Man muss dabei nicht 'an sich arbeiten', sondern an seinen Fertigkeiten.
Ich kann mich des Eindrucks nicht verschließen, dass diejenigen, die "das Handwerk" oder "den Handwerker" als ihren Zeugen für die, nennen wir es einmal die Banalisierung des kreativen Lernprozesses, heran ziehen, genau von diesem kreativen Lernprozess und seinen theoretischen und praktischen Grundlagen in der beruflichen Bildung nur wenig Ahnung haben. "Der Handwerker" wird hier als Typus angesehen, weil es der eigenen Argumentation dienlich ist. Einer empirischen Überprüfung hält diese Argumentation jedoch nicht stand.
Es ist die berufliche Bildung, als genau jener Teil der Erwachsenenbildung, in denen die "charakterliche Förderung", mit anderen Worten das "Arbeiten an sich selbst", im Gesetz verankert ist. Das didaktische Ziel ist die Schaffung von Handlungskompetenz und das ist bei weitem mehr, als lediglich die Schaffung von Fertigkeiten. Die kritische Selbstreflexion ist heute ein integraler Bestandteil der Ausbildung und hat sich seit etwa 1997 auch als explizit genannter Prüfpunkt in vielen Abschlussprüfungen durchgesetzt.
Eigentlich ist es die Diskussion, die sich hier auch in vielen Forenbeiträgen wieder findet: Auch wenn ich mein Werkzeug noch so gut beherrsche, genügt diese Fertigkeit noch lange nicht, um auch ein gutes Werkstück abzuliefern. In Abwandlung eines berühmten Filmzitats: Die Beherrschung des Werkzeuges ist der Anfang und nicht das Ende alles Inhalte... ;-). Ehrlich gesagt verstehe ich schon, warum das Thema Fertigkeiten bzw. "Beherrschung des Werkzeugs" immer wieder auftaucht, aber das ist eben eine völlig andere Diskussion. Ich habe zumindest noch nicht ein Fotografengespräch erlebt, bei dem es um "Fotografie mit Inhalt" geht in der die Diskussion um Fertigkeiten und Werkzeuge eine zentrale Rolle gespielt hätte. Die Frage: "Kann ich das mit meinen Fertigkeiten und meiner Kamera überhaupt" ist nach meiner Erfahrung eine Frage, die regelmäßig von Anfängern gestellt wird. Diese Frage spielt aber eine völlig untergeordnete Rolle. Fertigkeiten kann man recht schnell lernen und ein Werkzeug hat nur ein wirklich wichtiges Attribut: Es muss für die Aufgabe angemessen sein. Selbstreflexion hingegen ist ein wirklich fordernder, oft genug schmerzhafter Prozess.
sondern du musst an deinem Stoff arbeiten, und zwar so, dass es deinem Publikum gefällt.
Ich finde, dass die Bedeutung des Publikums in Zeiten der Like-Medien bei weitem überschätzt wird. Das Publikum als Betrachter spielt in der Vermarktung eine Rolle, mehr aber auch nicht. Es gibt im kreativen Prozess allerdings noch einen Betrachter und das ist der Schaffende selbst. Womit wir wieder bei der unabdingbaren Notwendigkeit der Selbstreflexion bei der Schaffung von Inhalten angelangt wären und wenn da nix ist, auf das ich reflektieren kann, wird es halt schwierig.
Wenn ich mich für "Fotografie mit Inhalten" interessiere, das ist das Thema des Threads und nicht "Fotografie, die beim Publikum gut ankommt", ist es aus meiner Sicht doch kein Schlechter Rat sich zunächst selbst nach den "großen Drei" zu fragen: Was erzeugt bei mir selbst Nähe, Neuigkeit und/oder Sensation.
Etwas vereinfacht ausgedrückt und Marktmechanismen ausgeblendet: Wenn du über dich und dein Verhältnis zur Welt etwas zu sagen hast, brauchst du dir um den Inhalt und das Publikum keine großen Sorgen machen. Das Publikum und gute Inhalte wollen zueinander finden, keine Bange.
Natürlich kann man auch gezielt für ein Publikum produzieren, aber das scheint mir hier doch, wie gesagt, nicht das Thema.
Es geht dabei nicht um das einzelne Bild, sondern um das Konzept, die Sammlung - wie bei August Sander.
Ja was denn sonst?
Wir können doch gar nicht über "Fotografie mit Inhalt" reden, wenn wir nicht über konzeptionelle Fotografie reden. Das Medium der konzeptionellen Fotografie ist heute überwiegend die Serie oder die Sequenz (das sind keine Synonyme), Solitäre eher die Ausnahme.