WERBUNG

Alterung von Objektiven bei nicht-Gebrauch

nilpferd

Themenersteller
Liebe Freunde,
in grauer Vorzeit, zu Tagen als Wörter wie "AF", "digital" und "Ultraschallmotor" höchstens in der Vorstellungskraft von Perry Rhodan Autoren existieren mochten, lernte meinereiner, selten genutzte Objektive dennoch regelmäßig mal an den Bauch des Bodies (pardon, muss heissen: des Gehäuses) zu schnallen und alle Rädchen zu drehen, auf dass sich nix verharze, festsetze oder durch Faulheit aufdünse.

Wie sieht das heutzutage in Zeiten hauchdünner Leiterfolien aus?
Von den äußeren normalen Spuren bei Benutzung abgesehen - tut es einem Objektiv eher gut, regelmäßig benutzt zu werden, oder ist es "neuer", wenn es nur mal um den Block getragen wurde und dann 2 Jahre im Köcher schlummert?
Altert die mittlerweile massiv verbaute Elektronik weniger, wenn kein Strom sie durchfliesst?

Neben meinem grundsätzlichem Interesse an dieser Frage existiert der konkrete Anlass, dass ich gerade um ein mir angebotenes Objektiv herumschwänzele, dessen jetziger Besitzer es trotz abgelaufener Gewährleistungsfrist als "wie neu" wg. nie genutzt anpreist und eine entsprechende Preisvorstellung hat.

Dieser Anlass ist kein Teil der Fragestellung. Mir geht es lediglich um den Alterungsprozess und dessen mögliche unterschiedliche Ausprägung bei Objektiven im Safe und auf der Rennbahn.

Danke,
Martin
 
Bei den meisten Zoomobjektiven wird beim Zoomen ein Flexprint "gerollt". Kann man bei den meisten sehen, ist aus Lichtschutzgründen meistens einseitig matt-schwarz beklebt.

Das geht am ehesten kaputt. Dann gäbe es da noch Elkos, aber in den AF-Objektiven gibt es sowas eher weniger (^= gar nicht) und bei den VR und AF-S Optiken sehe ich in den S&Rs eher SMD-Spulen als Elektrolytkondensatoren.
Folienkondensatoren altern nahezu vernachlässigbar.

Achja bei "Altern" und "Elektronik" redet man üblicherweise in Zeiträumen von mindestens 10-20 Jahren Standzeit, bevor sich da groß was tut. Bei entsprechender normaler Lagerung (~15-20 °C, 30-50 % Luftfeuchte)...
 
zugespitzt: elektronikartikel sind gebrauchsgegenstände und eignen sich nicht gerade als familienerbstück.

also: bei gebrauchten, nicht rein mechanischen objektiven sollte man von einem deutlichen preisabsschlag ausgehen, allein schon durchs alter unabhängig von der nutzung.

verrate uns doch mal um welches es geht und wieviel verlangt wird.
 
Unabhängig davon, dass ich zum fachlichen Bereich der Frage eigentlich nichts Konkretes, ausser meiner langjährigen Erfahrung beitragen kann (>> es ist noch nie eins meiner Objektive durch Nichtgebrauch schlechter geworden oder gar kaputtgegangen) - möchte ich mich für den wirklich witzigen Beitrag des TO bedanken! Wortwahl und Satzbau vom Feinsten!
Danke!
:top:
Gruß NL
 
Grundsaetzlich sollte man die Objektive schon mal so alle paar Monate etwas bewegen, also Fokusring drehen, Blendenring ... damit alles geschmeidig bleibt. Und auch mal an die Kamera setzen, wegen der elektrischen Kontakte.

Den Blendenring sollte man so stellen, dass die Blendenfeder entspannt ist, also normalerweise auf die kleinste Blende.
 
Bis hierhin schonmal vielen Dank für eure Antworten.

Im Einzelnen:

@Phiarc: Das "am ehesten kaputt" sind dann die 450 € für "Austausch des AF-Moduls und Justage", oder?

@madeckel: Es geht um ein Nikkor 14-24/2,8. Der Verkäufer will 1300 € dafür haben. In der Bucht oder auch hier würde ich es zwar vlt. für nen Fuffi weniger bekommen, aber ich verlöre die Option, es ihm um die Ohren zu dreschen, wenn ich damit unzufrieden bin (er wohnt gegenüber unten links).
Neu bekäme ich das Objektiv beim einem bloden örtlichen Händler mit Daumenschrauben für 1600.
300 haben oder nicht haben sind für mich aber überlegenswert viel Geld...

@Nikonlover: Danke für die Blumen :)

@blende7: Meiner analogen Ausrüstung (R6) lasse ich diesen Luxus regelmäßig angedeihen. Zu manchen Gelegenheiten führ ich sie noch aus, meistens mit 80/1,4, der Rest der Mannschaft führt eher ein Schattendasein und wird halt im Rahmen der Pflegeversicherung leidlich mitversorgt.
Vielen Dank für den sehr einleuchtenden Tipp mit der entspannten Blende - darauf hatte ich bislang nicht geachtet.
Bei meiner sofort eingeleiteten Überprüfung musste ich leider feststellen, dass sich alle Kameraden in ziemlich verspanntem Zustand befanden. Das habe ich umgehend korrigiert.
Trotzdem tun sie noch, was sie sollen..

Wenn ich mir Phiarcs nachvollziehbare Aussage von 10-20 Jahren Standzeit vor Augen halte, versuche ich, meinen innerlichen Philosophen zu fangen. Um euch das nicht anzutun, beende ich jetzt meinen Post. Sonst schmeiss ich noch die Leica weg, weil sie viel zu alt ist^^

Martin
 
@Phiarc: Das "am ehesten kaputt" sind dann die 450 € für "Austausch des AF-Moduls und Justage", oder?

Naja Bastler wie Nightshot u.a. und auch ich würden nur das Flexprint auswechseln, sofern es das als Ersatzteil gibt (meistens/immer der Fall). Ein Austausch des AF-Motors ist dann eigentlich nicht nötig, eine Justage kann je nach Objektiv dann sehr sinnvoll sein...
 
Mal noch ne kleine Frage zu der Blendensache .. mit "kleiner Blende" ist nun kleine Öffnung oder kleine Blendenzahl gemeint?

Rein aus Interesse für meine eigenen Objektive
 
Also ich betätige bei meine Nikon Objektiven die, seit dem Kauf einer Fuji, eher selten benutzt werden, regelmäßig den Blendenhebel so das die Lammeln nicht verharzen können weiterhin drehe ich den Forcusring und bei Zoomobjektiven verändere ich zusätzlich die Brennweite.
Da die Objektive in einem Tresor stehen achte ich darauf das die Luftfeuchtigkeit bei nicht über 30% ist dieses erreiche ich mit einem Luftentfeuchter.
 
Alte Objektive altern auch moralisch. Ein damals optisch Superobjektiv ist im Vergleich zu aktuellen Objektiven relativ schlechter geworden, da selbst einfache aktuelle Objektive mit moderneren Methoden berechnet und mit präziserer Fertigungstechnik als früher hergestellt wurden.

Es scheint also, das ältere Objektive schlechter geworden sind (gealtert), aber diese sind gleich geblieben, nur die aktuellen Objektive sind besser geworden.

Es gibt aber auch echte Alterungsvorgänge, z.B.:
- bei zu feuchter Lagerung "Glaspilz" (nicht das Glas wird verpilzt, sondern der Klebstoff zwischen zwei verklebten Linsen)
- Kontaktflächen korrodieren mit der Zeit. Das ist ja aus der Computer- und Audiotechnik bekannt. Bessere Kabel haben deshalb vergoldete Kontakte. Das spielt aber bei rein mechanischen Linsen keine Rolle.
- viele Kunststoffe altern und werden zumeist spröde, besonders schnell durch UV-Strahlung, aber auch z.B. PVC durch Ausgasen des Weichmachers oder andere Thermoplaste durch langsames Vernetzen. So werden z.B. auch Isolierungen von Drähten spröde, wenn diese aus PVC bestehen.
- Hosenbandkabel bzw. entsprechende Leiterfolien sind bewegliche Kabel. Trotzdem altern diese bei häufigem Hin- und Herbiegen, da z.B. das Kupfer bei normalen Temperaturen nicht rekristallisiert und damit sich kaltverfestigt. Das passiert aber nur durch häufigen Gebrauch.
- Alle dynamisch beanspruchten Bauteile "altern", da diese nur eine Zeitfestigkeit besitzen. Ingenieure unter Euch haben sicherlich schon mal von einer Wöhlerkurve gehört.
- Mir ist nicht bekannt, dass Linsen geölt oder gefettet werden, also kann das Öl/Fett auch nicht verharzen, es sei denn, der Besitzer wollte dem Objektiv etwas "Gutes" tun.
- Feinstaub, z.B. durch Urlaube in der Wüste, führen zum Verschleiß der Feinmechanik und der Linsenoberflächen (Frontlinse wird matter)
- Vergütungen der Frontlinse werden durch , Luftfeuchte, Salznebel, Feinstaub und falsches Putzen beschädigt

Rein mechanische Objektive altern also in erster Linie bei zu feuchter Lagerung (Glaspilz, Quellen der Kunststoffe), Alterung von Kunststoffen oder Korrossion bzw. Kaltaushärten von z.B. Al-Legierungen. Die Korrossion dieser Metallteile wird begünstigt durch Luftfeuchte und sehr stark durch früheren Einsatz in Salznebel (Aufnahmen an oder in der Nähe einer Meeresküste)

AF-Objektive altern schneller als rein mechanische Objektive (Korrosion der Kontaktflächen, bewegliche "Drähte" bzw. Leiterfolien, Alterung von Kondensatoren, aber auch Alterung der Elektronik durch "Korrosion - Oxydation" und natürliche Radioaktivität bzw. Höhenstrahlung im Flugzeug.

Meine Ausführung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.
 
Alte Objektive altern auch moralisch.
Da ist was dran. Je billiger das Objektiv war, desto schneller. ;)

- bei zu feuchter Lagerung "Glaspilz" (nicht das Glas wird verpilzt, sondern der Klebstoff zwischen zwei verklebten Linsen)
Verklebte Linsengruppen können delaminieren und werden dabei trübe, aber das ist kein Glaspilz. Der lebt auf einer Außenfläche auf dem Glas bz. der Vergütungsschicht.

- Hosenbandkabel bzw. entsprechende Leiterfolien sind bewegliche Kabel. Trotzdem altern diese bei häufigem Hin- und Herbiegen, da z.B. das Kupfer bei normalen Temperaturen nicht rekristallisiert und damit sich kaltverfestigt. Das passiert aber nur durch häufigen Gebrauch.
- Alle dynamisch beanspruchten Bauteile "altern", da diese nur eine Zeitfestigkeit besitzen. Ingenieure unter Euch haben sicherlich schon mal von einer Wöhlerkurve gehört.
(...)
- Feinstaub, z.B. durch Urlaube in der Wüste, führen zum Verschleiß der Feinmechanik und der Linsenoberflächen (Frontlinse wird matter)
- Vergütungen der Frontlinse werden durch , Luftfeuchte, Salznebel, Feinstaub und falsches Putzen beschädigt
Bei Nicht-Gebrauch? (Threadtitel)

- Mir ist nicht bekannt, dass Linsen geölt oder gefettet werden
Dann muß Dir halt jemand mitteilen, daß Objektive Fett enthalten können. Hiermit geschehen.
 
@indyjones

altern eigentlich Threads, die nahtlos aus der Versenkung hervorgeholt werden.....

Für dich auf jeden Fall den heutigen Ehrenpreis gegen das Vergessen alter Threads!
 
- Mir ist nicht bekannt, dass Linsen geölt oder gefettet werden,

Die beweglichen mechanischen Teile älterer Konstruktionen sind sehr wohl gefettet.
Heute wird großteils auf selbstschmierende Materialien gesetzt. Bei neueren Objektiven und Kameras (grob alles mit AF) kann man sich das regelmäßige Bewegen in der Tat sparen.
 
Hi!

Und dann ist da noch ein wesentlicher Punkt der Alterung:

Die Kunststoffe schrumpfen mit der Zeit.

Unterschiedlich stark...

Wer hat noch keine Zoomoptiken der ersten AF-Generation in der Hand gehalten deren Tuben wackeln und klappern?

Das ist nicht alles Verschleiß!

Meine SLR-Objetive lagen 10 Jahre gut im Koffer ohne bewegt zu werden.

Das Pentax 28-80 Zoom klappert und wackelt, tat es früher nicht.

Am Tokina-ATX tut sich nix.

Die EF-Amateurzooms der ersten analogen Zeit haben allesamt nur noch Wurfpassungen. Die waren doch neu nicht so schecht oder?

Ich habe ein Projektionsobjektiv da ist der Tubus geplatzt weil der Tubus schrumpfte, die Linsen nicht!

Ein 45 Jahre altes Zeiss-Objektiv kann man an eine aktuelle Cam adaptieren. In 45 Jahren sind unsere Objektive wohl zu Staub zerfallen. Kümmert mich eher weniger, aber 20 Jahre sollte sowas schon tun.

! da baffe
 
Die beweglichen mechanischen Teile älterer Konstruktionen sind sehr wohl gefettet.

Wer Feinmechanik ölt oder fettet, ist ein technischer Idiot, --> auch nicht mit Silikonöl. Diese "Weisheit" ist nicht neu, sondern viele Jahrzehnte bekannt. Zumindest in langjährigen Hightech-Industrieländern wie Japan und D dürfte das Allgemeingut der Ingenieure sein. In den USA, Russland und Südkorea könnte das zumindest in der jüngeren Vergangenheit noch z.T. nicht geläufig gewesen sein. Die USA und Russland sind nun nicht unbedingt die Spitze der Ingenieurskunst. Südkorea dagegen hat in den letzten Jahren einen gewaltigen Sprung im technischen Niveau gemacht, insbesondere Samsung.
 
Die Kunststoffe schrumpfen mit der Zeit.

Ich hatte schon einige Beispiele für die Alterung von Kunststoffen gebracht:
- Ausgasen von Weichmachern z.B. in PVC (spröder, schrumpfen)
- Erhöhung des Vernetzungsgrades von Thermokunststoffen (spröder, schrumpfen)

weiterhin:
- chemische Alterung (Korrosion, "Lösemittel" u.a.) - das Altern von Gummi ist ja allgemein bekannt und Gummi ist auch ein Kunststoff (auch Natur-Latex, denn auch der ist künstlich vernetzt)
- biologischer Angriff von Kunststoffen
- Schädigung durch UV-Strahlung, Röntgenstrahlung ... (spröder, schrumpfen, Zersetzen)

Sicherlich gibt es weitere Schädigungsmechanismen, z.B. die Luftfeuchte. Kunststoffe können in begrenztem Maße wie ein Schwamm Wasser aufnehmen. Bei hoher Luftfeuchte quellen Kunststoffe und bei niedriger Luftfeuchte schrumpfen Kunststoffe
 
Verklebte Linsengruppen können delaminieren und werden dabei trübe, aber das ist kein Glaspilz. Der lebt auf einer Außenfläche auf dem Glas bz. der Vergütungsschicht.

Pilze sind Lebewesen und als Lebewesen brauchen sie einen Baustoffwechsel (für das eigene Wachstum) und einen Energiestoffwechsel zur Aufrechterhaltung der Lebensprozesse. Pilze und Bakterien brauchen zur Energiegewinnung organisches Material oder können z.T. auch anorganische chemische Reaktionen zur Energiegewinnung nutzen und sie haben auch die Grenzen der Kohlenstoffchemie überwunden und "fressen" sogar Silikonverbindungen.

Ich kann mir aber schlecht vorstellen, wie Pilze Glas "fressen" können, da Glas schon aus Oxiden besteht, die nicht einfach weiter "verbrannt" werden können.

Das Gleiche sollte auch für die meisten Vergütungsschichten gelten.

Natürlich können Klebeverbindungen "delamminiert" werden, aber diese können auch "halten", aber "spinnenförmig" durch den sogenannten Glaspilz befallen werden. Der Klebstoff dient als Nahrungsmittel.

Wenn Pilze an der Außenseite einer Fläche leben, deren Material für sie kein Nahrungsmittel ist, dann müssen "Nahrungsmittel" über z.B. die Luftfeuchtigkeit, Aerosole oder Stäube dorthin gelangen oder der Hersteller hat nicht unter Reinraumbedingungen gearbeitet und diese Flächen "kontaminiert", z.B. mit Hautfett.
 
Alte Objektive bestehen oft auch aus AL-Legierungen. Auch AL altert:
- durch Oxydation - mit der Zeit werden Oxidschichten an der Oberfläche dicker
- durch Kaltaushärten --> härter, spröder, Maßänderungen, innere Spannungen
 
WERBUNG
Zurück
Oben Unten