Das Lesen des KUG und der DSGVO hilft hier weiter, denn bei der Street-Fotografie sind wir in einem Bereich in dem es keinen ersichtlichen Unterschied gibt.
Das Problem bei DSGVO-gerechter Streetfotografie ist, dass du den schriftlichen Vertrag mit dem Motiv vor der Aufnahme einholen müßtest.
Ob man das noch Street nennen darf oder lieber als Theater bezeichnen sollte?
Ganz nebenbei steht nirgends in der DSVGO, dass eine Einwilligung schriftlich erfolgen muss. Aber lassen wir das mal bei Seite. Wir fragen gar nicht nach einer Einwilligung sondern fotografieren einfach heimlich Leute auf der Straße.
Jemanden einfach so in Großaufnahme auf der Straße zu Fotografieren war ja auch schon vorher ein großes Problem, denn es verletzte ja das Recht am eigenen Bild. Hier wurde aber Abgewogen gegen das Interesse an der Kunst. Argumentiert wurde da im KUG mit Punkt 4 des §23:
§ 23
(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden: [...]
4.
Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.
(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.
Es gab letztes Jahr ein Urteil zur Street-Fotografie (bzw. eine Begründung des Bundesverfassungsgericht warum eine Klage gegen ein konkretes Bild nicht zulässig war). Finde das gerade aber nicht. Vielleicht hat es ja jemand parat. Argumentiert wurde, so ich mich Recht erinnere, mit dem berechtigten Interesse des Fotografen, seine Kunst zu vollziehen.
Es kann jetzt sein, dass das KUG nicht mehr zum Tragen kommt, obwohl der Gesetzgeber dies so sieht und diesen Zustand auch sicher wieder herstellen würde, falls deren eigene Einschätzung falsch wäre (Ich empfehle den oben verlinkten Artikel des Deutschen Verbands für Fotografie. Der Herr Rau ist Autor eines Hilfreichen Buchs auf dessen aktualisierte Auflage ich hoffe). Nehmen wir also an, das KUG "gibt es nicht mehr". Da ändert sich hier trotzdem wenig, denn das berechtigte Interesse kann mann genausogut nach DSGVO begründen, denn da heißt es in Artikel 6
Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist: [...]
f.) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.
Dass Kunst ein berechtigtes Interesse ist steht wohl kaum im Zweifel und dass man ggf. gegen das Interesse des Abgebildeten abwägen muss ist auch klar (und war, wie oben angegeben, auch schon vorher so).
In dem Falle, dass diese "berechtigten Interessen" zum Tragen kommen, kann man übrigens nicht Widerrufen, denn man hat gar nicht eingewilligt, kann diese Einwilligung also auch nicht widerrufen. Aber man kann natürlich klagen, nämlich dann, wenn "die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen."
Es KANN sein, dass die Gerichte ab jetzt plötzlich ganz anders argumentieren werden als vorher, sie völlig vergessen, dass Kunst eine wichtige Funktion hat, und dieses nicht als berechtigtes Interesse anerkennen. Besonders wahrscheinlich ist es aber nicht.