Es ist zwar schon etwas länger her als mein angekündigtes "Morgen", aber da für viele anscheinend immer noch interesse besteht, diese Software etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, gebe ich euch noch eine kleine Anleitung an die Hand. Diese funktioniert mit der momentan aktuellen Version von ArgyllCMS v1.0.3. So wie ich den Author verstanden habe, wird es in der nächsten Zeit auch zu keiner weiteren Syntaxänderung oder Umbenennung von Tools kommen.
Die nächsten Zeilen sind meine aktuelle Vorgehensweise und damit auch Empfehlung. Mit diesen vier Zeilen kann man sich, ganz ohne dispcalGUI zu benutzen, ein vollwertiges Profil erstellen. Theoretisch müsst ihr euch also nicht weiter mit der Dokumentation auseinandersetzen – ich würde es allerdings trotzdem begrüßen
Ich gehe davon aus, das ihr mein Einleutungspost gelesen habt. Nötig ist es zwar nicht, aber dort ist Einiges noch ausführlicher erläutert. Wer einen Spyder2 besitzt, der kann der Anleitung zur Inbetriebnahme des Gerätes analog wie damals folgen – hier hat sich nichts geändert.
Schritt 1: die Kalibrierung
Eigentlich ist dieser Schritt für die Erzeugung eines Monitorprofils gar nicht notwendig. Ähnlich wie bei der Software von beispielsweise basICColor kann man auch mit Argyll das Display nur Profilieren. Trotzdem ist eine zusätzliche Kalibrierung sicher nie verkehrt, wenn man einige Details beachtet: der Monitor sollte schon vor der Kalibrierung so nah wie möglich an das gewünschte Ziel gebracht werden. Dazu bedient man sich der Einstellungsmöglichkeiten im OSD des Monitors. ArgyllCMS liefert hier eine gute Unterstützung bei der Anpassung des Displays an die Zielwerte. Die erste Kommandozeile, mit der das alles erledigt wird, lautet wie folgt:
dispcal -v -qm -yl -t6500 -g2.2 -p.5,.5,2 -K 20090311
In der Reihenfolge der Argumente bedeutet dies: Berichterstattung ist aktiviert, die gewünschte Qualität des Profils ist Medium (das bedeutet, die erlaubte Abweichung zum Ziel beträgt maximal 0.8 dE), es handelt sich um einen LCD-Monitor (CRT wäre -yc), der gewünschte Weißpunkt beträgt 6500K, das Zielgamma beträgt 2.2 (-gs für sRGB, -gl für L-Star) und das Messfenster soll in der Mitte des Bildschirms bei doppelter Messfenstergröße positioniert werden. Der Parameter -K löst vor den Messungen die Kalibrierung des Messgerätes selbst aus, wie auch aus anderen Programmen bekannt. Die Bezeichnung dahinter ist der gewünschte Dateiname der produzierten Ergebnisdatei, bei mir wie unschwer zu erkennen immer das aktuelle Datum. Die Dateiendung .cal wird automatisch angehängt.
Dies sind alles Parameter, die nach eigenen Vorstellungen angepasst werden können und teilweise auch gar nicht benötigt werden. Ich habe beispielsweise den Wert -b weggelassen, mit dem man eine Ziel-Helligkeit in cd/m^2 angeben könnte. Diesen Wert stelle ich aber bei der angeleiteten Monitorjustierung selber ein und er soll nicht über die Kalibrierung erzwungen werden. Denn es kommt mir hier nicht wirklich darauf an, ob nun 119 oder 121 cd/m^2 erreicht werden – viel lieber ist mir, das so wenig wie möglich durch die Grafikkarte an der Ausgabe herumgebogen werden muss.
Führt man diese Befehlszeile aus, dann erscheint
nach der Kalibrierung des Messgerätes zunächst die Aufforderung zur Monitorjustierung. Über die
dritte Option erhält man eine Angabe zur aktuellen Helligkeit und des aktuellen Weißpunktes und kann nun über das OSD des Monitors die gewünschten Zielwerte so nah wie möglich einstellen. Danach kann man über den vorletzten Menüpunkt zur eigenlichen Kalibrierung fortfahren.
Das Ganze rödelt jetzt – je nach gewählter Qualität – für einige Zeit vor sich hin. Ist der Prozess durchgelaufen, kann mit dem nächsten Schritt fortgefahren werden:
Schritt 2: Generieren der Testfelder
ArgyllCMS liefert ein umfangreiches Tool zum Erstellen der so genannten "Test-Patches" zur Verfügung. Theoretisch kann man alle möglichen Geräte vom Beamer über den Monitor bis zum Drucker profilieren. Speziell für Monitore bietet sich folgende Befehlszeile an:
targen -v3 -d3 -e10 -g64 -f400 20090311
Wieder wird die Berichterstattung aktiviert; der gewählte Farbmodus wird auf RGB gesetzt, es werden 10 reinweiße Patches zur Bestimmung des Weißpunktes erstellt, 64 Testfelder entlang der neutralen Achse und schließlich 400 sinnvoll verteilte Farbfelder über den gesamten RGB-Farbraum. Die letzte Bezeichnung steht wieder für den ausgegebenen Dateinamen (die Dateiendung .ti1 wird automatisch angefügt).
Die Anzahl der Patches kann hier nach belieben und eigener zugewilligter Zeit verändert werden. Wesentlich mehr als 400 Patches machen das Profil zwar noch etwas genauer, allerdings kann man auch mit weniger ansehnliche Ergebnisse bekommen. Viele kommerzielle Produkte lesen hier eher so um die 40 Patches aus – ist also sicherlich eine Frage der geforderten Genauigkeit und des eigenen Anspruches.
Da das Programm eigentlich nur ein wenig "herumrechnet" und selber nichts misst, sondern nur eine Datei mit Messfeldern erstellt, ist das Ganze nach wenigen Sekunden durch und wir können mit dem nächsten Utility weitermachen.
Schritt 3: Profilieren des Bildschirms
Nachdem wir eine Kalibrierungsdatei und eine Datei mit den Testpatches erzeugt haben, können wir also mit der Profilierung beginnen. Ich benutze folgende Kommandozeile:
dispread -v -yl -k 20090311.cal -p.5,.5,2 -K 20090311
Die Berichterstattung ist aktiviert, der Displaytyp auf LCD gesetzt, unsere zuvor erstellte Kalibrierung wird in die Grafikkarte geladen. Danach erfolgt wieder die Positionierung des Messfensters wie vorhin, es wird eine Kalibrierung des Messgerätes gefordert und als Letztes wird angegeben, wie die Datei mit den Testpatches heißt. Genau so wird auch die erzeugte Datei mit den Ergebnissen heißen, die Dateiendung .ti3 wird automatisch angehängt.
Je nach Anzahl der Testpatches kann dies nun eine ganze Weile dauern. Ist dieser Schritt durchlaufen, sind alle erforderlichen Messwerte erfasst worden und es kann ein Profil erstellt werden.
Schritt 4: Erstellung der ICC-Datei
Für alle technisch Interessierten: Argyll erstellt momentan immer ICC-Profile nach dem v2-Standard. basICColor kann auch schon Profile nach dem neuen Standard v4 erzeugen, für den Endnutzer hat dies aber momentan noch keine wesentlichen Auswirkungen oder Vorteile, außer dass man sich als Nachteil Inkompatibilitätsprobleme mit einigen Programmen einhandelt. Es spricht also nichts gegen diese "Einschränkung" – bisher jedenfalls.
Nachdem wir alle Dateien zusammen haben, kann mit Argyll das Profil erzeugt werden. Hier kommt auch schon eine Änderung zur alten Anleitung: das Tool wurde von
profile zu
colprof umbenannt.
colprof -v -A"Eizo" -M"S2431W" -D"20090311, 6500K, Gamma 2.2, Matrix" -C"Steffen Sachse, 2009" -qh -as 20090311
Ein letztes Mal wird die Berichterstattung aktiviert, danach folgen Hersteller, Modell und Beschreibung für das Profil. Schließlich noch das "Copyright", oder auch die Makernote genannt. Innerhalb der Anführungsstriche kann man hier sinnvolle Angaben machen, damit man sein Profil später beispielsweise in Photoshop leichter wiederfindet. Dort wird die Beschreibung angezeigt, wenn sie denn vorhanden ist. Schließlich wird noch die Qualität auf Hoch gesetzt und als Profiltyp Shaper/Matrix festgelegt. Dieser Profiltyp ist mitlerweile auch meine emfpohlene Variante, da er maximale Kompatibilität garantiert und trotzdem sehr genau ist. Am Ende steht dann – wie immer – er Name der Eingabe- und der Ausgangsdatei. Die Dateiendung .icc wird automatisch angehängt.
Bemerkungen
Alle Dateien findet man in dem Verzeichnis wieder, aus der die Kommandozeile ausgeführt wird. Hat man also, wie im Eröffnungspost beschrieben, die %PATH%-Variable von Windows um den Pfad zu den Tools von Argyll ergänzt, dann bietet es sich an, vor der Ausführung irgendeines Kommandos in einen sinnvollen Dateipfad zu navigieren. Sonst findet man aber natürlich trotzdem all seine Dateien wieder, vermutlich im Ordner /Dokumente und Einstellungen/Benutzername. Je nach Windows-Version heißt dieser ein wenig anders.
Setzt man nicht die %PATH%-Variable, so muss man zum Ausführen der Dateien zwangsweise in den Pfad von ArgyllCMS navigieren und dort ins /bin/-Verzeichnis wechseln. Folgerichtig werden dann auch alle Dateien dort erzeugt.
Die "Quick 'n' Dirty"-Methode
Mit der neuen Version von ArgyllCMS kam eine weitere Methode hinzu, schnell ein Profil mit nur einer einzigen Kommandozeile zu erzeugen. Es wird dann lediglich das Tool
dispcal aufgerufen:
dispcal -v -qm -yl -t6500 -g2.2 -p.5,.5,2 -K -o profilname.icm -O"Profilbeschreibung" 20090311
Die Kommandozeile enthält die gleichen Befehle wie oben, nur das noch die Schalter -o profilname.icm und -O"Profilbeschreibung" angefügt wurden. Dadurch wird direkt nach der Kalibrierung gleich noch eine vorgegebene Testreihe an Farbfeldern vermessen und ein Shaper/Matrix-Profil mit dem Dateinamen profilname.icm und der Beschreibung "Profilbeschreibung" erzeugt – ganz ohne, dass man die anderen Tools aufrufen müsste.
Diese Profile sind auch sehr gut geeignet und können bedenkenlos benutzt werden. Allerdings werden einem hier natürlich viele Möglichkeiten aus der Hand genommen. Es ist gewissermaßen mit dem Vorgehen von kommerziellen Produkten gleichzusetzen. Man kann die Ziele der Kalibrierung vorgeben, der Rest wird über ein Standardverfahren vom Programm erledigt.
Wer allerdings nur mal schnell schauen möchte, ob Argyll die Ergebnisse liefert, die man sich wünscht, dem ist damit sicher gut geholfen. Später kann man sich ja immernoch ein Profil nach eigenen Vorstellungen erzeugen.
Ich hoffe, dass hilft noch ein wenig weiter. Ich wünsche viel Erfolg im OpenSource-Wunderland,
Steffen
