AW: Kurzer Kommentar zu den E-410-Ergebnissen im Nikon D40X Review bei dpreview
JPEG-Vergleiche sind zwar möglicherweise interessant, um herauszufinden welche Kamera bei der vom Hersteller gewählten Standardeinstellung (Sättigung, Schärfe, Kontrast, Rauschunterdrückung) die einem mehr entgegenkommenderen Ergebnisse ermöglicht, aber für alles andere halte ich sie persönlich (Achtung: nur meine bescheidene Meinung) fast genau so überflüssig wie ein Kropf, weil eine Detail-Analyse der Ergebnisse von jedem subjektiv anders druchgeführt oder wahrgenommen würde.
Wenn die Betonung auf "Detail-Analyse" liegt, ja. Auf der anderen Seite besteht einer der großen Vorteile der digitalen Fotografie darin, dass die Ergebnisse sofort verfügbar sind. Meiner Meinung nach gehört das JPEG, das die Kamera erzeugt, unbedingt zum Produkt dazu. Wenn eine Kamera brauchbare JPEGs produzieren kann, ohne dass man den Weg über das RAW und mehr oder weniger aufwändige Nachbearbeitung gehen muss, dann ist das schon ein Kriterium.
Zumindest kann man die Ergebnisse von Kameras in Default-Einstellung direkt vergleichen - beim RAW kommt zusätzlich der Faktor des Zusammenspiels zwischen RAW-Konverter und RAW-Daten ins Spiel.
Da sind mir persönlich einfache RAW-Konvertierungen mit dem wohl am allermeisten verwendeten RAW-Konverter (ACR) unter Verwendung absolut gleicher Default-Parameter am liebsten, wenn es darum geht das Rauschverhalten der verschiedenen Kameras (für mich selbst) zu beurteilen.
Aber was, wenn für eine neu auf den Markt kommende Kamera noch keine RAW-Plugins verfügbar sind? Soll man den Test dann ein halbes Jahr aufschieben?
Falsch. Wenn ich am RAW-Konverter Entrauschung und Nachschärfung tatsächlich komplett deaktivieren kann, habe ich in Sachen Rauschen und Schärfe weitgehend unbearbeitetes Sensor-Rohmaterial.
Was ist "weitgehend unbearbeitetes Sensor-Material"? Der Bayer-Sensor ist ja ein Schachbrett, in dem die Hälfte der Pixel einen Grünfilter haben, und jeweils ein Viertel Blau- und Rotfilter, und davor sitzt der Anti-Aliasing Filter, der die Bildschärfe gezielt mindert, damit es später nicht zu Artefakten kommt. Ohne Interpolation geht da gar nichts. Soll das Bild nun in Default etwas schärfer sein, oder etwas weniger scharf, etwas farbkräftiger, oder farblich etwas zurückhaltender, etwas kontrastreicher oder etwas weicher... ? Wo ist der "Default"?
Einerseits bezeichnet man das RAW gerne als "digitales Negativ", andererseits soll es es eine besser Vergleichbarkeit und Objektivität bringen. Aber beides zusammen geht nicht.
Das ist so, als würde man für verschiedene SW-Filme einen einzigen ganz bestimmten Entwickler vorschreiben, und würde generell nur auf Papier der Gradation 3 abziehen.
100%ig objektive Vergleichbarkeit wird man nicht herstellen können, das ist richtig -- das ist aber kein Grund, auf die Herstellung doch immerhin möglichst weitgehender Vergleichbarkeit von vornherein zu verzichten. Und das ist durchaus am ehesten mit RAW möglich.
Nur, wie macht man das möglichst objektiv? Schärft man das Bild stärker nach, rauscht es mehr. Filtert man das Rauschen raus, gehen Details verloren. Hebt man die Farbsättigung an, wird das Rauschen ebenfalls stärker. Verringert man die Sättigung dagegen, wird in der Regel auch das Rauschen schwächer. Inwieweit werden Vignettierung oder CAs bereits automatisch vom jeweiligen RAW-Konverter korrigiert? Schon die Wahl eines bestimmten RAW-Konverters ist je bereits ein gravierende Entscheidung des Testers für einen bestimmten Kompromiss. Wo liegt in dieser Entscheidung die Objektivität?
Oder soll man immer mehrere RAW-Konverter testen? Und wenn, dann hinsichtlich ihres Potentials oder hinsichtlich ihrer Performance bei Default oder deaktivierter Schärfung und Rauschen? Will man da alles berücksichtigen, steigt der Aufwand ins Unermessliche.
Umgekehrt ist es aber genau der Sinn und Zweck eines RAW-Konverters, durch Drehen an den Reglern und Veränderung der Parameter die individuelle Anpassung des Bildes an die eigenen Bedürfnisse zu ermöglichen, und nicht, irgendeine Vergleichbarkeit herzustellen. Dafür ist er nicht konstruiert.
Und welche Motive legt man den Testcharts zugrunde? Fotos von Farbtafeln oder Testcharts, von Bücherregalen, Kartons oder Schaufensterpuppen, Kognakflaschen, Teddybären, Portraits (Hauttöne) oder Schmetterlingen? Eine Konfiguration, die für Hallensport optimal ist, muss bei Studioportraits oder Modefotografie nicht zwangsläufig genauso brauchbar sein, usw.