Das ist richtig, das hat was mit der Wahrnehmungspsychologie zu tun. Ist übrigens egal, ob es optischer oder ein elektronischer Sucher ist.
Wenn du durch einen Durchsichtsucher guckst, schaust du auf das Motiv eher so wie du die Welt ohne Kamera betrachtest. Die Augen haben in der Mitte einen scharfen Spot und tasten ihr Umfeld sozusagen ab. Der Eindruck wird im Gehirn zusammengesetzt. Ein fertiges Foto wirkt aber anders, als Ganzes, darum muss es komponiert werden. Es kommen dann noch kulturelle Wertungen dazu, wann ein Foto als gelungen gilt, als schön empfunden wird. Vieles davon ist gelernt und keineswegs naturgegeben. Wenn wir die Welt mit unseren Augen sehen, gibt es keinen Goldenen Schnitt. Wir müssen also ein Foto komponieren. Wenn man das künftige Bild aus der Distanz sieht, also wie auf großen Rückdisplay oder dem Lichtschachtsucher analoger Mittelformatkameras. Man betrachtet die Vorschau wie später das fertige Foto.
Beispiel: Der Fotograf sieht das dolle Bergpanorama. Er hat seine Augen schweifen lassen und die ganzen Gipfel mit vielen Spots quasi gescannt. Im Hirn wird ein super Eindruck zusammengesetzt. Das will er auf ein Foto bannen. Damit alles drauf passt, schraubt er das Superweitwinkel drauf. Ein Blick auf das Display zeigt: Das Bild sieht öde aus. Die tollen Berggipfel irgendwie nur kleine Zipfel, die gar nicht mehr grandios aussehen und hauptsächlich ist auf der Foto nichts. So geht es also nicht, es muss was getan werden an der Komposition. Wenn der Fotograf durch den Sucher guckt, sieht er die Bergkulisse wieder eher so wie in Natura. Er denkt sich super! Klick. Aber das fertige Foto wird leider öde. Darum erfordert das Fotografieren durch einen Durchsichtsucher mehr Abstraktion. Man muss sich mehr vorstellen können, wie es später wirken wird. Darum haben früher Fotografen, wenn es möglich war, den Lichtschacht genutzt und darum sehen heute Smartphonebilder besser aus als Ommas aus der Agfa-Pocket. So passierte der typische Fehler, dass Füße abgeschnitten wurden oder die Person unglaublich verloren vor dem Baudenkmal steht. Das Hirn sah durch den Sucher nur die Person und hat die fehlenden Füße ausgeblendet. Aus der Distanz eines Rückdisplays oder eines Lichtschachts fällt einem das vorher auf.