(1) Bei dem für den "Rollei Crossbird" verwendeten Filmmaterial handelt es sich um frisch produziertes "Zeug". Manchmal weiß ich nicht so genau, wo manche Forenten ihre tollen Informationen her bekommen ;-)
(2) Die Emulsionsgattung des "Crossbird" gehört tatsächlich in die AGFA-Familie, wobei man nicht übersehen darf, daß Emulsionen grundsätzlich in eine Standardgattung gehören und dann für spezielle Anforderungen variiert werden. Bei Negativfilmen können Sie das hervorragend in der Superia-Reihe von Fuji sehen, die eine 4Layer-Emulsionsgattung in Empfindlichkeiten von ISO 100 bis ISO 1600 an den Markt bringen. Dabei handelt es sich tatsächlich um eine Emulsionsgattung in mehreren Varianten. Dies bedeutet aber nicht, daß die Filme identisch sind und nur durch ein Label anders reagieren. Anderes Beispiel: Fuji 160S und 160C (Erklärungen hierüber finden Sie hier:
http://www.spuer-sinn.net/blog1/?p=2045 ). Dies mögen Beispiele für Variationen sein, ohne die es in der analogen Filmtechnologie niemals eine derart große Spannbreite gäbe.
(3) Der "Crossbird" ist eindeutig eine Dia-Emulsion. Nur so wird es mögich, die Farbanmutung des Cross-Films zu erzeugen. Dia-Emulsionen erzeugen grundsätzlich eine härtere Gradation (sinngemäß hat Negativfilm Gardation 1 und Dia-Film Gradation 1,5 - Beispiel, um die Zunahme der Härte zu verdeutlichen; wenn es wissenschaftlich werden soll, muß noch der Blau-Bereich der einzelnen Materialien in der Schwärzungskurve berücksichtit werden) und unterliegt durch den Zweiphasen-Entwicklungsprozess auch speziellen Farbverschiebungen, die erst in der zweiten Prozessreihe "richtig" gestellt werden.
(4) Der Entwicklungsprozess im Farbfilmbereich startet grundsätzlich mit einem Verfahren, das zunächst Farbelemente aktiviert und fixiert. Das Negativ-Verfahren ist ein Einphasen-Verfahren (in einer Phase werden mehrere Chekikalien nacheinander an den Film gebracht und zum Schluß fixiert/stabilisiert), welches auch vom Funktionsprinzip der erste Arbeitsschritt beim Dia-Verfahren darstellt. Dia wird dann in einer zweiten Phase umgekehrt. Deshalb heißen diese Filme auch Umkehrfilme. Definitiv ist aber die Basis zunächst eine Negativentwicklung.
(5) Grundsätzlich könnte sogar jeder Negativ-Film zum Dia-Film gemacht werden. Aber hier kommt es dann tatsächlich zu einer Verunreinigung der Chemie, weil das Material nicht für den zweiten Prozessschritt geeignet ist. Das Märchen der Chemie-Verunreinigung kommt tatsächlich aus dem "Negativ zum Dia machen". Der Dia-Film kann nichts verunreinigen, wenn er nur eine Entwicklungsphase durchläuft und auf die zweite Phase verzichtet wird.
(6) Bei "Crossbird" handelt es sich um ein Filmmaterial, das auch in der Wiederholung seine definierten Cross-Eigenschaften (Farbausprägung) beibehält. Natürlich kann jeder Dia-Film zum Crossen genommen werden. Viele unserer Kunden kaufen sich gerne den "Agfa Precisa", weil er preiswert ist und in den Farbausprägungen der Crossentwicklung entgegen kommt
http://www.spuersinn-shop.de/product...b-diafilm.html . Leider hat der Spaß ein Ende, wenn man im Mittelformat fotografieren möchte.
(7) Der Grund, warum einige Standard-Lobore keine "getunten" Dia-Filme zur Cross-Entwicklung annehmen ist recht einfach (wenn die Leute an der Kasse Ahnung hätten oder die Wahrheit sagen würden): Die Entwicklunsgautomaten "lesen" den Film. Dies bedeutet, es kommt zu genau der Entwicklung, für die der Hersteller den Film gelabelt hat. Wirtschaftlich liegt auch noch ein ganz anderer Grund dahinter - E-6 ist ein lizensiertes Entwicklungsverfahren (Fuji und Kodak). Tiefer brauchen wir hier nicht einzusteigen.
(8) Wer tatsächlich den vollen Cross-Effekt haben will und evtl. noch einige Farbüberbetonungen oder Dämpfungen erreichen möchte, sollte seine Filme selbst entwicklen. Dafür haben wir nun ein Chemie-Set ins Programm aufgenommen, mit dem man sogar Kippentwicklung von Hand bei 20°C machen kann.
http://www.spuer-sinn.net/blog1/?p=2359 In diesem Fall müssen wir uns in keinem Fall mehr ein schlechtes Gewissen bezüglich Chemie der Labore machen ;-) Zudem ist es wohl die Spitze der kreativen Farbfilm-Behandlung.
(9) Die Aufregung bezüglich Labelung kann ich beim besten Wille nicht verstehen. Erfunden hat das Umlabeln übrigens Kodak (England), die in den 1960er Jahren bereits limitierte Kreativfilme an den Markt brachten, die zumeist mit speziellen Emulsionsbeimengungen oder flüchtigen Oberflächenveredelungen den Materialien besondere Eigenschaften verliehen. Allerdings wurde damit tatsächlich die Entwicklungschemie verunreinigt. Aus diesen Zeiten sind wir heute heraus.
(10) Thema abgelaufenes Filmmaterial. Auch ein immer wieder gerne genommenes Spielfeld. Wir müssen uns jetzt nicht über Zeitstrecken und Kühlschrankaufbewahung unterhalten. Absolut richtig ist, daß ALLE Filmhersteller in einer Produktionsphase wesentlich mehr Material produzieren, als sie in einer Absatzperiode umschlagen können. Die Übermengen kommen in die Kühllagerung (mittelfristige Verwednung) oder in die Frostlagerung (lanmgfristige Verwendung). Mit sinkender Temperatur sinkt auch der Alterungsprozess, sogar bis zum Stillstand. In normaler Raumtemperatur altern Filme übrigens wesentlich langsamer, als es auf dem Haltbarkeitsdatum ausgewiesen wird. Bei Farbfilmen kommt es zunächst zum Nachlassen der Nennempfindlichkeit, bevor es zu Farbverschiebungen kommt. Ein richtig abgelaufener Dia-Film (Wichtig, weil Dia-Material auf exakte Belichtung angewiesen ist und von Hause aus keine Belichtungstoleranz mitbringt) kann beim besten Willen nicht mehr stilgerecht Cross entwickelt werden, weil die reduzierte Nennempfindlichkeit keine Kontraste mehr zuläßt. Besonders empfindlich sind Kodak- und Fuji-Produkte in dieser Hinsicht. Wer also behauptet, er hätte einen 10 Jahre alten Kodak cross entwickelt und gute Ergebnisse bekommen, hat wohl den Tricks angewendet oder rundheraus geschwindelt.