Moin,
in der Tat ist der Netzrücken nur ein Teil des Tragesystems – und nicht einmal einer, der zwingend vorhanden sein muss, denn zahlreiche Wanderrucksäcke haben gar keinen Netzrücken. Der "external frame" ist klassischerweise das, was man von einer Kraxe kennt. Das Tragesystem der meisten modernen Wanderrucksäcke ist hingegen ein "internal frame" – das können in den Rücken des Rucksacks integrierte Platten, Streifen oder Rohre aus Metall, Carbon oder Kunststoff (oder anderen Materialien) sein. Der Urahn dieser Rucksäcke ist das Expedition Pack von Greg Lowe aus dem Jahr 1972. Der entscheidende Punkt bei den Tragesystemen (egal ob intern oder extern) liegt darin, das Gewicht des Rucksacks auf die Hüften zu leiten – und das möglichst eng am Körper, was interne Tragesysteme in der Regel besser können als externe – und ihn außerdem zu stabilisieren.
Wanderrucksäcke gibt es wie gesagt sowohl mit Netz- als auch mit Kontaktrücken – genau wie Fotorucksäcke. Der Vorteil von Netzrücken ist, dass die Auflagefläche am Rücken sehr klein ist und die Belüftung des Rückens sehr gut. Der Vorteil von Rucksäcken mit Kontaktrücken besteht darin, dass sie enger am Körper getragen werden können und damit der Schwerpunkt näher am Körper sitzt, was bei viel Gewicht, in schwierigem Gelände sowie bei bestimmten Sportarten hilfreich ist. Aber es gibt auch Rucksäcke mit Netzrücken, die man über die Schulter- und Stabilisierungsgurte recht nah an den Körper bekommt; und es gibt auch Rucksäcke mit Kontaktrücken, die eher kleine Auflageflächen haben und/oder sehr atmungsaktiv sind. Da muss man sich die einzelnen Modelle schon genau anschauen, wenn man das beurteilen will.
Mein Deuter ACT 24 (ein Daypack) beispielsweise hat ein internes Tragesystem aus umlaufenden Rohren sowie einer in den Rücken eingenähten Kunststoffplatte. Mein Lowe Alpine Kangtega (55l) beispielsweise hat drei wenige Zentimeter breite Streifen aus Metall, die in den Rücken eingenäht sind. Mein Bach Specialist (65l) hingegen hat eine etwa 12cm breite Metallplatte in den Rücken eingenäht. Und mein Macpac Pursuit (40l) hat eine Konstruktion aus vier senkrechten Rohren, die mit mehreren Querrohren verbunden sind. Es gibt da also offensichtlich etliche Variationen. Einen Netzrücken hat übrigens keiner von denen.
Kommen wir damit zu den Fotorucksäcken – wobei ich hier nur von solchen sprechen möchte, die ein vernünftiges Tragesystem besitzen. Auch da gibt es unterschiedliche Ansätze. Der f-stop Loka beispielsweise hat einen umlaufenden Rahmen aus Rohren und einen Kontaktrücken, so dass ein Zugriff auch von der Rückenseite her möglich ist. Der Shimoda Explore v30 ist in dieser Beziehung ganz ähnlich konstruiert (und sieht übrigens nicht nach Wanderrucksack aus; er ist m.E. auch keiner, wohl aber wandertauglich) – wen wundert's, wo der Gründer von Shimoda zuvor Produktdesigner bei f-stop war. Der LowePro PhotoSport Pro 55l hat eine ziemlich interessante, schwer zu beschreibende Konstruktion für das Tragesystem: Zwei Metallröhre laufen am Rand entlang von unten nach oben, wo sie um die Ecke biegen und ein Stück zur Mitte laufen, wo sie erneut gebogen sind und von dort nach unten laufen. Dort enden sie in einer Kunststoffplatte; und auch am unteren Rand ist eine Kunststoffplatte. Diese beiden Platten sind also nur auf dem Weg über die Rohre miteinander verbunden, so dass zwischen den Platten Platz für einen Rückenzugriff bleibt. Beim LowePro Rover Pro 45 hingegen finden wir eine durchgehende konturierte Kunststoffplatte, die im mittleren Bereich mit vertikalen Rohren verstärkt ist; hier ist ein Rückenzugang natürlich nicht möglich – und dieser Rucksack verwendet einen Netzrücken. Der Manfrotto OffRoad 30 ist insofern ähnlich, als er ebenfalls eine konturierte Kunststoffplatte und einen Netzrücken besitzt – und damit ebenfalls keinen Rückenzugang, aber auf die Metallrohre verzichtet; die Kunststoffplatte ist hier stärker und formstabiler, da sie die Kräfte ohne dahinterliegende Metallrohre aufnehmen muss. Mit Ausnahme des unteren Teils der Rohre beim RoverPro liegen alle angesprochenen Tragesysteme vollständig im Inneren der Rucksäcke (außer natürlich die Netzrücken und die Tragegurte...). Der einzige meiner Rucksäcke, der das anders löst, ist der Jack Wolfskin ACS PhotoPack Pro, bei dem die vertikalen Rohre – wie beim Rover Pro nicht am Rand des Rucksacks, sondern mitten über den Rücken verlaufend; hier wird auf eine Kunststoffplatte im Rückenteil verzichtet – und die Metallplatten, in den sie am oberen und unteren Ende stecken, auf der Außenseite des Packsacks hinter dem Netzrücken liegen.
Tragesysteme gibt es also viele verschiedene – sowohl bei Foto- wie bei Wanderrucksäcken. Und es gibt nicht die eine beste Konstruktion. Von den oben von mir genannten sind eigentlich alle im Bereich gut bis sehr gut, würde ich sagen. Aber das werden andere Leute anders empfinden; deshalb muss man m.E. Rucksäcke unbedingt selber ausprobieren.
Wer einen Rucksack haben möchte, der nicht nach Wanderrucksack aussieht, aber trotzdem sehr guten Tragekomfort hat, ist beim Shimoda Explore m.E. ziemlich gut aufgehoben – es gibt natürlich auch zig andere Rucksäcke und Marken, die nicht nach Wanderrucksack aussehen, aber das ist nicht mein Metier, so dass ich dazu nichts sagen kann. Für mich ist der Explore jedenfalls der Rucksack für Reisen und für die Stadt (wenn ich entsprechend viel Fotokram und sonstigen Krempel dabei habe; wenn nicht, bin ich bislang mit meinem EDC unterwegs). Und nach Fotorucksack sieht der Explore m.E. auch nicht allzu sehr aus; wobei mich das noch nie gestört hat, denn wenn ich mit der Kamera in der Hand oder dem Stativ außen am Rucksack herumlaufe, sieht eh jeder, dass ich Fotokram dabei habe; da hilft ein Stealth-Rucksack auch nicht wirklich...