Eine ähnliche Frage hat mich auch länger beschäftigt:
DSLR mit ein bis drei Objektiven oder Fujifilm FinePix S100FS?
Vorweg: der Nachfolger der S100FS heißt S200EXR und steht in den Startlöchern (vor einigen Wochen von Fuji offiziell angekündigt und voraussichtlich ab September im Handel). Leider hat Fuji den Sensor geschrumpft aber das Objektiv beibehalten, so dass bei dem Nachfolger der Brennweitenbereich im Weitwinkel erst bei 30,5 kleinbildäquivalenten Millimetern beginnt.
An kaum einer anderen Kamera als der S100FS scheiden sich derart die Geister.
Viele, die diese Kamera
nicht besitzen, scheinen sie regelrecht zu hassen. Wenige, die sie besitzen, haben sie lieben gelernt. Bei nicht wenigen, die sie besitzen, scheint das Verhältnis zu ihr eher eine Hass-Liebe zu sein.
Im Großen und Ganzen bietet die S100FS, falls einem der Brennweitenbereich von 28-400mm (an KB) reicht, den Vorzug, dass sie einen von DSLR-typischen Problemen befreit:
- Objektiv-Wechsel und die Last mehrerer Objektive
- Staub auf dem Sensor
- Frontfokus, Backfokus
- mangelnder Komfort bei LiveView
Bei diesen Vorzügen braucht man im Low-ISO-Bereich (ISO 100 bis 200) nicht auf DSLR-nahe Qualität zu verzichten. Allerdings muss man für beste Bildqualität die Bilder in RAW aufzeichnen. Immer noch sehr gute Qualität erhält man dann nur noch bei Wahl der "Standard/Provia"-Filmsimulation, sofern man die Schärfe auf "Low" stellt.
Die Velvia-Simulation liefert zwar insbesondere für Naturfotografie berauschende Farben, greift aber stark destruktiv in die Feinstruktur der Bilder ein (Artefakte und viel Matsch). Rein vom Gefühl her liegt die Bildqualität insgesamt - bis ISO 1600 - auf dem Niveau einer älteren FourThirds-Kamera wie der E-500.
Erweiterte Dynamikfunktionen (200%, 400%) erlauben es, einen vergleichsweise hohen Objektkontrast ohne Zulaufen der Schatten oder Ausreißen der Lichter abzubilden - allerdings durch höheres "ISO-Rauschen" (200 und 400) erkauft.
Das Objektiv ist, von den CAs abgesehen, sehr gut durchkorrigiert und bietet bereits bei Offenblende (f/2.8) im Weitwinkel Schärfe über das ganze Bild bis in die Ecken. Hier ist die S100FS gegenüber jedem Superzoom an einer DSLR im Vorteil!
Ob bei Ausgabe nach JPEG oder RAW - die Korrektur der besonders im Weitwinkel recht starken CAs nimmt einem die Kamerafirmware leider nicht ab. Für denjenigen, der nicht Stunden mit EBV vor dem PC verbringen will, lohnt sich die Investition in kompetente Korrektursoftware wie DxO.
Weiterhin punktet die S100FS mit einem im Großen und Ganzen professionellen Bedienkonzept:
- Gehäuse liegt gut in der Hand, wenn auch etwas frontlastig
- zwei Custom-Slots für eigene Einstellungen
- recht viele Direktzugriffstasten
- Klappdisplay
- Blitzschuh (allerdings ohne TTL)
- Blitz-Synchronbuchse
Allerdings wird die Freude darüber wieder getrübt durch:
- manueller Fokus so gut wie unbrauchbar (fummelige Bedienung durch schlechte Übertragung und kaum mögliche Schärfekontrolle durch unzureichende Ausschnittsvergrößerung)
- keine Direktzugriffstaste für den Weißabgleich (wohl aber für Gesichtserkennung)
- kein Standby-Modus (die Kamera muss nach automatischer Abschaltung erst aus-, dann wieder eingeschaltet werden)
- keine JPEG- und RAW-Aufzeichnung gleichzeitig
- RAW-Aktivierung in den Tiefen der Menüs verborgen (Abhilfe möglich durch Custom-Slot)
- keine Eliminierung der chromatischen Aberrationen durch die Kamera-Firmware
- recht geringe Akkukapazität
- Live-Histogramm im manuellen Modus nicht brauchbar
Die Kamera ist auf jeden Fall die beste Bridge- und Superzoomkamera, die es gibt. Wer die S100FS hat weiß, dass diese auf keinen Fall mit Kameras, die einen mehr oder weniger 1/2.5"-großen Sensor haben, zu vergleichen ist. Im Vergleich mit einer FZ28 oder der kommenden FZ38 schneidet die S100FS um Längen besser ab. Die Spreu trennt sich hier vom Weizen bei dem hohen Dynamikumfang und dem geringen Detailverlust der Fuji.
2/3", die Sensordiagonale der S100FS, sind 0,66 Zoll.
1/2.5", das Sensormaß der meisten Superzoomkameras, die Canon G10 eingeschlossen, das sind hingegen nur 0,4 Zoll!
Mit der Bildqualität der S100FS kann ich persönlich leben, nicht jedoch mit derjenigen der FZ28 (ich hatte bereits FZ8 und FZ50).
Auch ich habe mit der S100FS gerungen. Ich habe mich zweimal für sie entschieden und zweimal gegen sie. Drumherum hatte ich jeweils DSLRs (u.a. Nikon D80, Olympus E-410, Canon EOS 450D). Ein Superzoom-Objektiv an der DSLR kam aber für mich nie in Frage. In meinen Augen schneidet die S100FS gegenüber der DSLR-Superzoomlösung durchweg besser ab. Wenn schon DSLR, dann auch richtig, d.h. ohne allzu große Kompromisse. Womit ich mich eventuell anfreunden könnte, das wäre eine Nikon D90 mit Sigma 18-125 OS oder eine Nikon D5000 mit Nikkor 18-200 VR. Beide Objektive gehören zu den besten in der Superzoom-Liga.
Ich habe mich diesmal für die
Olympus E-420 mit ZD 14-42 und ZD 40-150 entschieden (Brennweitenbereich 28-300mm am Kleinbild).
Preis: ca. 415,- Euro
Gewicht: (Body ohne Akku) 380g + (ZD 14-42) 190g + (ZD 40-150) 220g =
790g
Zum Vergleich das Gewicht der
S100FS:
918g
Bei der Kompaktheit und dem geringen Gesamtgewicht kann man auch ein E-4x0-Doppelzoomkit einer DSLR-Suppenzoom-Lösung vorziehen. Man gewinnt auf voller Linie. Vor allem muss man nicht mehr um die Bildqualität kämpfen (RAW-Entwicklungs-Orgien). Mit einer aktuellen DSLR und anständigen Objektiven (die beiden kleinen ZDs sind hier über jeden Zweifel erhaben) bekommt man die Bildqualität frei Haus geliefert (bzw. "out-of-cam").
Ich würde die S100FS weder als "eierlegende Wollmilchsau" noch als "Rund-um-Sorglos-Paket" bezeichnen, wohl aber als die derzeit beste Bridgekamera, die sich auch in Profihand gut macht, und unterhalb der DSLR- und Hybrid-Klassen das Beste Gesamtpaket bietet. Ein Paket mit Ecken und Kanten freilich und sicherlich nicht jedermanns Liebling, sowohl vom Ansehen als auch vom täglichen Umgang her.
Warum mein Hin-und-Her-Gewechsele? Weil die S100FS grundsätzlich zu verlockend ist. Die Freude über das "All-in-One" wurde aber leider bald wieder von den (wenigen) Unzulänglichkeiten der Kamera getrübt. Mancher, der auch stundenlanges vor-dem-PC-Sitzen nicht scheut, mag mit der Kamera sehr glücklich werden.