Eine Zusammenentwicklung zwischen Zeiss und Kyocera
Die gab es ja vorher schon, nur eben als AF-loses System. Ganz ohne AF war auch das nicht, man hatte ja die AX, bei die Kamera selbst fokussierte. Man hat sich dann (viel zu spät) noch zu einem völlig neuen System entschlossen.
auf dem Papier ein geniales System: vollelektronisches Bajonett mit einem großen Durchmesser und ein Auflagenmaß von 48mm - perfekt für digitale Fotografie - quasi ein verbessertes EOS-Bajonett.
So war es auch gemeint, und es war von Anfang an auf digitale Fotografie ausgelegt. Das Konzept war schon gut, nur wahrscheinlich insgesamt zu groß angelegt - jedenfalls zu groß, als das Kyocera es mit einem realen System hätte ausfüllen können. Schon beim Contax/Yashica-System steckte seit den 90er Jahren nicht mehr wirklich ein Konzept dahinter. Jetzt gab es zwar einen großen Rahmen, aber in dem hat sich dann Kyocera wieder reichlich konzeptlos bewegt.
Der Aufbau eines neuen Systems, mit der Absicht, das vorherige einzustellen, ist immer eine Gratwanderung. Das wird ganz gern vergessen, wenn auf denjenigen Herstellern rumgehackt wird, die ein altes System weiterentwickelt haben, statt ein neues einzuführen. Minolta hat es gut hingekriegt (weil kompromisslos durchgezogen und mit komplettem System gestartet), Canon hat zunächst massiven Schiffbruch erlitten und einige Zeit zur Erholung gebraucht. Kyocera hatte selbst mit dem Yashica-AF-System ein inkompatibles neues AF-System, da hatte Zeiss aber nix mit zu tun. Hat ein paar Jahre und nur eine Generation gelebt und war dann wieder weg, obwohl es eigentlich nicht schlecht war und der Markt noch längst nicht so oligopolisiert war wie heute.
Das waren aber alles in sich stimmige Systeme. Das Contax-N-System dagegen war preislich auf einen Nischenmarkt festgelegt, und die bisherigen Kunden waren eben doch etwas konservativer als bisherige Minolta- oder Canon-Nutzer. Zudem war das System an sich nicht so innovativ, dass es wirklich begehrenswert erschien. Letztlich muss man wohl auch feststellen, dass Kyocera zunehmend mit High-End-Fototechnik überfordert war. Solide traditionelle Technik auf hohem und aktuellem Niveau wie bei der RTS III haben sie gut hingekriegt, beim AF haben sie voll versagt. Ganz offensichtlich braucht man dazu Fachkompetenz, die man weder einkaufen noch sich mal eben erarbeiten kann.
Neben den technischen Details waren es in erster Linie 2 Gründe, die einer Verbreitung massiv hinderlich waren:
1. der nicht stattfindende Systemausbau. Das Kamerazubehör in Form von Batteriegriffen usw. war alles da, aber die Objektive fehlten. Es gab nur 9 Objektive, davon faktisch 2 Dubletten fürs (relativ gesehen) untere Preisniveau für die NX. Manche kleine Systeme leben mit 7 Objektiven, wenn sie sinnvoll abgestimmt sind. Das N-System dagegen war auf ein mindestens doppelt so großes Objektivsortiment ausgelegt, von dem es mehr oder weniger zufällig einige Teile gab. Was noch hätte kommen sollen, wurde nie angekündigt, man kann also nur spekulieren - oder aber sich klarmachen, was zum Pflichtprogramm eines Objektivsortiments gehört.
2. der maßlos überzogene Preis. Die Contaxe und Zeisse des Contax/Yashica-Systems waren zwar nicht gerade preisgünstig, lagen aber noch im erweiterten Normalbereich. Zeiss-Objektive für Contax kosteten im Mittel bis 20% mehr als Nikon, und die hatten damals auch noch eine andere Marktposition als heute und waren auch schon etwas teurer. Das lag also alles noch in einem vernünftigen Rahmen, kein Vergleich mit Leica. Beim N-System wurde Kyocera aber unverschämt. Kamera und Objektive kosteten mindestens doppelt so viel wie vergleichbare Erzeugnisse der Konkurrenz. Man darf dabei nicht vergessen, dass die N1 keineswegs eine RTS IV war und die NX eigentlich nur eine bessere Einsteigerkamera. Man bekam fürs gleiche Geld anderswo deulich mehr.
Leider hatte das System ein kurzes Leben 2000-2005 gehabt - aber immerhin haben sie die erste digitale KB-Kamera entwickelt...
Dieses historische Verdienst bleibt. Tatsächlich hat es aber die Probleme durch die speziellen Probleme der N Digital verschärft. Auch da kann man Kyocera den Vorwurf nicht ersparen, dass sie letztlich die Technik nicht im Griff hatten.
Rückblickend wäre es wohl besser gewesen, man hätte einfach eine RD im Contax/Yashica-System mit dem 6-MP-Standard-Sensor von Sony mit Cropfaktor 1,5 rausgebracht. Die allermeisten Contax-Kunden haben ja schon den Sprung zum N-System nicht mitgemacht.
Letztlich hatte man sich mit dem N-System auch in eine Sackgasse gebracht. Standard waren damals Cropkameras, und da hätte ein explizit nur auf Vollformat ausgelegtes System schlechte Karten gehabt.
Meine Frage: hat/hatte Jemand von euch dieses System in Benutzung?
Nur mal ausprobiert.
War es so genial wie es erscheint? Wie waren die vollelektronischen Zeiss-Objektive?
Weniger aus eigener Erfahrung, mehr auf Basis von Testberichten - und jenseits von den speziellen Problemen der N Digital: Die Objektive wurden ihrem Anspruch und Preis eigentlich nicht gerecht (das Problem hat man heute bei Zeiss auch immer wieder mal). Das 1,4 50 mm war auch nur die alte Konstruktion, das 1,4 85 mm extrem aufwändig (nicht identisch mit dem späteren Sony-Objektiv), aber letztlich auch nicht besser als andere. Die Objektive für die NX haben nie wirklich Beachtung gefunden, das 4,0 400 mm hat kaum mal jemand zu sehen bekommen. Bermerkenswert soll wohl das 2,8 17 - 35 mm gewesen sein, aber da dürften inzwischen auch diverse Neuerscheinungen drüber hinweggegangen sein. Es gibt ja Angebote zum Umbau auf EOS-Bajonett, da war das 2,8 17 - 35 mm anscheinend das begehrteste.
Genial ist also was anderes.