So, ich werde nun noch einmal versuchen, meine Haltung zu dem Thema darzulegen. Ich spreche
nur für meine mich, nicht für die anderen User hier, die dieses Bild und noch mehr die des Threads "
inszenierungen [nichts für das schwache gemüt]" nicht "gut" finden.
Mir persönlich geht es dabei
nicht um die technische Arbeit (Fotografie und Bildbearbeitung), die finde ich besonders im anderen Thread sehr gut. Ich fasse beide Threads in meiner Antwort zusammen, weil es (was
mich betrifft) ums selbe Thema geht.
Es ist nicht leicht jemandem, der Kritik an solchen Bildern verlacht oder kopfschüttelnd zur Kenntnis nimmt, zu erklärten um was es einem geht. Ich versuche es trotzdem. Vielleicht ist es hilfreich, wenn ich mich nicht zu wehren versuche gegen den Vorwurf von Schwachsinnigkeit, die Vergleiche mit dem Nationalsozialismus, den Verdacht der versuchten Verdrängung oder der heimlichen, aber verleugneten Lust daran. Oder dem Vorwurf halt schon ein wenig alt zu sein. OK, vielleicht stimmt das ja alles und ich bin so. Dann erzähle ich euch, was sich ein schwachsinniger, faschistoider, verklemmter, sich selbst verleugnender Opa denkt. Wem's nicht interessiert, der kann genau an dieser Stelle zu lesen aufhören: |
Ich meine, es geht um die alte Diskussion ob die Beschäftigung und das teilweise, geordnete, legale und sublimierte Ausleben von an sich für gewöhnlich gesellschaftlich unerwünschten Verhaltensweisen ein harmloses Ventil für diese Energien ist oder ein Anheizen und Verbreiten.
Konkret in den Bildern beider Threads sind diese Energien, die
ich spüren kann, Gewalt, Hass, Verletzung, Demütigung, sexuelle Mordlust (bei
Bild 4 von fehlfarbe), Zerstörung und ähnliches. Ich habe den Begriff "Nekrophilie" verwendet (was mir vorgeworfen wurde). Ich habe schon bei der ersten Verwendung dieses Wortes auf die Erklärung bei
Wikipedia verwiesen, weil ich sicher gehen wollte, was ich meine. Zugegeben, es war trotzdem (in diesem Thread) vorerst missverständlich. Und wer meinen Vorwurf absurd fand und das mit gehöriger emotioneller Kraft ausdrücken wollte, hat natürlich unterstellt, ich hätte faniwups und fehlfarben unterstellt, sie hätten Vergnügen an sexuellen Handlungen mit Leichen. Das wollte ich nicht sagen. Ich habe die erweiterte Definition des Begriffes Nekrophilie verwendet, die Erich Fromm beschrieben hat. Ja, ich habe vor vielen Jahren sein Buch "Die Anatomie der menschlichen Destruktivität" gelesen, als ich in der Zivildienst- und Desserteursberatung tätig war. (Nur zur Information: Ich habe vor dem Zivildienst auch den Wehrdienst abgedient. Ich weiß daher aus eigener Erfahrung mit welchen (psychologischen) Methodem in unserer Kultur versucht wird, einem das Töten – ich finde eigentlich das Wort "Morden" passender – beizubringen.) Ich habe mich bezogen auf eine gewisse Neigung zur Zerstörung, die in diesen Bildern sichtbar wird. Besonders hier bei faniwups, die das nicht versteht und sich auf "eyecatcher" und "styling" beruft. Klar ist das Styling. Das ist ein Stil. Wenn sich die Männer die Haare scheren, dann drückt das auch etwas aus. Wenn sie sich die Haare wachsen lassen, drückt es etwas anderes aus. Im ersten Fall, sagen wir einmal gekürzt, Männlichkeit (negativ "Machismo"), im zweiten Ablehnung davon und Hinwendung zu weiblicheren Anteilen seiner Person (negativ "Softie").
Wenn also einer lieber Wände und Teppichmesser mit Kunstblut bekleckert (fehlfarben) oder eben Wangen (faniwups) statt Kirchenfotos oder Blümchen aufzunehmen, dann bedeutet das etwas. Es sagt etwas aus über diesen Menschen. Natürlich ist er damit nicht erschöpfend ausgedrückt, aber auch nicht bedeutungslos. Um das so zu sehen, muss ich kein Psychologe sein, auch kein Möchtegernpsychologe, auch kein Pädagoge. Ein wenig Einfühlungsvermögen und Sensibilität reichen aus.
Interessanterweise stören mich die viel krasseren Bilder von fehlfarben weniger als dieses hier von faniwups, weil ich die von fehlfarben bei aller Inszenierung für realistischer halte. Es bleibt offen, ob er meint, wie gerne er doch auch einmal die Macht über Leben und Tod eines anderen Menschen haben würde (oder wie gerne er dieser Macht unterworfen wäre) oder wie schrecklich er es findet, dass solche Szenen wahrscheinlich täglich, wenn nicht stündlich irgendwo auf der Welt passieren. Bei faniwups bleibt für mich kaum etwas offen. Sie findet es schick, jemandem künstliches Blut unters Auge zu schmieren ("Styling"). Ist bei ihr irgendwie geil, wie man so schön sagt. (Da hätten wir auch gleich den sexuellen Touch.) Gewalt, Verletzung, Zerstörung als Modegag, als Stil, als Aufmacher. Das finde ich nun ja wirklich vollkommen daneben. Das empfinde ich als Verhöhnung der Leute, denen das wirklich geschieht, denen wirklich Blut aus den Augen läuft. (Man muss sich nur vorstellen, in dieser Aufmachung, sagen wir im Irak, herumzulaufen. Vielleicht wird dann verständlicher, was ich meine.)
Was ich auch
weder gesagt,
noch gemeint habe, ist, dass faniwups oder fehlfarben dafür verantwortlich wäre, wenn Jugendbanden raubend (oder auch prügelnd) durch die Straßen ziehen.
(Da ist etwas, das geschieht: Mein Sohn wurde bereits drei Mal in Wien und Umgebung überfallen und beraubt.) Ich wollte auch nicht sagen, sie seien an Amokläufen schuld, oder am 3. Weltkrieg oder am Selbstmord des nächsten 14-Jährigen. Es geht nur um
die selbe Energie: Gewalt und Zerstörung.
Ist es gleichgültig, diese Energien, wie ich sie nun einmal mangels eines besseren Wortes benenne, auszudrücken, zu inszenieren, zur Mode zu machen? Oder ist es befreiend, weil sie eine geordnete, harmlose und ungefährliche Beschäftigung mit schrecklichen Geschehnissen, die nun einmal wirklich sind, gestattet? Oder ist es ein Anfang hin zur Tat, eine Gewöhnung an das Furchtbare, eine Abstumpfung? – Das sind für mich gesellschaftliche, nicht persönliche Fragen. Ich meine nicht, ob man nun befürchten sollte, dass sich fehlfarben bald erhängt oder faniwups demnächst ins Auge sticht. Ich meine, ob es nicht Zeichen sind für eine zunehmende gesellschaftliche und politische Bereitschaft dafür zu sorgen, das diese Bilder bald auch wieder einmal zu unserer persönlichen, unmittelbaren Wirklichkeit gehören. Schließlich sollen ja die EU-"battlegroups" in fast aller Welt morden um "unsere" wirtschaftlichen Interessen zu vertreten, wie man im vorerst gescheiterten EU-Verfassungsentwurf nachlesen kann.
(Ja, ich habe ihn gelesen.) Zur Verdeutlichung: Nein, ich glaube nicht, dass es faniwups und fehlfarbens Interesse ist, die Akzeptanz gegenüber mordenden Soldaten aus Europa zu fördern. Aber tun sie es nicht unabsichtlich? Beschwören sie nicht diese "Energien" herauf? Wird es nicht zunehmend eine Möglichkeit, nicht gerade der Lebensgestaltung, aber der akzeptablen Wirklichkeit, das Schreckliche selbst zu erleben?
Mir fällt dann auch die Geschichte mit den Killerspielen und den Amokläufen ein. Nein, ich glaube nicht, dass jeder Spieler bald zum Mörder werden wird; ja, ich glaube, dass die Akzeptanz solcher Spiele ein erschreckendes Zeichen zunehmender Gewaltbereitschaft ist.
Mich erschreckt es. Ich habe kein gutes Gefühl, wenn 5 junge Ex-Jugoslawen beim "Saturn" an der Spielkonsole stehen und Egoshooter spielen. Warum tun die das? Warum spielen sie nichts Harmloses? Ist es ihre Art mit dem Entsetzen und der Demütigung des Jugoslawienkrieges fertig zu werden? Ist es eine Art "Therapie"? Oder ist es einfach, was sie gelernt haben: Sei stärker als dein Gegner, brutaler und schneller, dann spritzt sein Blut und nicht deines. Wollen sie
das wenigstens im Spiel erreichen? Ist es ein Training für den nächsten Krieg?
Ich weiß nicht, ob es so ist. Aber ich halte das Thema für zu gefährlich, um nicht daran zu denken. Ich finde es nicht lustig und auch nicht hilfreich, sich in Zynismus und Verspotten der Gegner der in diesen beiden Threads gezeigten Bilder zu retten, wie das manche User hier getan haben. Ich verstehe es, denn bei starken Emotionen ist es auch das, was mir auf der Zunge liegt, um meinem Gegner klar zu machen, wie wichtig mir meine Meinung ist. Hilfreich zur Kommunikation ist es natürlich kaum.
Das sind die Fragen und Themen, die mir durch den Kopf gehen, wenn ich diese Bilder sehe. Ich weiß schon, dass man sich auch jetzt noch wunderbar über mich und meine Meinung lustig machen kann (oder sogar noch bessser, ich habe schließlich mehr preisgegeben), aber es war mir wichtig, sie so gut und deutlich, wie es mir grade möglich ist, darzustellen.