Wenn du dir bei S/W gedanken über +/- 1°C Abweichung des Termometers machst, gehe ich davon aus, dass deine Entwicklung auch im temperierten Mantelbad stattfindet...
Im übrigen solltest du dich mal informieren in welchen Toleranzbereichen die Belichtungszeiten einer Kamera lt. DIN liegen
dürfen (da ist das eine Grad bei der Entwicklung nämlich auch schon wurscht). Von den erlaubten Toleranzen von Belichtungsmessern reden wir jetzt mal garnicht
Eigentlich solltest du zu dem Schluss kommen, dass man mit Fotoapparaten überhauptnicht fotografieren kann...
Ich entwickle seit 34 Jahren meine Filme, und daß ich dabei entgegen meinen sonstigen persönlichen Eigenschaften so pingelig bin liegt nur daran, daß ich von einem guten Negativ viel leichter einen guten Abzug machen kann. Für viele Abzüge bräuchte ich nicht mal mehr einen Probestreifen.
Eine Uhr benutzt Du, um die Entwicklungszeit zu messen? Dann vermute ich, daß Du eine Abweichung von einer Minute als hoch ansehen würdest, oder? Nur mal so als Voraussetzung, denn die Zeit zu schätzen wäre keine gute Idee. In dem Punkt dürften wir uns einig sein.
Wieso nimmst Du es dann mit der Temperatur auf die leichte Schulter?
Also, schauen wir uns mal das Thermometer an. Digitalthermometer sind, wie bereits erwähnt, meist extrem ungenau, sehen aber genau aus.
Eine Abweichung von +/- 1 Grad sieht man, man kann sie, wenn man will auch messen, aber sie ändert das Ergebnis definitiv, wenn man nicht gerade Diafine benutzt. Den Unterschied sieht man auch im fertigen Abzug. Er ist nicht gewaltig, aber er ist da. Für die üblichen Thermometer in Hobbylaboren ist das eine sehr geringe Abweichung.
Beispiel gefällig?
Also, mal angenommen, in der Entwicklungstabelle steht, daß Dein Film mit Deinem Entwickler 10 Minuten entwickelt werden soll.
Du mißt jetzt also mit einem der in Hobbylaboren üblichen Thermometer die Temperatur und stellst fest: "oh, prima, 20 Grad!"
Glück gehabt, alles wird gut - oder? Nun mißt aber Dein Thermometer um ein Grad falsch.
Was bedeutet das?
Das bedeutet, daß Du bei 19 Grad 11 Minuten und 15 Sekunden entwickeln müßtest und bei 21 Grad nur 9 Minuten um ein korrektes Ergebnis zu bekommen.
Anders gefragt: wozu benutzt Du eine Uhr? Da kannst Du doch auch einfach schätzen.
Hier nachzulesen:
http://www.ilfordphoto.com/Webfiles/2006210208211880.pdf
Um Deine Frage nach dem Mantelbad zu beantworten: nein, aber ich maches mir ja auch einfach und halte mein Labor auf ziemlich genau 20 Grad. Alles, was darin ist, auch die Entwicklerdosen, haben dieselbe Temperatur. Vor allem auch das Wasser, das ich benutze, um den Entwickler zu verdünnen. Der billigste Trick ist nämlich, einfach ein paar Kanister Leitungswasser dort aufzubewahren, das hat automatisch dieselbe Temperatur wie die Chemie, die im Regal daneben steht. Ich mische also die Chemie nicht mit Wasser anderer Temperatur.
Vor dem Entwickeln sehe ich nochmal auf ein sehr genaues Thermometer, wobei es egal ist, ob ich es dazu in die Chemie stecke, denn der Raum hat dieselbe Temperatur und gleiche über die oben gezeigte Tabelle aus, meist in geringem Umfang.
Der "Aufwand", den ich da treibe, ist etwa bei Null. Das Zauberwort lautet 'Standardisierung'. Ich habe keine Temperierboxen oder ähnlichen Schnickschnack.
Gute und vorhersagbare Ergebnisse und eine entsprechende Sicherheit bekommt man nicht, indem man
1. ständig neue Filme und Entwickler "testet"
2. dabei ungenau arbeitet
3. anschließend darüber in Foren schwadroniert, daß Film A in Entwickler B nichts taugt (weil es zufällig ein schlechtes Ergebnis ergab) oder ganz toll ist (weil der Zufall mithalf). Ein schlechter Handwerker schimpft immer auf sein Werkzeug. Nach diesem Sprichwort sind die meisten Amateure definitiv schlechte Handwerker.
Einmal eingetestet und eingeübt kann man anhand des Belichtungsmessers vorhersagen, wie das Bild nachher aussieht. Dann fängt der Spaß erst an, ist wie beim Autofahren, wenn man nicht mehr über das Einkuppeln nachdenken muß.
Was die Abweichung der Kameraverschlüsse angeht, nunja, ich benutze keine allzu schlechten Kameras. Eine Leica M6 ist mechanisch, hat aber recht enge Toleranzen, die analoge EOS 3 hat einen sehr genauen, elektronisch gesteuerten Verschluss. An meiner Zweiäugigen ist auch alles okay.
Mit einer Pentacon Six, Kiev oder ähnlichem Gerümpel mag das anders aussehen, aber das ist nicht meine Welt.