Mapan
Themenersteller
Gestern bin ich durch einen Link, den AndyE wegen zwei Gratis-eBooks lobend bereitgestellt hat, auf 85mm.ch und Thomas Leuthard gestoßen.
(Link zum Beitrag von AndyE trage ich nach, sobald ich wiedergefunden habe)
Thomas Leuthard stellt in insgesamt mittlerweile drei eBooks, die alle gratis sind, Tipps zur Streetphotography zur Verfügung.
Ein paar Worte vorab.. [sozusagen: Anm. d. Redaktion]
Zunächst einmal möchte ich mich AndyE anschließen, dass diese eBooks durchaus nützliche Überlegungen und Tipps - grade für Beginner - enthalten. Dann möchte ich mich auch bei Thomas Leuthard für seine Mühen und die kostenlose Bereitstellung bedanken. Ich möchte dieses Buch jedoch keinesfalls vorbehaltlos weiter empfehlen, da ich einige Widersprüche, grobe Patzer und latente Aufrufe zu Gesetzesverstößen entdeckt habe, die ich hier aufführen werde. Damit möchte ich nicht das gesamte Werk schlechtreden. Aber es wäre ja unsinnig, hier alles widerzukäuen - deshalb beschränke ich mich auf die Kritik. Diese ist auch durchaus als Feedback an den Autor gedacht, wenn er es denn annehmen möchte.
Thomas Leuthard ist Schweizer und fotografiert weltweit. Sein Hauptberuf ist IT-Irgendwas und seine Passion die Streetphotography.
Die drei Bücher werde ich im Verlauf nur noch abgekürzt "Das Erste Buch", "Das Zweite Buch" usw. nennen.
Das Erste Buch leitet in die Streetphotography ein, das Zweite Buch ist später entstanden und soll das Erste ergänzen. Das Dritte Buch schließlich hat nur rund die Hälfte der Seiten der jeweils anderen und ist als Zusammenfassung zu verstehen.
Buchkritik
Die folgenden Kritiken entsprechen nicht der Reihenfolge der Themen in den Büchern, sondern sind lustig unsortiert. Mit einer Ausnahme: Das wirklich Allerwichtigste habe ich mir für zuletzt aufgehoben (rote Überschrift).
"Die Kamera ist nicht wichtig!"
Gebetsmühlenartig wird immer wieder in allen Büchern darauf hingewiesen, dass nicht die Kamera das Bild macht, sondern der Fotograf. Thomas berichtet von vielen Kontakten aus ärmeren Ländern, die mit alten und mittelmäßigen Kameras Street shooten - dass die Ergebnisse oft nicht sehenswert sind, wird nur beiläufig erwähnt.
Im Widerspruch dazu wird darauf hingewiesen, wie wichtig oder wünschenswert folgende Eigenschaften sind: Rasanter AF, zuverlässige Belichtungsautomatik, geringe Gehäusegröße, Unauffälligkeit, HighISO-Fähigkeiten, Serienbildrate, schnelle Bereitschaft. Dazu am liebsten Kleinbildformatsensor, Schwenkdisplay und lange Akkustandzeit.
Nun. Mit diesen Vorgaben kann man sicherlich schonmal 90-95% aller am Markt erhältlichen Kameras aussortieren, und hat natürlich immer noch nicht die Eierlegende Wollmilchsau. Denn die gibt es nicht. Man kann nur einen Kompromiss finden, mit dem man persönlich am besten leben kann.
Ich vermute, die vom Autor gewünschte Aussage hätte lauten müssen: "Es ist egal, welchen Kamerahersteller und welches Modell du wählst, solange die wichtigsten Schlüsselfunktionen vorhanden sind, und du mit dem Kompromiss leben kannst!"
Das kann individuell sehr unterschiedlich sein. Thomas empfiehlt z.B. sich auf eine einzige Festbrennweite zu konzentrieren, die man dafür dann aus der Erfahrung heraus beherrscht. So könnte z.B. für jemanden sogar der AF vollkommen unwichtig werden, wenn er seine Brennweite beherrscht und vorfokussiert.
"Ein Objektiv reicht!"
Dieser Tipp ist sicher für den Einsteiger richtig, damit er sich erstmal damit auseinander setzt. In verlinkten Videos offenbart sich jedoch, dass Thomas in der Realität abweichend handelt. Die "Lüge" steckt in zurückgehaltener Information. Thomas verwendet tatsächlich nur ein Objektiv - aber pro Kamera! Und scheint regelmäßig mit seinen Favoriten unterwegs zu sein. Diese sind: Panasonic GF1 mit 20mm Pancake und Nikon D7000 mit 50mm (~75mm). (Allerdings sagt er auch, dass er 95% aller Bilder mit der Lumix macht)
"Wähle eine 28-35mm FB (KB), wenn das Objektiv fest verbaut ist!"
Diese Aussage beißt sich mit allem anderen, was er sonst schrieb. An seiner GF1 hat er ein ~40mm KB, an der D7000 ein ~75mm KB und für Kleinbildformat-DSLRs (oft fälschlich "Vollformat" genannt) empfieht er gar ein 85mm. Das ist ziemlich weit weg von 28mm, die eher für Gruppenfotos sinnvoll sind, als für Portrait oder gar Portrait-Closeups.
"Go candid! Aber stelle Augenkontakt her!"
Candid heißt übersetzt "aufrichtig, ehrlich, offen" und meint wohl, dass die Streetphotography möglichst ungekünstelte, ehrliche Bilder vom wahren Leben liefern soll, die nicht gestellt sind. Mit Augenkontakt meint Thomas keinen echten Augenkontakt. Diesen vermeidet er tunlichst (siehe weiter unten). Er meint, die Person soll in seine Kamera schauen!
In zwei verlinkten Kurzvideos demonstriert Thomas dann auch seine APPROACH->SHOOT->VANISH Strategie. Dabei hält er im vorbeigehen einem Fremden seine Kamera ins Gesicht, drückt mit Serienbildfunktion ab, und wählt dasjenige Bild, wenn die Person direkt in seine Kamera schaut.
... (Bitte Denkpause einlegen und sich bildlich vorstellen: Was für Bilder wird er so wohl bekommen?)
Und genau so ist es: Das erste Bild zeigt meist eine erschrockene Person, das zweite eine stirnrunzeld, fragend oder verwirrt dreinblickende Person. So sehen dann auch viele (nicht alle!) seiner Bilder aus.. Mit "CANDID" hat das jedoch meiner Meinung nach nichts zu tun... Denn der Fotograf hat dadurch in die Stimmung eingegriffen und diese (stark!) verändert! Unter echtem CANDID würde ich verstehen, dass die fotografierte Person mich erst bemerkt, wenn ich alle meine Bilder im Kasten habe!
"Der P-Modus reicht!"
An seiner GF1 mit 20mm FB (~40mm KB) verwendet Thomas fast ausschließlich den P-Mode. Das ist durchaus ein guter Tipp für Einsteiger, damit diese erstmal ihr Auge entwickeln, statt Gelegenheiten zu versäumen, weil die Technik noch nicht beherrscht wird. An seiner Nikon D7000 bevorzugt er dagegen den A-Mode und Blende 4. So wie Thomas mit der GF1 fotografiert (vorzugsweise 1/100-1/160sec oder schneller, und Offenblendig), könnte jedoch ein A/S/M-Modus mit ISO-Automatik sinnvoller sein - wenn die GF1 diesen hat, hier bin ich nicht ganz sicher. Nun. Das mag aber nunmal sein persönlicher Stil sein, auf mich persönlich(!) wirkt es jedoch auch etwas "faul" und leicht inkompetent, da er so nicht "das Bild schon vor der Aufnahme im Kopf"* haben kann, weil er zuwenig Einfluss nimmt. *(Dies sei sein Aufnahmestil, wie er an anderer Stelle mitteilt)
APPROACH->SHOOT->VANISH Strategie
Thomas will keinen Kontakt mit seinen Motiven aufbauen. Er verhält sich unauffällig in der Masse, schlägt dann kurz und schnell zu und verschwindet. Um sich zu tarnen, schießt er dann ggf. oft noch ein paar Bilder "in die Luft", um seine "Opfer" zu verwirren und möglichen Diskussionen aus dem Weg zu gehen.
Sein Motto ist: "Frage nicht vorher, und auch nicht hinterher", denn er hat Angst davor, aus seinem Flow herausgerissen zu werden, die Bilder ggf. wieder löschen zu müssen und in endlose Diskussionen oder noch schlimmere Situationen zu gelangen.
Das ist soweit ok. Wenn er die Bilder nur als Fingerübung und zum Spass für sich persönlich machen würde...
Streetphotography ist S/W oder Bunt.. Nein, doch SW!
In seinem ersten Buch ermutigt er den geneigten Anfänger, Street nicht nur in SW zu shooten und sich auch nicht an den alten Meistern zu orientieren, sondern einfach rauszugehen und zu shooten. Generell stimme ich da vollkommen zu. Im Zweiten Buch jedoch wird konstatiert, dass echte Streetphotography immer und ausschließlich nur S/W ist (da nur diese Bilder "Seele" haben). Das hält Thomas jedoch nicht davon ab, dort auch bunte Bilder zu zeigen.
„Gesetze sind mir egal, Street geht nur ohne!“
Am deutlichsten macht Thomas dies auf den Seiten 36 und 38 des Dritten Buches. Zwar warnt er halbherzig davor, dass dies teure Konsequenzen haben könnte, entkräftet diese Aussage jedoch direkt dadurch, dass ihm ja in zwei Jahren Street noch nichts passiert ist.
Nun. Das mag so sein. Ich kenne auch ein paar Leute, denen scheint die Sonne aus dem Popo. Und andere, die brauchen nur mal 3min falsch parken und ihr Auto ist abgeschleppt.
Seine laxxen Ausreden kann ich nicht teilen. Ich habe auch schon Street gemacht und die Bilder entweder nur als Fingerübung behalten, oder mir eben ein Release geben lassen. Thomas verweist zwar auf die iPad-App EasyRelease, empfindet sie aber als zu anstrengend. Ich habe diese App und verwende sie für Modelshootings. Dafür ist sie gedacht. Für alles andere ist sie zu aufwendig: Langer Vertrag, viele persönliche Angaben zu machen, etc.
Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: Man nehme ein kleines Taschenbuch, in dessen Deckel man ca. folgendes schreibt: "Ich bin damit einverstanden, dass das von mir erstellte Straßenfoto zu unkommerziellen Zwecken des Fotografen veröffentlicht wird. Im Gegenzug für diese Rechteaufgabe erhalte ich die von mir entstandenen Fotos per eMail.". Auf den Seiten trägt man dann das Tagesdatum als Überschrift ein, läßt jeden Portraitierten seine eMail darunter schreiben und sein Zeichen oder eine Unterschrift machen.
Das ist eigentlich ganz einfach, und funktioniert erschreckend oft und problemlos...
Es sei denn, man hat so einen kruden Ehrenkodex wie Thomas. Er spricht zwar davon, dass er die fotografierten Menschen respektiert, handelt aber komplett gegensätzlich. So veröffentlicht er auch Bilder, auf denen Menschen ungünstig getroffen sind oder sogar ganz offensichtlich nicht fotografiert werden wollten. Siehe Zweites Buch Seite 48, Drittes Buch Seite 37, 45. Natürlich braucht man bei solchen Fotos nicht hinterher auf eine Freigabeerlaubnis zu hoffen!
Fazit
Die Bücher sind schon lesenswert. Sie enthalten einen Zusammenschrieb dessen, was man überlicherweise jedoch auch über ein Forum lernen kann. In etwas konzentrierterer Form, aber sehr redundant. Es wiederholt sich also vieles.
Die Bücher werden gratis offeriert und dies wird damit begründet, dass Thomas seine Passion mit anderen teilen will. Auch jenen, die nichtmal das Geld für einen Flickr Pro Account haben. Das wird sicherlich auch ehrlich so gemeint sein. Willkommener Nebeneffekt dürfte aber auch die Steigerung des eigenen Bekanntheitsgrades sein, sowie Spenden über den Donate-Button. Ehrlicherweise muss man jedoch auch sagen, dass die Bücher bei einem Verlag keine große Chance hätten. Neben den aufgeführten Kritiken liegt dies auch an den insgesamt etwas wenigen Bildbeispielen, die sich in Folgebüchern sogar noch wiederholen! Da hätte ich schon erwartet, nur noch neue Bilder zu entdecken.
(Link zum Beitrag von AndyE trage ich nach, sobald ich wiedergefunden habe)
Thomas Leuthard stellt in insgesamt mittlerweile drei eBooks, die alle gratis sind, Tipps zur Streetphotography zur Verfügung.
- Going Candid... ENG // FR
- Collecting Souls... ENG // FR
- Street Faces ENG
Ein paar Worte vorab.. [sozusagen: Anm. d. Redaktion]
Zunächst einmal möchte ich mich AndyE anschließen, dass diese eBooks durchaus nützliche Überlegungen und Tipps - grade für Beginner - enthalten. Dann möchte ich mich auch bei Thomas Leuthard für seine Mühen und die kostenlose Bereitstellung bedanken. Ich möchte dieses Buch jedoch keinesfalls vorbehaltlos weiter empfehlen, da ich einige Widersprüche, grobe Patzer und latente Aufrufe zu Gesetzesverstößen entdeckt habe, die ich hier aufführen werde. Damit möchte ich nicht das gesamte Werk schlechtreden. Aber es wäre ja unsinnig, hier alles widerzukäuen - deshalb beschränke ich mich auf die Kritik. Diese ist auch durchaus als Feedback an den Autor gedacht, wenn er es denn annehmen möchte.
Thomas Leuthard ist Schweizer und fotografiert weltweit. Sein Hauptberuf ist IT-Irgendwas und seine Passion die Streetphotography.
Die drei Bücher werde ich im Verlauf nur noch abgekürzt "Das Erste Buch", "Das Zweite Buch" usw. nennen.
Das Erste Buch leitet in die Streetphotography ein, das Zweite Buch ist später entstanden und soll das Erste ergänzen. Das Dritte Buch schließlich hat nur rund die Hälfte der Seiten der jeweils anderen und ist als Zusammenfassung zu verstehen.
Buchkritik
Die folgenden Kritiken entsprechen nicht der Reihenfolge der Themen in den Büchern, sondern sind lustig unsortiert. Mit einer Ausnahme: Das wirklich Allerwichtigste habe ich mir für zuletzt aufgehoben (rote Überschrift).
"Die Kamera ist nicht wichtig!"
Gebetsmühlenartig wird immer wieder in allen Büchern darauf hingewiesen, dass nicht die Kamera das Bild macht, sondern der Fotograf. Thomas berichtet von vielen Kontakten aus ärmeren Ländern, die mit alten und mittelmäßigen Kameras Street shooten - dass die Ergebnisse oft nicht sehenswert sind, wird nur beiläufig erwähnt.
Im Widerspruch dazu wird darauf hingewiesen, wie wichtig oder wünschenswert folgende Eigenschaften sind: Rasanter AF, zuverlässige Belichtungsautomatik, geringe Gehäusegröße, Unauffälligkeit, HighISO-Fähigkeiten, Serienbildrate, schnelle Bereitschaft. Dazu am liebsten Kleinbildformatsensor, Schwenkdisplay und lange Akkustandzeit.
Nun. Mit diesen Vorgaben kann man sicherlich schonmal 90-95% aller am Markt erhältlichen Kameras aussortieren, und hat natürlich immer noch nicht die Eierlegende Wollmilchsau. Denn die gibt es nicht. Man kann nur einen Kompromiss finden, mit dem man persönlich am besten leben kann.
Ich vermute, die vom Autor gewünschte Aussage hätte lauten müssen: "Es ist egal, welchen Kamerahersteller und welches Modell du wählst, solange die wichtigsten Schlüsselfunktionen vorhanden sind, und du mit dem Kompromiss leben kannst!"
Das kann individuell sehr unterschiedlich sein. Thomas empfiehlt z.B. sich auf eine einzige Festbrennweite zu konzentrieren, die man dafür dann aus der Erfahrung heraus beherrscht. So könnte z.B. für jemanden sogar der AF vollkommen unwichtig werden, wenn er seine Brennweite beherrscht und vorfokussiert.
"Ein Objektiv reicht!"
Dieser Tipp ist sicher für den Einsteiger richtig, damit er sich erstmal damit auseinander setzt. In verlinkten Videos offenbart sich jedoch, dass Thomas in der Realität abweichend handelt. Die "Lüge" steckt in zurückgehaltener Information. Thomas verwendet tatsächlich nur ein Objektiv - aber pro Kamera! Und scheint regelmäßig mit seinen Favoriten unterwegs zu sein. Diese sind: Panasonic GF1 mit 20mm Pancake und Nikon D7000 mit 50mm (~75mm). (Allerdings sagt er auch, dass er 95% aller Bilder mit der Lumix macht)
"Wähle eine 28-35mm FB (KB), wenn das Objektiv fest verbaut ist!"
Diese Aussage beißt sich mit allem anderen, was er sonst schrieb. An seiner GF1 hat er ein ~40mm KB, an der D7000 ein ~75mm KB und für Kleinbildformat-DSLRs (oft fälschlich "Vollformat" genannt) empfieht er gar ein 85mm. Das ist ziemlich weit weg von 28mm, die eher für Gruppenfotos sinnvoll sind, als für Portrait oder gar Portrait-Closeups.
"Go candid! Aber stelle Augenkontakt her!"
Candid heißt übersetzt "aufrichtig, ehrlich, offen" und meint wohl, dass die Streetphotography möglichst ungekünstelte, ehrliche Bilder vom wahren Leben liefern soll, die nicht gestellt sind. Mit Augenkontakt meint Thomas keinen echten Augenkontakt. Diesen vermeidet er tunlichst (siehe weiter unten). Er meint, die Person soll in seine Kamera schauen!
In zwei verlinkten Kurzvideos demonstriert Thomas dann auch seine APPROACH->SHOOT->VANISH Strategie. Dabei hält er im vorbeigehen einem Fremden seine Kamera ins Gesicht, drückt mit Serienbildfunktion ab, und wählt dasjenige Bild, wenn die Person direkt in seine Kamera schaut.
... (Bitte Denkpause einlegen und sich bildlich vorstellen: Was für Bilder wird er so wohl bekommen?)
Und genau so ist es: Das erste Bild zeigt meist eine erschrockene Person, das zweite eine stirnrunzeld, fragend oder verwirrt dreinblickende Person. So sehen dann auch viele (nicht alle!) seiner Bilder aus.. Mit "CANDID" hat das jedoch meiner Meinung nach nichts zu tun... Denn der Fotograf hat dadurch in die Stimmung eingegriffen und diese (stark!) verändert! Unter echtem CANDID würde ich verstehen, dass die fotografierte Person mich erst bemerkt, wenn ich alle meine Bilder im Kasten habe!
"Der P-Modus reicht!"
An seiner GF1 mit 20mm FB (~40mm KB) verwendet Thomas fast ausschließlich den P-Mode. Das ist durchaus ein guter Tipp für Einsteiger, damit diese erstmal ihr Auge entwickeln, statt Gelegenheiten zu versäumen, weil die Technik noch nicht beherrscht wird. An seiner Nikon D7000 bevorzugt er dagegen den A-Mode und Blende 4. So wie Thomas mit der GF1 fotografiert (vorzugsweise 1/100-1/160sec oder schneller, und Offenblendig), könnte jedoch ein A/S/M-Modus mit ISO-Automatik sinnvoller sein - wenn die GF1 diesen hat, hier bin ich nicht ganz sicher. Nun. Das mag aber nunmal sein persönlicher Stil sein, auf mich persönlich(!) wirkt es jedoch auch etwas "faul" und leicht inkompetent, da er so nicht "das Bild schon vor der Aufnahme im Kopf"* haben kann, weil er zuwenig Einfluss nimmt. *(Dies sei sein Aufnahmestil, wie er an anderer Stelle mitteilt)
APPROACH->SHOOT->VANISH Strategie
Thomas will keinen Kontakt mit seinen Motiven aufbauen. Er verhält sich unauffällig in der Masse, schlägt dann kurz und schnell zu und verschwindet. Um sich zu tarnen, schießt er dann ggf. oft noch ein paar Bilder "in die Luft", um seine "Opfer" zu verwirren und möglichen Diskussionen aus dem Weg zu gehen.
Sein Motto ist: "Frage nicht vorher, und auch nicht hinterher", denn er hat Angst davor, aus seinem Flow herausgerissen zu werden, die Bilder ggf. wieder löschen zu müssen und in endlose Diskussionen oder noch schlimmere Situationen zu gelangen.
Das ist soweit ok. Wenn er die Bilder nur als Fingerübung und zum Spass für sich persönlich machen würde...
Streetphotography ist S/W oder Bunt.. Nein, doch SW!
In seinem ersten Buch ermutigt er den geneigten Anfänger, Street nicht nur in SW zu shooten und sich auch nicht an den alten Meistern zu orientieren, sondern einfach rauszugehen und zu shooten. Generell stimme ich da vollkommen zu. Im Zweiten Buch jedoch wird konstatiert, dass echte Streetphotography immer und ausschließlich nur S/W ist (da nur diese Bilder "Seele" haben). Das hält Thomas jedoch nicht davon ab, dort auch bunte Bilder zu zeigen.
„Gesetze sind mir egal, Street geht nur ohne!“
Am deutlichsten macht Thomas dies auf den Seiten 36 und 38 des Dritten Buches. Zwar warnt er halbherzig davor, dass dies teure Konsequenzen haben könnte, entkräftet diese Aussage jedoch direkt dadurch, dass ihm ja in zwei Jahren Street noch nichts passiert ist.
Nun. Das mag so sein. Ich kenne auch ein paar Leute, denen scheint die Sonne aus dem Popo. Und andere, die brauchen nur mal 3min falsch parken und ihr Auto ist abgeschleppt.
Seine laxxen Ausreden kann ich nicht teilen. Ich habe auch schon Street gemacht und die Bilder entweder nur als Fingerübung behalten, oder mir eben ein Release geben lassen. Thomas verweist zwar auf die iPad-App EasyRelease, empfindet sie aber als zu anstrengend. Ich habe diese App und verwende sie für Modelshootings. Dafür ist sie gedacht. Für alles andere ist sie zu aufwendig: Langer Vertrag, viele persönliche Angaben zu machen, etc.
Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: Man nehme ein kleines Taschenbuch, in dessen Deckel man ca. folgendes schreibt: "Ich bin damit einverstanden, dass das von mir erstellte Straßenfoto zu unkommerziellen Zwecken des Fotografen veröffentlicht wird. Im Gegenzug für diese Rechteaufgabe erhalte ich die von mir entstandenen Fotos per eMail.". Auf den Seiten trägt man dann das Tagesdatum als Überschrift ein, läßt jeden Portraitierten seine eMail darunter schreiben und sein Zeichen oder eine Unterschrift machen.
Das ist eigentlich ganz einfach, und funktioniert erschreckend oft und problemlos...
Es sei denn, man hat so einen kruden Ehrenkodex wie Thomas. Er spricht zwar davon, dass er die fotografierten Menschen respektiert, handelt aber komplett gegensätzlich. So veröffentlicht er auch Bilder, auf denen Menschen ungünstig getroffen sind oder sogar ganz offensichtlich nicht fotografiert werden wollten. Siehe Zweites Buch Seite 48, Drittes Buch Seite 37, 45. Natürlich braucht man bei solchen Fotos nicht hinterher auf eine Freigabeerlaubnis zu hoffen!
Fazit
Die Bücher sind schon lesenswert. Sie enthalten einen Zusammenschrieb dessen, was man überlicherweise jedoch auch über ein Forum lernen kann. In etwas konzentrierterer Form, aber sehr redundant. Es wiederholt sich also vieles.
Die Bücher werden gratis offeriert und dies wird damit begründet, dass Thomas seine Passion mit anderen teilen will. Auch jenen, die nichtmal das Geld für einen Flickr Pro Account haben. Das wird sicherlich auch ehrlich so gemeint sein. Willkommener Nebeneffekt dürfte aber auch die Steigerung des eigenen Bekanntheitsgrades sein, sowie Spenden über den Donate-Button. Ehrlicherweise muss man jedoch auch sagen, dass die Bücher bei einem Verlag keine große Chance hätten. Neben den aufgeführten Kritiken liegt dies auch an den insgesamt etwas wenigen Bildbeispielen, die sich in Folgebüchern sogar noch wiederholen! Da hätte ich schon erwartet, nur noch neue Bilder zu entdecken.
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