Ich würde mich sehr über konstruktive Kritik freuen!
Eine Sedcard sollte ein Kopf-Porträt enthalten, das mich "abholt". Die Größe der Card ist klein genug, da werden die vielen kleinen Bilder zu Briefmarken und dann verlaufen die Bilder ob ihres absolut gleichen Tonwerts in eine Art novembergrauem Schleim -- nichts, was ich mir länger anschaue als unbedingt notwendig, einen "Greifreflex" löst die Karte bei mir nicht aus. Klassisch wäre ein offenes Porträt ("Mit mir kann man gut zusammenarbeiten") als Öffner der Herzen das Wichtigste (und größte Einzelbild) wichtig.
Das gewählte Aufmacherbild, die 3/4 mit den Händen in der Hosentasche, ist nach den klassischen Regeln der Porträtkunst eine Damen-Pose. Zusammen mit dem offenen Kragen und dem rosa Hemd wirkt der seidig-glänzende Blick noch femininer -- wenn's gewünscht ist, OK, sonst besser klassisches Posing studieren (das ein Schauspieler doch lernen sollte, aber vielleicht irre ich mich).
Bei den Bildern frage ich mich, was der Herr schauspielt. So, wie's jetzt aussieht, strebt er nach ruhigen Rollen als Komparse in eher gemächlichen (Fernseh-) filmen. Wo sehe ich, welche Dramatik von ihm ausgeht, welche Körpersprache, welche Mimik mich verleiten soll, ihn zu besetzen?
Die Sedcard ist die "Fernverpackung" einer Ware, Inhalt ist "Schauspieler". Und wenn sich außen auf der Verpackung nix abspielt, wird man auf den Inhalt nicht neugierig -- da solltet ihr weiter üben und etwas mehr Punch in Richtung der gewünschten Rollen reinbringen. Will er ins Theater, dann auf irgendwelche Bretter und mit großer Pose. Will er ins Fernsehen, kleinere Pose, aber nicht immer die Hände in der Hosentasche -- gerade als Schauspieler für Film und Fernsehen sollte er zumindest attraktiv und variantenreich stehen können. Macht die Bilder so, als kämen sie aus einem Engagement und weil es in dem Wort ja drinnen steckt: engagiert euch so zu wirken wie es die Rolle vorsieht.
Wobei sieben Bilder ohne großartige Variation vielleicht zu viel sein könnten. Lieber klassisch (Porträt, dazu Oberkörper, volle Länge und ein weiteres, wenn es sinnvoll scheint) und in jedem Bild das Maximum herausarbeiten, damit die Variationsfähigkeit des Schauspielers hervortritt. Das Wechseln der Kleidung ist nur der Anfang (und da wart ihr auch inkonsequent, dieser Anzug mit rosa Hemd kommt zwei Mal, die Lederjacke gar drei Mal. Hemd immer offen, …*etc. Da bleibst du weit unter den Möglichkeiten.
Als Fotograf solltest du die Einstellungsgröße variieren und richtig belichten. Letzteres hat m.E. noch deutlich Luft nach oben, und beim Licht wäre halt dramatischeres Licht hilfreich - dieser dämmerungsgraue Beleuchtung macht einfach keine Laune, und wer will schon einen Miesepeter besetzen? Jedes einzelne Bild muss auf den Punkt stimmen und alle drei oder vier zusammen sollen einen guten Grund liefern, den Mann zu besetzen. Da sich die Stücke ändern, muss halt der Schauspieler überlegen, wo er sich am Wohlsten fühlen würde und sich überlegen, in welche Rolle er für welches Bild schlüpfen möchte -- das ist ja sein Job. Deiner ist es, die Rolle fotografisch zu inszenieren, den Mann so lange zu reizen, bis er das Maximum gibt -- Schauspieler brauchen einen Regisseur, der ihnen sagt, wo's lang geht.
Im Satz sieht's so aus, als würden die Bilder in der Mitte nicht exakt aufeinander stehen, das wirkt unexakt. Ob die doch sehr fade Teilung durch Vier die richtige Stimmung verbreitet, sollte auch noch überlegt werden.
Das Format der Karte finde ich interessant -- ich bin jetzt nicht der Sedcard Produzent, aber die, die ich bei Castings bekomme, sind eher DIN A5. Ob das Überformat Freunde macht, weiß ich nicht, das wäre noch zu recherchieren. Am Ende soll eine Sedcard ja in die Ablage passen und da ist zu groß immer eine Gefahr, dass "rund abgelegt" wird …
Ob die Verwendung eines Avantgarde-Schriftenderivats aktuell sehr viel "Zeitgeist" versprüht, würde ich in der gezeigten Form auch infrage stellen -- das war die Schrift der frühen 90er, die modert schon ein bisserl. Dass die Bilder darüber dazu passen, macht die Sache nicht besser -- beim ersten Blick habe ich mich gefragt "und wie alt ist er heute?"
Ganz grundsätzlich wäre es für Besprechungen hilfreich, wenn am Knochen "Schauspieler" etwas Fleisch ("möchte in Fernsehfilmen mitwirken, vorzugsweise Krimi und Action") zum Nagen dran wäre … Wäre es eine völlig unspezifische Sedcard wären alle obigen Überlegungen hinfällig und dann macht ihr am Besten irgendwas, wo er einfach nett und adrett rüberkommt. So, jetzt ist der Kaffee alle und die Produktion braucht mich wieder. Vielleicht war ja was dabei, das euch weiter hilft.