrücke, ausführliche Erfahrungen und auch Fotos werden folgen.
Der GH-Pro ist ein "enger Verwandter" des Arca Swiss D-4 und somit ein sehr kompakter Kopf. Er ist nicht viel größer als ein Kugelkopf und mit ca. 800g Gewicht auch nur wenig schwerer, als z.B. ein Arca B1. Von meinem früheren Getriebeneiger - dem Manfrotto MA-410 - unterscheidet er sich angenehm in den Abmessungen, aber auch in der Funktionsweise. Der Kopf wird in D zurzeit für ca. 400€ verkauft – das ist weniger als die Hälfte der Summe, die Arca Swiss für das Original aufruft, aber mehr als das Doppelte des Preises eines MA-410.
Der Manfrotto verfügt über drei getriebegeregelte Drehungen, bei denen die Entriegelung zur Schnellverstellung jeweils am Drehgriff angeordnet ist. Dazu hat er ein Manfrotto-eigenes Schnellwechselsystem mit recht großen Platten.
Beim GH-Pro sind es nur zwei getriebegeregelte Drehungen, dafür aber noch zwei normale Drehebenen. Das ist einmal eine Panoramadrehung unter dem Kopf und zweitens eine Arca-kompatible Panoramaklemme auch dem Kopf. Diese obere Panoramadrehung fehlt dem MA-410 leider. Beide Panoramadrehungen werden mit kleinen tropfenförmigen Hebeln geöffnet und geschlossen, die Friktion kann nicht eingestellt werden. Die Verstellung der getriebegeregelten Ebenen erfolgt mit griffigen runden Köpfen. Jede dieser Achsen kann mit einem wiederum tropfenförmigen Hebel entriegelt werden. Eine komplette Verriegelung gibt es nicht, die beiden Achsen können immer mit den runden Knöpfen verstellt werden. Das Getriebe ist aber so stark gehemmt, dass die Fotoausrüstung immer sicher gehalten wird.
Grundplatte wie auch die obere Panoramaklemme haben einen Durchmesser von 60mm, die Höhe des Kopfes beträgt 108mm. Der Verstellbereich beträgt seitlich ±37°, nach vorne sind es ca. 118° und nach hinten ca. 32°. Je nach Position der Hebel und Größe der Stativgrundplatte kann der Bewegungsbereich aber etwas eingeschränkter sein. Man sieht also: Der Kopf schreit nach einem L-Winkel, sonst hat man im Hochformat nur einer recht kleinen Verstellbereich.
Der Kopf kommt in einem gepolsterten Pappkarton und wird mit einem Imbusschlüssel zum Lösten der Pano-Klemme und einem Microfasertuch geliefert. Eine Anleitung gibt es nicht und auch kein Säckchen, was ich hier wirklich schade finde. Anzumerken ist noch, dass der Kopf nicht auf der englischen Homepage des Herstellers zu finden ist. Ich tippe, es gibt da noch ein paar Patentstreitigkeiten mit Arca Swiss.
Soviel zur Papierform, nun zu den ersten Eindrücken. Und die sind doch etwas gemischter, als ich gehofft hatte. Optisch wirkt der Kopf ein wenig gebastelt, weil Design und Finish der Panoramaklemme sich doch deutlich vom restlichen Kopf unterscheiden. Dazu kommt, dass es beim oberen der beiden getriebegeregelten Gelenke einen ca. 2mm großen Spalt gibt (ja, das soll wohl so sein), der einen Blick ins Innenleben ermöglicht. So etwas graust natürlich, wenn man an Dreck und Feuchtigkeit denkt. Das ist auch der Grund, warum ich ein Säckchen bei diesem Kopf für unentbehrlich halte.
Auch funktional ist der Kopf nicht wirklich wie aus einem Guss. Jede der vier Drehebenen hat eine andere Gängigkeit. Bei der oberen und unteren (die beiden nicht getriebegeregelten Pano-Ebenen) mag das noch nachvollziehbar sein, aber bei den beiden getriebegeregelten verwundert das doch. Die obere der beiden ist dabei imho ideal: leicht und sehr präzise verstellbar, dabei aber trotzdem ohne Spiel. Die untere hingegen ist etwas schwergängig und rauher. Einstellen lässt sie sich zwar genauso präzise und halten tut sie selbstverständlich auch. Wenn man aber bei der anderen Ebene einen schöneren Lauf hinbekommen hat, warum dann nicht auch bei dieser?
Die untere Panoebene ist sehr stark gedämpft. Der kleine Hebel zur Feststellung funktioniert recht gut und hat seinen Klemmweg so, dass er nicht mit der Stativgrundplatte größerer Stative kollidiert. Bei der Montage und Demontage des Kopfes ist es mit einem großen Stativ aber etwas knifflig, denn da muss man das Hebelchen sehr stark zudrehen, damit die Drehebene wirklich fest ist. Das Öffnen danach ist dann schon eine gewisse Fingerübung.
Die obere Panoebene ist das ganze Gegenstück. Sehr leichtgängig, aber kein Kippeln feststellbar und auch ein ordentlicher Halt. Wenn man im Hochformat ohne L-Winkel fotografieren will, ist es nervig, dass diese Drehebene nicht auch getriebegeregelt ist, denn so muss man den Neigewinkel der Kamera „zu Fuß“ regeln, was gerade bei Makros blöd ist. Solch eine Regelung gibt es allerdings bei keinem Getriebeneiger.
Was mich auch nicht sonderlich begeistert ist die Schnellwechseleinheit. Sie hat eine sehr steile Gewindesteigung, der Klemmweg von ca. 3mm wird mit einer Drehung von ca. 300° bewältigt. Das ist zwar flott in der Bedienung, aber mir ein wenig zu unsicher. Während ich mit dem Novoflex Makroschlitten Castel und auch mit meinen Sunway-Klemmen kein Problem habe, muss ich mit dem RRS-L-Winkel (der hat einen größeren Radius an der Schräge) schon aufpassen, damit es ordentlich klemmt. Das wundert mich schon, da das nicht meine erste Sunway-Klemme ist und bei allen bisherigen die Gewindesteigung viel flacher ist.
Zu guter Letzt noch die in die Klemme eingelassene Libelle: Sie ist ordentlich eingesetzt aber viel zu klein, um damit wirklich arbeiten zu können – wie bei allen derartigen Dingern. Außerdem ist sie nur sichtbar, wenn keine Kamera montiert ist. Mich stört das nicht, denn mein E-M1 hat eine vernünftige kalibrierbare elektronische Wasserwaage.
Was bedeutet das alles für die Praxis? Aus meiner Sicht erscheint der GH-Pro nach meinem kurzen Testen durchaus brauchbar – auch wenn ich mir bei einem Getriebeneiger mehr „Spaß“ bei der Arbeit wünschen würde. So ein Teil ist ja immer auch etwas für Technik-Verliebte.
Aufgrund seiner Abmessungen und des recht geringen Gewichts ist der GH-Pro ja für den Außeneinsatz prädestiniert. Der offene Blick ins Innere und die etwas merkwürdige Klemme schränken das jedoch wieder ein wenig ein.
Dann stellt sich also die Frage: Wenn nicht der GH-Pro, welcher dann? Der MA-410 ist mir zu groß und zu schwer und die Einstellbarkeit hat mich auch nicht so überzeugt. Die größeren Manfrotto-Modelle kann ich für meine kleine Kamera gleich ganz ausschließen. Über den neuen Manfrotto hört man auch nicht so Tolles und er ist im Vergleich zum Sunwayfoto auch recht sperrig. Der Arca D-4 ist mir immer zu teuer gewesen, der Cube oder der sehr ähnliche Linhof erst recht. Insofern sind das alles für mich keine Alternativen, über die ich nachdenken müsste.
Sollte ich deshalb beim Kugelkopf bleiben oder auf einen Dreiwegeneiger setzen? Nein und nein. Die Einstellpräzision des Getriebeneigers ist schon höher, als bei jedem Kugelkopf (und ich kann da mit einigen Modellen von Arca, Gitzo, Markins, Linhof, Novoflex und RRS vergleichen). Natürlich lässt sich auch mit einem Kugelkopf hinreichend präzis arbeiten, trotzdem ist die unabhängige Verstellbarkeit der einzelnen Drehachsen schon etwas Feines, und ein Arbeiten ohne Feststellversatz ist auch sehr angenehm. Also wird es wohl beim GH-Pro bleiben, obwohl dessen Preis-Leistungsverhältnis mich nicht gerade vom Hocker reißt.
Gruß
Hans