Hallo!
Auf Basis der Schilderungen im Eröffnungsbeitrag verstehe ich es so, dass die Eigenschaft "ungeöffnete Verpackung" Kaufvertragsbestandteil geworden ist: mehrmaliges Nachfragen und die Zusicherung des Verkäufers, dass diese Eigenschaft zutrifft, machen das deutlich. Diese zugesicherte Eigenschaft fehlte.
Insofern ist übrigens der Threadtitel nicht ganz exakt - es hätte auch "(Kauf-)Vertragsbruch, was würdet ihr machen?" kauten können...
Da nun die Eigenschaft "Ungeöffnet" Vertragsbestandteil geworden ist (sein müsste), ist es jetzt wohl völlig egal, ob das moralisch, ökonomisch, technisch, etc., sinnvoll oder notwendig ist - im Endeffekt könntest Du, Cassie, den Verkäufer (unter Inkaufnahme eines längeren Rechtsstreites) dazu zwingen, dir eine Kamera mit allen zugesicherten Eigenschaften zu beschaffen, ersatzweise einer Minderung des Kaufpreises zuzustimmen: ein Stichwort ist
Nacherfüllung.
Im konkreten Fall würde ich meinen, dass Du das ganz vernünftig gehandhabt hast. Sofern Du dem Verkäufer klar gemacht hast, dass ein wichtiger Kaufgrund die
ungeöffnete OVP war (und Du kannst davon ausgehen, dass aufgrund der mehrmaligen Nachfrage diese Tatsache deutlich wurde), und diese Eigenschaft fehlt, dann war es berechtigt, eine Kaufpreismilderung zu verlangen.
Vielleicht magst Du ihn vor 2 Alternativen (der Nacherfüllung) stellen, und zwar mit einer Fristsetzung (~2 Wochen?): eine Ersatzlieferung von einer OVP-Kamera ohne gebrochene Siegel (und selbst wenn er dafür in einen Laden für einen Neukauf gehen muss) oder alternativ halt eine schon merkliche Kaufpreisminderung, die Du, obgleich Du wegen seinem Kommunikationsverhalten erbost bist, etwas verringerst um weniger Stress zu haben. Falls er die Frist versäumst, und Du ja offenbar in der Familie rechtlichen Beistand erhalten kannst, würde ich das Nacherfüllen auch juristisch erzwingen, laut deinen Schilderungen müsstest Du gute Karten dazu haben, insbesondere wenn Du alle "Kommunikationsspuren" (PN, Mails u.ä.) sorgfältig aufhebst.
Ich ahne jetzt fast, dass hier mehrere Leute aufschreien werden, warum man sich wegen so etwas solche Mühen machen kann. Im Endeffekt sollte man diesen Fall nicht als Banalität einer "Kamera in geschlossener OVP versprochen aber mit gebrochenem Siegel erhalten" sondern als "Vertragsbestandteil verletzt bzw. mangelhaft erbracht, ich möchte Abhilfe" sehen, thematisch vergleichbar mit: "Konzertbesucher kauft Anna-Netrebko-Karten, bekommt aber eine Vorstellung einer anderen Sopranistin weil Frau Netrebko die Vorstellung nicht absolviert", "Die Steakhouse-Speisekarte sagt 200g-Steak, das Well-done-Fleisch wiegt auf dem Teller aber nur 165g" oder, skurriler, dass ein Gericht festlegt, dass in einem Pharisäer mindestens 4cl Rum sein müssen, da man unter dem Namen "Pharisäer" keinen Kaffee mit Rum erwarte, sondern ein "köstliches alkoholisches Getränk" (vgl. die Bücher von
Ralf Höcker - im Opernfall wurde der Veranstalter zu Schadensersatz verurteilt, weil die vertragliche Leistung nicht erbracht und kein gleichwertiger Ersatz geboten wurde, beim Steak hat man Anspruch auf die Menge Fleisch auf dem Teller, die auf der Karte steht, was wiederum bedeutet, dass der Grillmeister ein größeres Stück Rohware portionieren muss, wenn der Gast "well done" bestellt, weil dann mehr Wasser ausbrät [Ausnahme: die Karte trägt den sichtbaren Vermerk, dass sich die Gewichte auf den Rohwareneinsatz beziehen], im Pharisäer-Fall wurde der Gast berechtigt, die Rechnung zu mindern aufgrund einer schlecht erbrachten Leistung).
Man darf einfach nicht Ware unter falschem Etikett verkaufen, "ungeöffnet" kann nun mal nicht "geöffnet zur Inhaltskontrolle" bedeutet. Aus Basis der Schilderungen beurteilt, hat der Verkäufer einfach einen Fehler gemacht, bei einem Verkauf "Unbenutzt, Verpackung nur zur Kontrolle / Inaugenscheinnahme des Inhaltes geöffnet" wäre diese Situation nicht aufgetreten.
Man kann sich mit der Situation abfinden, aber ebenso gut und in ebenso legitimer Weise kann man auf der Vertragserfüllung beharren - hier hat der Käufer keine oder nur sehr geringe Schuld, der Verkäufer hat schlicht eine (wohl milde) Form des Etikettenschwindels betrieben und sich eine etwaige juristische Entgegnung selbst zuzuschreiben durch sein
sein.
Man sollte eigene Fehler zugeben können, darf versuchen, die Nachteile zu mildern, muss dann aber damit leben und darf gegenüber demjenigen, der berechtigterweise eine Leistung fordert, nicht "komisch" (lies: unhöflich, pampig, aggressiv...) werden.
Grüße, Grand-Duc