Gast_59597
Guest
Das Fotografieren auf Demos war schon vor 30 Jahren (da hab ich meine erste Demo fotografiert, Brokdorf) was besonderes.Von Demos brauchen wir da gar nicht erst anfangen...
Aber das ist eh ein Thema für sich![]()
Aber auch da hat sich entscheidend was geändert - was übrigens recht bezeichnend für die Gesellschaft ist:
1977 oder 1982 hatte man als Pressefotograf auf Demos an zwei Fronten zu kämpfen:
Militante Demonstranten hielten jeden Kamerabesitzer für einen Agenten des Verfassungsschutzes und gaben sich wohlig einer schweren Paranoia hin, mißverstehend, daß "Demonstration" auf Deutsch soviel wie "sich zeigen" heißt...

Polizisten hielten speziell Pressefotografen für verkappte Linke, Anti-AKW-Gegner, jedenfalls für die "Gegenseite". Außerdem waren sie völlig ungeübt mit Konfliktvermeidungsstrategien.
2009 hat sich die Lage deutlich verändert:
Militante Demonstranten halten jeden Kamerabesitzer "irgendwie Fascho" und geben sich wohlig einer schweren Paranoia hin, ohne überhaupt irgendwas zu kapieren...

Polizisten sind heute Profis für das Handling von Großlagen, da steht keiner mehr, der nicht durch die Einsatzausbildung mit Rollenspielen gegangen ist. Die ignorieren locker grinsend Attacken, bei denen ihre Kollegen vor 30 Jahren zwei Magazine leergeschossen hätten. Und bei jeder größeren Demo ist mindestens ein "Presse-Kontakt-Beamter" dabei, mit dem man auch tatsächlich was anfangen kann, und auf den seine Kollegen auch hören - nach dem Motto: "Um die Presse kümmert sich der, mit der müssen wir uns nicht mit befassen."
Man könnte es auch brutaler ausdrücken: im selben Maße, wie die Polizeibeamten bei Demos professioneller und zivilisierter geworden sind, sind zumindest Autonome, "Antifas" und "Schwarzer Block" immer dämlicher und immer beschränkter geworden. 1979 hätte Dir jeder zweite Anti-AKW-Demo-Teilnehmer einen zumindest halbwegs kompetenten Vortrag über die Gefahren der Kernernergie halten können. 2009 mußt Du davon ausgehen, daß jeder zweite "Antifa-Demonstrant" nicht weiß, wann der 2.Weltkrieg war und denkt, die Berliner Mauer sei von den Amerikanern gebaut worden, um Vietnamesen in Guantanamo einzusperren, und jeder vierte weiß sowieso überhaupt nicht, warum da demonstriert wird - Hauptsache Action, und man kann ein paar Paletten Dosenbier aus der Tankstelle plündern.
(Edit: fehlendes Wort ergänzt.)
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