Hast du Angst auf Leute zuzugehen und zu fragen oder sind deine Bilder so schlecht, dass eh jeder einer Veröffentlichung zustimmen würde?
Es geht doch garnicht darum, ob man Angst hat, Leute anzusprechen. Das ist doch nur ein plumpes Totschlagargument.
Es geht um ganz andere Dinge, die einen davon abhalten, Menschen auf der Strasse - auch nachdem man sie fotografiert hat - anzusprechen, um eine Veröffentlichungsgenehmigung einzuholen.
Und das ist schlichtweg der enorme Zeit- und etwaige Diskussionsaufwand - vor allem in Deutschland, dem Land der massenweise verpixelten Häuser in Google Street View -, den man möglicherweise für jedes seiner menschlichen Motive aufbringen müßte. Und der einen vor allem aus der eigenen Konzentration und mentalen Stimmung reisst, in die man sich selbst stets versetzt, um seine jeweils eigene Sichtweise dessen, was um einen herum passiert, zu erzeugen und auch über einen gewissen Zeitraum hinweg bei zu behalten.
Sprich: es geht darum, seine eigene Konzentration beim Fotografieren behalten zu können. Würde ich nach jedem Schnapschuss, den ich während eines City-Streifzuges mache, mich auch nur annähernd auf solch eine Diskussion, wie sie hier geführt wird, einlassen müssen, würde ich diese Konzentration alle Nase lang verlieren, und könnte diese Art der Fotografie gleich völlig einstellen.
Oder was ich dann fotografiere, weil ich garnicht mehr konzentriert bin, geht erst recht in die Hose, und trägt den Menschen, die ich ablichte, nicht mehr im Geringsten Rechnung. Ich lasse mich - auch wenn es nur für Sekunden ist - auf die Menschen ein, die ich fotografiere. Dazu brauche ich aber eine gewisse allgemeine Grundstimmung, und die Möglichkeit, in dieser Stimmung für eine gewisse Weile quasi meditativ zu verweilen. Gelingt mir das nicht, führt dies genau zu dem, was einem hier als Streetfotografen ständig vorgeworfen wird: Zu mangelndem Respekt gegenüber den Menschen, die ich als Motiv ablichte.
Würde ich mich auf der Strasse hinter einen Maler stellen, der gerade eine Strassen- bzw. Stadtansicht, oder eine (imaginäre) Strassenszene malt, und ihn auffordern, mir jeden einzelnen Pinselstrich und dessen tiefere Intention zu erklären, würde er wohl in kürzester Zeit völlig entnervt seinen Pinsel zerbrechen, seine Palette einpacken, und zusehen, dass er sich möglichst weit von mir wegbegwegt... Oder er würde mir seinen Pinsel einfach ins Auge rammen.