Sogar noch massiverer Denkfehler!
kaha300d schrieb:
Wenn man sich Testberichte ansieht, kommen die Spitzenobjektive (z.B. EF 200mm f/1.8 L) auf 80 Linien pro Millimeter auf einem KB-Film.
Der Fehler mit Linien versus Linienpaaren ist ja schon geklärt, es geht aber noch weiter! Die Seite verwechselt gröblich die reine Objektivauflösung und die Systemauflösung auf Film.
Man nehme z.B. einen ISO-400er Film. An einem solchen Film bringt das 200/1.8 vielleicht gerade mal noch 30-50 lp/mm. Ist dadurch die Optik schlechter geworden? Freilich nein!
Wenn ein Objektiv an Film XY eine Auflösung von 80 lp/mm bringt, dann handelt es sich dabei nicht um die Objektivauflösung, sondern um eine so genannte "Systemauflösung". Bei der "Systemauflösung" wird die Gesamtleistung immer durch beide Komponenten: Optik und Aufzeichnungsmedium limitiert.
Die Überlagerung beider Komponenten ergibt bei der Grenzauflösung folgenden Zusammenhang:
Systemauflösung = 1 / ( 1/Filmauflösung + 1/Objektivauflösung )
Nehmen wir z.B. einen extrem hoch auflösenden Fuji Velvia Diafilm mit Testwerten von ca. 200 lp/mm. Wenn wir nun mit einem Objektiv, welches wiederum 200 lp/mm auflöst, ein Dia aufzeichnen, dann ergibt sich im fertigen Dia eine Systemauflösung von nicht über 100 lp/mm.
Bei Aufzeichnung mit Digitalsensoren gilt dies fast in gleicher Weise, wobei allerdings der Kontrast bis zur Grenzauflösung des Sensors nicht graduell abnimmt wie bei Film, sondern dieser voll erhalten wird oder per Schärfung gar noch gesteigert werden kann. Daher können Optiken an Digitalsensoren prinzipiell noch höhere Auflösungen erzielen als an analogem, Kontrast-dämpfendem Filmmaterial.
Die reinen Objektivauflösungen hervorragender Objektive bewegen sich bei optimaler Blende im Bereich von 200-400 lp/mm, bei sehr guten Optiken immer noch 140-200 lp/mm, bei guten Linsen um 80-140 lp/mm und bei den "Scherben" irgendwo unter 50 lp/mm. DSLRs holen diese Auflösung bei knackscharfen Linsen dann auf die Grenzauflösung des Sensors herunter und machen dann vielleicht noch Moirée. Wer dann Telekonverter (Vergrößerungseinheiten) einsetzt, der wird erkennen, wie viel Reserven das Objektiv im Grunde noch hätte.
Ein Canon 135/2 L kann dabei sogar noch bestens mit zwei gestackten 2x-Konvertern eingesetzt werden, muss also in Anbetracht der Leistungs-Minderung durch die zusätzlichen Konverter mindestens eine isolierte Objektivauflösung um 200 lp/mm und mehr haben. Für Experten: Mikroskopiert man das Luftbild eines solchen Objektivs, so erkennt man, dass im Bildzentrum bei Offenblende tatsächlich gar Werte um 350 lp/mm erreicht werden.