Hallo
Ich frage mich ob ich zu meinem Blitz Metz 48 AF-1 einen Bouncer
kaufen soll. Bringt es tatsächlich merkbare Verbesserungen gegen Überstrahlungen oder ausgefressene Lichter?
(..)
Kurze Antwort: Eher nicht.
Lange Antwort:
Wie kann ich eine gute Blitzaufnahme machen?
Der große Nachteil der integrierten Blitze und auch der Aufsteckblitze besteht darin, dass die Achse des Lichtkegels in unmittelbarer Nähe der optischen Achse des Aufnahmeobjektivs verläuft. Dadurch wird das Licht frontal auf das Motiv geführt und eine natürlich wirkende Schattenbildung wird unterbunden, das Motiv wird plattgeblitzt.
Ein weiteres Problem entsteht durch eine einfache physikalische Tatsache: Die Blitzlampen stellen sog. punktförmige Lichtquellen dar, deren Helligkeit mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt. Das bedeutet, dass die Helligkeit um den Faktor vier abnimmt, wenn die Entfernung zur Lichtquelle sich verdoppelt. Ein typisches Blitzbild zeigt daher einen stark abnehmenden Helligkeitsverlauf in der Tiefe. Im schlimmsten Fall ist zwar das Hauptmotiv einigermaßen korrekt belichtet, die Gegenstände im Vordergrund erscheinen aber völlig überblitzt während der Hintergrund in der Dunkelheit verschwindet.
Diese beiden Effekte lassen die typischen „Frontblitzbilder“ sehr unnatürlich aussehen, und vor allem dann, wenn sich die Kameraautomatiken noch zusätzlich verschätzen und ein leicht transpirierendes Gesicht als „Blitzkopf“ auf der Abbildung erscheint.
Der Maßstab für unsere natürliche Empfindung und für eine angenehme Beleuchtung besteht aus naheliegenden Gründen im Tageslicht. Die Richtung dieses Lichtes kommt meist von schräg oben, es diffundiert durch Wolken und Luftschichten und wird schließlich, wenn es auf der Oberfläche angekommen ist, vielfach reflektiert. Zugleich leuchtet dieses Licht auch größere Szenen mehr oder weniger gleichmäßig aus.
Die Eigenschaften eines Aufsteckblitzes stehen damit unserer Erfahrung mit natürlichem Licht diametral entgegen. Die Verbesserungen der Beleuchtungstechnik konzentrieren sich daher auf solche Maßnahmen, die die oben beschriebenen Nachteile des Aufsteckblitzes verringern, indem man sich am natürlichen Empfinden orientiert. Und das bedeutet: Hauptlicht von schräg oben mit Anteilen an diffusem Licht und eine möglichst gleichmäßige Ausleuchtung des Motivs.
Die fotografische Praxis hat schon vor Jahrzehnten eine Reihe von Maximen und Faustregeln für die Verwendung von Blitzgeräten entwickelt, um in diesem Sinne besser beleuchtete Szenen und korrekt belichtete Bilder zu erzielen.
Vergrößerung des Abstands zwischen Blitzgerät und optischer Achse des Aufnahmeobjektivs
Benötigt man unbedingt ein schnappschußtaugliches System, ist die erste Maßnahme ein Stabblitzgerät mit einer großen Reflektorkarte. Für eine weitere Verbesserung kann man entfesselt Blitzen, entweder durch ein Blitzkabel oder durch einen drahtlos steuerbaren Blitz. Den entfesselten Blitz kann man z.B. in einer Hand halten und die Szene von schräg oben beleuchten.
Indirektes Blitzen
Durch indirektes Blitzen kann man eine größere Fläche beleuchten und erzielt durch einen größeren Anteil an Reflexionen ein weicheres Licht. Dieses ist das übliche Verfahren, um in geschlossenen Räumen eine möglichst gleichmäßige Ausleuchtung zu erreichen. Im Freien und in sehr ausgedehnten Räumlichkeiten verbietet sich diese Technik aus offensichtlichen Gründen. In diesem Fall bieten sich möglichst große und auf das Blitzgerät abgestimmte Reflektorkarte an, die das Blitzlicht auf eine größere Abstrahlfläche verteilt.
Teleblitzen mit längerer Brennweite
Um eine ungleichmäßige Ausleuchtung einer räumlich ausgedehnteren Szene zu vermeiden, vergrößert man den Abstand zwischen Blitzleuchte und Motiv soweit, bis man eine größere Brennweite verwenden kann. Das Ziel ist es, die Szene mit dem Motiv etwa im letzten Drittel des Lichtkegels zu positionieren. Damit vermeidet man das Überblitzen des Vordergrunds und das Absaufen des Hintergrunds.
Hellen Hintergrund vermeiden
Soweit es möglich ist, sollte ein heller Hintergrund vermieden werden, es sei denn, er wird gezielt zur Gestaltung eingesetzt. Die sich bildenden Schatten sind auch bei weichem Licht eher störend.
Mehrere Blitze einsetzen
Man kann durch einen entfesselten Hauptblitz, der durch ein, zwei oder drei Zusatzblitze ergänzt wird, hervorragende Ergebnisse erzielen. Die Zusatzblitze können als Seitenlicht, als Gegenlicht oder auch als Spotlicht für eine gezielte Beleuchtung frei positioniert werden.
Reflektoren und Neger
Mit dem Einsatz von Reflektoren und Negern kann die Beleuchtung weiter optimiert werden. Allerdings beginnt hier der Aufwand deutlich zu steigen. Für Portraits im Freien oder für Nahaufnahmen führe ich in meiner Ausrüstung aber immer einen Faltreflektor mit mir.
Belichtungsmessung
Wer aus seiner Fotoausrüstung das Maximum an Leistung herausholen möchte, muss sein Arbeitsgerät in- und auswendig kennen und beherrschen. Ein Blitzbelichtungsmesser hilft ungemein, die Messcharakteristiken und die Wirkungen der Kameraautomatiken genau kennenzulernen. Auch schwierige Belichtungssituationen können mit einem solchen Messinstrument gemeistert werden. Ich verwende ein Minolta Auto Meter VF mit Spotaufsatz. Damit kann ich bis auf 1/10 Lw genaue Messungen einer Beleuchtungssituation durchführen und auch mehrere Blitzleuchten korrekt für eine Szene einstellen.
Blitzpraxis
Adi (Gerwald) hat uns in Beitrag #9 einige konstruktive Beispiele zur Blitzpraxis gegeben, an denen wir uns orientieren können.
Beginnen wir zunächst mit dem Bild von der Urlaubsparty. Wer eine solche Situation aufnehmen will, sollte zunächst das Programmwahlrad der Kamera auf „M“ stellen. Beim Blitzen gilt für alle guten Aufnahmen: Alle Automatiken abschalten, die man nicht vollständig begriffen hat und deren Auswirkungen man nicht intuitiv in der Praxis beherrscht.
Mit der Einstellung der ISO-Empfindlichkeit und der Blende beeinflußt man direkt die Reichweite des Blitzes. Die Leitzahl stellt den Zusammenhang zwischen Blitzreichweite, Blende und ISO-Empfindlichkeit her und definiert damit die Leistungsfähigkeit des Blitzgerätes. Mit der Einstellung der Verschlußzeit regelt man das Verhältnis von Umgebungslicht und Blitzlicht. Immer wieder vergessen:
Durch das Blitzlicht (und nicht durch die Wahl von Blende und Verschlußzeit)
werden Bewegungen eingefroren und Motive freigestellt!
In diesem Fall würde man etwa Blende 8 und 1/30 sek Belichtungszeit vorwählen. Blende 8 benötigt man allein deshalb, weil ein großer Tiefenschärfebereich von mehreren Metern abgedeckt werden muss, die 1/30 sek deshalb, um etwas mehr von der vorhandenen Lichtstimmung aufzufangen. Den Blitz würde ich auf Automatik (Computerblende) stellen, die TTL-Steuerung abstellen, weil auch die Meßvorblitze Energie kosten und die Leistung reduzieren, die Personen durch die Vorblitze irritiert werden könnten und die TTL-Steuerung nicht immer zu vorhersagbaren Ergebnissen führt. Da eine Langzeitsynchronisation vorliegt, empfehle ich in einem solchen Fall die Blitzsynchronisation auf den zweiten Verschlußvorhang einzustellen. Der Reflektor am Blitzgerät wird mindestens auf eine breitere Stufe eingestellt.
Um die Lichttemperatur der Blitzleuchte an das Umgebungslicht anzupassen und um eine Mischlichtsituation zu vermeiden, könnte man den Reflektor mit einer entsprechenden Filterfolie versehen (z.B. Lee 204).
Des weiteren sollte man, soweit es natürlich möglich ist, einige Meter zurückgehen und eine längere Brennweite ab ca. 40mm einsetzen. Falls dieses nicht möglich ist, würde man den Einsatz eines weiteren Blitzes in Erwägung ziehen, der drahtlos gesteuert z.B. über einen Reflektor den Hintergrund aufhellt. Mit diesen Einstellungen und einem Stabblitz, der mit einer Reflektorkarte ausgestattet ist, oder mit einem entfesselten Blitz am Kabel, der von oben auf die Szene gerichtet wird, dürfte man eine optimale Beleuchtung erzielen können. Der Kontrast zwischen Vordergrund und Hintergrund wäre um etwa einen Lichtwert reduziert. Die Kinder im Vordergrund würden eine Spur weniger beleuchtet, der Hintergrund dafür umso mehr. Durch die kleinere Blende würde das Foto auch mehr Schärfe über die gesamte Szene zeigen.
Zum Abschluss zum Diffusor oder auf Neudeutsch „Bouncer“
Die Wirkung des Diffusors kann man schön auf Gerwalds Fotos vom Blitzgerät sehen: Vor einem hellen Hintergrund sieht man „weichere“ Schatten des Motivs, wenn ein Diffusor verwendet wird. Dieses „weichere“ Licht wird als angenehmer empfunden als sogenanntes hartes Licht. Für die Schnappschüsse von Presseknipsern mag das ausreichen, denn bei diesen Profis kommt es nicht auf Abbildungsqualität an.
Den gravierenden Nachteil des weichen Lichts sehen wir bei genauem Vergleich der beiden Fotos: Die „Weichheit“ wird bezahlt durch eine drastische Reduktion an lokalem Kontrast. Besonders deutlich wird dieser Effekt bei Seitenlicht und feinen Oberflächenstrukturen.
Weiches Licht bügelt alle subtilen Kontraste platt. Daher wird im professionellem Studio bevorzugt mit hartem Licht gearbeitet, es sei denn, es gibt zwingende Gründe im Einzelfall für bestimmte Motivteile davon abzuweichen. Denn wozu brauchen wir hochauflösende und kontraststarke Zuikos, wenn wir mit den Weichmachern den Motivkontrast zerstören?