Ich habe nicht behauptet, Künstler würden keine Auftragsarbeiten annehmen.Darin liegt schon ein Irrtum. Selbstverständlich nehmen auch Künstler Auftragsarbeiten an.
Wenn ein Künstler einen Auftrag annimmt, und der damit verbundene Aufwand ist immens, dann wird natürlich auch er ein hohes Augenmerk auf die Funktion seiner Werkzeuge legen.
Beispiel: Jürgen Teller bekommt den Auftrag, oder auch nur die Gelegenheit, Putin zu porträtieren. Dafür hat er einen Termin von zwei Stunden. Diese Gelegenheit ergibt sich nie wieder (wie eine Hochzeit für das Hochzeitspaar). Meinst du, der greift zu einer ungeprüften Kamera? OK, der hat vielleicht zwei Assistenten, die hinten einen Satz 262 am Laptop nach Herz und Nieren getestet haben und die dann dem Meister nach vorne gereicht werden.
So, wenn man nun nicht Jürgen Teller heißt, sondern eine Nummer kleiner ist, könnte man auf die Idee kommen, Assistent zwei einzusparen und selbst vorher einen Probeschuss mit kontrollierendem Blick auf ein vorhandenes Display zu machen. Das ist eine Sache von zwei Sekunden. Zwei Sekunden für die Gewissheit, dass was korrekt belichtet auf einem Chip landet bei dem Shooting. Ziemlicher Irrsinn eigentlich, ohne Notwendigkeit darauf zu verzichten.
Oder er macht dieses Risiko zum Konzept. Heutzutage ist, wie oben schon gesagt, das Konzept oft Teil der Kunst, oder das ganze Kunstwerk. Dazu muss dann natürlich erzählt werden, wie die Fotos entstanden sind. Ob das nun ausreichen würde, um die Fotos von anderen abzusetzen, ist eine andere Frage. Aber vielen Fotos (und auch anderen Kunstwerken), die für sich den Status Kunst beanspruchen, liegt so ein Konzept zugrunde, das man kennen muss. Ohne die Kenntnis versteht man es nicht.
Ein schönes Beispiel: Fotograf Paul Ripke, der Sportfotos mit einer Leica gemacht hat, also einem Fotoapparat, der gemeinhin für Sport als ungeeignet gilt. Die Bilder werden durch den Prozess, dass sie mit der M gemacht wurden, zu etwas besonderem. Man muss das aber halt wissen. Damit es möglichst viele wissen, ist er ja für alle erkennbar mit dem Teil über den Rasen gerannt. Vermutlich hätte man die Fotos auch mit einer Canon machen können. Aber mit einer Canon läuft da jeder herum. Seine Fotos hat er durch die Leica künstlerisch aufgewertet. Sie sind zumindest auch darum in aller Munde.