#20 Waiting for Something
Die Grand Prismatic Spring ist zweifelsohne eine der Hauptattraktionen im Yellowstone. Das Farbspektrum im
Randbereich der heissen Quelle reicht von Quietschorange über Gelb und Grün, bis hin zu Blau. Das haut jeden
Besucher aus den Socken. Da ich dort noch keinen Sonnenaufgang mitgenommen hatte, musste das natürlich
nachgeholt werden. Ich hatte allerdings keinerlei Plan und vorher auch nichts recherchiert, wie und ob und
wo man sich dort am Besten morgens positioniert. Egal ... 4:30Uhr war die Abfahrt aus dem Ort West Yellowstone
angesagt. Ein paar Shots an der Quelle mit Nachthimmel wären bestimmt ganz nett, obwohl ich mir schon dachte,
dass das eher schwierig wird.
Das erste gravierende Problem war zunächst vom Parkplatz im Stockfinstern überhaupt bis zur Quelle hinzukommen.
Frische -3°C + 100% Luftfeuchtigkeit + ansteigender Boardwalk = Sch***dreck. Mit beiden Händen musste ich mich
am Geländer festhalten, um nicht alle paar Meter auf dem seifigen Eis auszurutschen. Der Weg ist nicht sonderlich
weit, hat aber gefühlt eine Ewigkeit gedauert. Das lag auch an dem zweiten gravierenden Problem: Die Sichtweite
war gleich Null. Die ganzen Quellen in der Gegend kochen schön vor sich hin mit teilweise über 100°C. Bei den
ausgerufenen Nachttemperaturen hat man einfach nur zu 100% gesättigten Nebel vor den Augen. Eine Kopflampe hilft
da auch so gut wie gar nichts mehr. Also das war Schlappe Nr.1: Bilder vom Nachthimmel konnte ich knicken.
Das ließ natürlich nichts Gutes für den Sonnenaufgang erwarten. Als die Dämmerung langsam heraufzog, war mir
klar, dass das nicht rocken wird. Es gab nur ein relativ kleines Loch in der Nebelsuppe, durch welches der Himmel
sichtbar war. Das sah zwar nicht unbedingt hässlich aus, aber durchgefroren fand ich die Situation doch ein
bisschen unbefriedigend. Das war also Schlappe Nr.2: Die eigentliche Quelle war quasi nur zu erahnen, wie man am
rechten Bildrand sieht.
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#21 Boardwalk to Hell
An der mauen Lichtsituation direkt über der Quelle tat sich auch nichts mehr. Plötzlich flatterte ein Geschwader
Gänse schnatternd über mich hinweg und ich bekam vor Schreck fast einen Herzkasper. Bis auf die Flüche eines
Fotografen war es bis dahin nämlich totenstill. Ein Rudel Wölfe hatte die Gänse offenbar aufgeschreckt und die
legten jetzt mit kollektivem Geheule los. Ein paar Minuten lang ging das so. Der Sound geht einem mitten ins
Mark und die Nackenhaare stehen einem unweigerlich zu Berge. Das Erlebnis war schon richtig geil, aber
gleichzeitig war mir auch mulmig zumute. Es sind halt Raubtiere und das Frühstück war soeben weggeflogen.
Wie ich schon schrieb, änderte sich an dem relativ bescheidenen Licht zunächst nichts mehr. Es wurde blöderweise
auch wieder dunkler, weil sich vermehrt Wolken direkt vor die Lücke im Nebel schoben. Na toll ...
Obwohl ... Hm .. Moment mal ... Es baute sich überraschend ein Korridor aus Licht in Richtung des Boardwalk auf.
Kommt da jetzt der Gehörnte in Person über den Boardwalk gallopiert oder was soll das jetzt bitteschön?
Würde durchaus passen, da es eh schon die ganze Zeit nach Schwefel gemüffelt hat. Von der Grand Prismatic
Spring an sich sah ich weiterhin nichts. Sie war mir nun ehrlich gesagt auch völlig wumpe. Wer braucht schon
so 'ne öde Quelle?
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#22 The Swamp
Später kamen tatsächlich noch ein paar Fotografen mit geschultertem Stativ aus dem Nebel gestiefelt. Die waren
allerdings zu spät dran. Das Licht war im Wesentlichen bereits komplett zusammengefallen. Ich packte meine Klamotten
und beschloß in Richtung Old Faithful abzudüsen. Der Rest des Tages war für die ganzen Geysir-Basins und Pools in
der Gegend reserviert. Auf dem Weg dorthin sah ich aus dem Beifahrerfenster einen merkwürdigen Bogen über einer
Wiese stehen. Ein Regenbogen war das jedenfalls nicht. Ich hielt zackig an, schnappte die Kamera und lief eine
Böschung hinunter, um zunächst wieder zackig anzuhalten. Das linke Bein steckte kurz bis unter dem Knie und das
rechte Bein bis kurz über dem Knie im Morast fest. Das Gras im Vordergrund ist bloss die Deckschicht für ein
ausgedehntes Sumpfgebiet. Die Schuhe waren nun gut mit Brackwasser gefüllt, die Kamera zum Glück nicht. Wenn man
mal mit einer Knipse feststeckt, dann kann man auch gleich noch ein paar Bilder von einem Nebelbogen machen.
Das Phänomen heisst tatsächlich so. Ich hatte es zuvor weder gesehen, noch davon gehört.
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A propos "Paar" ... Kluger Mann baut vor und hat immer noch ein zweites Paar Wanderstiefel mit dabei. Glück gehabt
