Schmerzenreich, ich finde Deine Kritik etwas überzogen.
Zunächst einmal sollten wir festhalten, dass der TO sich bei dem Bild Gedanken gemacht hat: Was möchte ich ausdrücken? Wie kann ich es ausdrücken? -- und dann die Linienführung beachtet und auf den richtigen Moment gewartet. Finde ich doch sehr löblich, wenn jemand wenigstens versucht, mit seinen Bildern etwas auszudrücken, etwas zu fragen, und mehr vom Betrachter anzusprechen als bloß primären und sekundären okzipitalen Kortex.
Ob das gelungen ist, ist natürlich eine andere Frage. Für mich persönlich ist das Foto jetzt kein eyecatcher, ich vermute, dass es vielen ähnlich geht. Doch ich finde, es ist auf einem guten Weg.
Und zum Thema "man sieht sowas ja öfter": Ja, Obdachlose (mal unterstellend, dass es einer ist) sieht man öfter, aber selten schlafend am hellichten Tag mitten auf dem Gehweg. Ist schon noch mal 'ne andere Sache, meiner Meinung nach. Ich will jetzt auch keine politische Diskussion vom Zaun brechen, aber "[es] gibtauch für diese Leute genug Möglichkeiten in unserer Gesellschaft, ein Dach und vielleicht auch Arbeit zu finden" stimmt mit Sicherheit nicht immer, es gibt auch Fälle, die ganz "unfreiwillig" -- im Gegensatz zu manchen Punks oder so -- auf der Straße landen.
Was der TO für die Person getan hat, finde ich völlig irrelevant. Oder möchtest Du jetzt anfangen, über die ethische Vertretbarkeit von Reportagefotografie zu diskutieren?
Was mir übrigens auffällt an dem Foto ist, dass der Mann auf einem Lüftungsgitter oder sowas liegt, als wäre das eine besondere Schlafstätte, eine Matratze, ein Kasten, ein abgeschlossenes Gebiet. Übertragen: Der für ihn angedachte, gelassene Platz. Das hätte man noch stärker betonen können, finde ich. Hätte mich von frontal und relativ weit oben mit dem Tor im Hintergrund vielleicht mehr berührt, auch, weil es eine weniger direkte Andeutung (und damit Kritik an der Gesellschaft --> am Betrachter) wäre. Aber auch so sehr schön gesehen.