War Wilfrieds Hinweis in dem betreffenden Thread angemessen?
Der beteiligte Moderator hat sich geäussert, warum er sich von dem Vergleich beleidigt fühlte:
Entschuldige bitte, aber Vergleiche der Moderation mit der Inquisition, die zig-tausende Tote aufgrund angeblicher Ketzerei auf dem Gewissen hat, kann ich persönlich weder gutheißen noch tolerieren. ...
Ich bin kein religionsbewanderter Mensch -- aber es hat mich doch interessiert, ob Fraggles' böses Bild der Inquisition so stimmt. Wenngleich es nicht meine Lieblingsquelle ist, so habe ich doch
wikipedia bemüht:
Die Inquisition wurde nur dann tätig, wenn es von kirchlicher Seite für notwendig erachtet wurde. Im Unterschied zu anderen Gerichtsformen ... erhob in einem Inquisitionsprozess ... ein obrigkeitlicher Ankläger Klage von Amts wegen („ex officio“) und im öffentlichen Interesse (Offizialprinzip). ...
In einem Inquisitionsverfahren stand die inquisitio (lat.: Befragung, Untersuchung) zur Ermittlung der möglichst durch Geständnis zu offenbarenden Wahrheit im Vordergrund, und nicht die Anklage. Vor dem Inquisitionsgericht hatten Sachbeweise keine Gültigkeit. Das heißt, zum Beweis von Schuld oder Unschuld gab es nur die Möglichkeit der Aussage von Zeugen, die häufig durch weitere Zeugenaussagen gestützt wurden. Durch diese Verfahrensweise dauerten die Inquisitionsprozesse oft sehr lange. Als oberstes Beweismittel wurde ein Geständnis angestrebt.
Die Inquisitionsprozesse waren im Vergleich zur späteren Hexenverfolgung (auch in protestantischen Gegenden) im zeitgenössischen Rechtswesen verhältnismäßig fair. Ein Angeklagter hatte z. B. das Recht, seine Feinde aufzuzählen und wenn diese mit den Anklägern identisch waren, wurde die Anklage niedergeschlagen. Falsche Ankläger wurden hart bestraft. Die Mehrheit der Fälle wurde nicht mit dem Tod bestraft, sondern es wurden entweder gute Werke wie Gottesdienstbesuch, Stiftungen oder Wallfahrten, bisweilen aber auch harte Bußen verordnet. Teilnahme an Kreuzzügen, Geldbußen, Pranger oder das Tragen von Ketzerkreuzen (farbigen aufgenähten Stoffkreuzen) waren häufige Strafen.
Wenn ich das lese, dann hat Wilfried genauso Unrecht mit seinem (ja abgebrochenen) Vergleich, wie Fraggles mit seiner Behauptung, die Inquisition habe "zig-tausende Tote aufgrund angeblicher Ketzerei auf dem Gewissen".
Warum das Forum keine inquisitorischen Züge hat
Viele der aufgezählten Merkmale eines Inquisitionsprozesses treffen auf die hiesigen Strafmassnahmen nicht zu: So wird ein "Angeklagter" hier nicht gehört, er bekommt ohne Verfahren seine Strafe präsentiert.
Die "Gerichtsbarkeit" wird ausgeübt, wann immer ein Moderator meint, dass es angemessen ist -- und er kann sich selbst als "Richter" einsetzen.
Auch werden falsche Ankläger nicht bestraft.
Warum Wilfrieds Satz keine Beleidigung darstellen kann
Im vorliegenden Fall hat sich der Moderator durch eine -- wie ich meine -- offenkundige Unkenntnis der Bedeutung des verwendeten Wortes beleidigt gefühlt. Die darauf basierende Strafe für Wilfried hat also in nichts weiter ihre Grundlage, als in einer individuell gefühlten Beleidigung, die bei besserer Sachkenntnis niemals als eine solche hätte eingestuft werden dürfen.
Wie es weitergehen wird
Da es hier keine Rechtsmittel (nicht einmal gegen Wilkür) gibt, wird Wilfried seine Strafe absitzen müssen. Von einer freiwilligen Änderung der Strafmassnahme oder gar einer Entschuldigung wird man nicht ausgehen können, wenn man die bisherige Praxis bei der Verhängung der Forumsstrafen in Betracht zieht.
Meine Einschätzung
Es wird nicht besser werden. Mahner werden weiterhin angegriffen werden. Die Forumsverantwortlichen zeigen sich beratungsresistent.
Was weiten Teilen der Moderatorenschaft abgeht, ist der Versuch, mehr zu machen als nur zu verwalten. Sicher kann man "die Meute" mit rigiden Massnahmen im Zaume halten -- und wenn dann das 5000-Beiträge-pro-Tag-Argument kommt, dann ist die sicher sehr beeindruckt von der Leistung der Verwalter.
Moderation ist letztlich nur das falsche Wort für das, was hier gemacht wird. "Aufsicht" träfe es sehr viel besser.
Wenn Wilfried also von einem Aufseher ausgesperrt wurde, dann passt das doch. Vor einem Aufseher kusche ich (und das tue ich hier ja auch meistens). In einem Moderator sehe ich jemanden, der verschiedene Interessen partnerschaftlich begleitet. Das habe ich hier aber noch nie erlebt.
-Frank