Viele Menschen befällt akuter Fremdscham wenn der in 5000 EUR Equipment gerüstete Hobbyskifahrer zum dritten Mal hintereinander aus dem Schlepplift fällt. Menschen die Selbstreflektion nicht nur mit dem Spiegel in Verbindung bringen kaufen sich Ihre Ausrüstung auch nach eigener Erfahrung und Können.
Also muss man sich seine Ausrüstung "erarbeiten"?
Wer 5000 € übrig hat und fürs Hobby ausgeben möchte, soll das doch tun.
Oft - keine Ahnung, ob das beim Skifahren der Fall ist - behindert einen günstige bzw. billige Ausrüstung ja auch, gerade als Anfänger.
Und natürlich gibt es Ausrüstung, mit der man erst nach jahrelanger Übung wirklich etwas anfangen kann.
Wenn ich jetzt mal mit Geigen vergleiche: Die meisten 100-€-Geigen sind so wie verkauft nicht spielbar, schon gar nicht für Anfänger. Wer damit üben muss, bekommt das Gefühl, unfähig zu sein und dass das Musizieren gar keinen Spaß macht.
Im Bereich zwischen 1000 und 2000 € oder so bekommt man eine gute Schülergeige vom Geigenbauer, die wie verkauft sofort spielbar ist. Wer darauf schlecht klingt, weiß, dass es am Übungsstand und nicht am Instrument liegt.
Für >10.000 € bekommt man Geigen, die nur erfahrene Hobby- oder Berufsmusiker richtig gut spielen können. Der Anfänger oder mäßig Fortgeschrittene wird selten einen Unterschied zu seiner Schülergeige hören. Und wenn, dann dürfte der Unterschied den meisten nicht +8000 € wert sein.
So kann man das jetzt für fast jedes Hobby machen.
Es gibt einen Preisbereich, in dem man fast nur Müll bekommt, den man schnell wieder entsorgt, es gibt einen Preisbereich, in dem man gute Ausrüstung bekommt und es gibt einen Preisbereich, in dem man nicht mehr deutliche Fortschritte spürt, es sei denn, man sucht bewusst etwas ganz bestimmtes.
Und wenn nun jemand sich Fotoausrüstung für 5000 € kauft, weil die "Haptik" oder einfach das Gefühl, etwas Wertvolles zu besitzen, ihm ein besseres Gefühl beim Fotografieren gibt, und er sich das auch leisten kann, also nicht das Ersparte dafür zusammengekratzt hat, dann soll er das doch machen.
Wer wenig oder mittelmäßig verdient und noch eine Familie hat und dann einmal im Jahr im Urlaub fotografieren möchte, für den kann das Argument "es ist doch nur ein Hobby, kauf dir eine Einsteiger-Cropkamera mit zwei Objektiven und gut ist" schon hilfreich sein. Wer einmal im Jahr einen Urlaub nur fürs Fotografieren macht und etwas mehr GEld zur Verfügung hat, für den kann es ja durchaus subjektiv sinnvoll sein, sich auch eine teurere und umfangreichere Ausrüstung zu kaufen.
Wer Kameras und Objektive sammeln möchte und sich das leisten kann und nur gelegentlich mal fotografiert, für den kann es auch sinnvoll sein, dafür viel Geld auszugeben.
Sehr oft liest man aber hier in der Kaufberatung: "Budget 500 (oder 700) €". DAs ist ja gar keine Schande. Aber wenn der Interessent dann gerne regelmäßig und spezialisiert fotografieren will, ist schon ein Hinweis auf günstige und ggf. gebraucht gekaufte Ausrüstung sinnvoll. Und wenn man dem dann von anderer Stelle vermittelt hat, dass es das Beste und Teuerste sein müsste, dann ist der Hinweis, es wäre nur ein Hobby, man müsse dabei ja nicht das Restkörnchen BQ oder Ähnliches aus der Kamera rausholen, oder die Kamera muss für den Städtetrip halt nicht wetterfest sein etc., ja gar nicht verkehrt. Der Hinweis kann dann schon beruhigen und bei der Auswahl helfen.
Es ist nur ein Hobby bedeutet dann, dass man bestimmte Features nicht braucht, weil nicht jedes Bild immer gelingen muss. Weil man bestimmte Bedingungen wie Fotografieren im Regen nicht zwingend hat. Weil man flexibel bezüglich der Lichtgestaltnug sein kann und nicht zwingend Bewegungen in schlechten Lichtverhältnissen festhalten muss (es sei denn, das liegt im Interessensbereich des Interessenten).
Und nicht zu vergessen:
Einige von uns haben nur Fotografie als Hobby. Die können dann, besonders als Singles, sehr viel Geld ins Hobby stecken und für sie lohnt es sich.
Andere haben noch Kinder, für die auch Geld da sein muss oder andere Verpflichtungen und auch andere, gleichwertige Hobbys die Geld erfordern.
Für die lohnt es sich dann schon, auf den Preis zu achten und zu überlegen, ob es das Nobelste sein muss oder ob sie nur das kaufen, was sie wirklich brauchen.
Wer jetzt Fotografie, Skifahren, Antiquitätensammeln und Malen als Hobby hat, muss für mehrere Bereiche viel Geld ausgeben, um das Hobby überhaupt betreiben zu können, der denkt vielleicht eher darüber nach, was er wirklich braucht, als jemand, der nur Fotografie als Hobby hat.
Natürlich muss keiner überlegen, ob sich sein Hobby "rentiert", während das der Berufsfotograf vielleicht bei seiner Ausrüstung schon tun muss. Aber der Hobbyfotograf hat dafür meist länger etwas von seiner Kamera, während der Berufsfotograf aufgrund der Auslösungen vielleicht alle zwei Jahre eine neue Kamera oder mindestens einen neuen Verschluss benötigt.
Vielen vermittelt auch die Werbung, dass man erst mit einem Hobby loslegen kann, wenn man umfangreiche Ausrüstung hat, die einen eher überfordert als Anfänger. Dann kann der Hinweis darauf, dass man sich beim Hobby Zeit lassen kann, um zu erkunden, was man warum braucht oder möchte, durchaus sinnvoll sein. Auch der Hinweis, dass Anfänger mit drei oder mehr Objektiven überfordert sein können und lieber erst mal mit einem üben sollten, während der Profi für verschiedene Anwendungen vielleicht zwingend mehrere Objektive braucht.
LG von
Frederica