Digitalcamera.de: "Erstaunlich ist, wie tief die Canon-Ingenieure in die Trickkiste gegriffen haben, um die Messungen der Bildqualität im Testlabor zu schönen. Aber spätestens, wenn die Auflösung das theoretische Maximum übersteigt oder die Bildwiedergabe ungleichmäßig wird, fällt das unangenehm auf. "
Die Auflösung kann prinzipbedingt niemals das theoretische Maximum überschreiten...
Egal was man von Digitalcamera.de halten mag, dieser Satz ist sehr reißerrisch und leider gleichzeitig falsch, d.h. unterstes Bild-Niveau.
Da die Test-Daten auch noch nur gegen Geld zu bekommen sind (habe ich nicht vor dafür hinzulegen...) sind sie leider auch nicht allgemein nachvollziehbar.
Um diese Aussage zu verstehen, habe ich mir mal die Seite von Anders Uschold angesehen, da ich weder den Test noch ihn kannte. Die Seite hatte gemischte Gefühle bei mir erzeugt. Zum einen habe ich das
Gefühl, dass Anders verstanden hat, wovon er spricht, aber zum anderen finde ich sehr komisch, dass er nirgends wissenschaftlich nachvollziehbare Grundlagen veröffentlicht hat. Am nähesten kommt das
DCTau® 3.0 White Paper - aber sobald es interessant wird, heisst es dort auf Seite 3-16 nur:
Die Erklärung der mathematischen Grundlagen und Annahmen, nach denen der Wirkungsgrad und die Nettodateigröße definiert sind, würde den Rahmen dieser Dokumentation sprengen.
Auch unter "Forschung & Lehre" hätte irgend etwas wissenschaftlich belastbares erwartet, aber nichts gefunden.
Da ich vermute, dass die Aussage von Digitalcamera.de sich auf den "Wirkungsgrad" bezieht, muss halt die Prosa-Erklärung von Seite 3-12 herhalten:
Wirkungsgrad:
Der Wirkungsgrad bezeichnet das Verhältnis des realen Pixelbedarfes pro
Linienpaar eines Probanden zum theoretisch minimalen Pixelbedarf einer
hypothetischen "Idealkamera". Er beschreibt, wie gut die Einzelkomponenten
aufeinander abgestimmt sind und welche Leistung daraus resultiert.
Der Wirkungsgrad ist besonders für die technische oder redaktionelle
Beurteilung geeignet.
Ah, so wird aus einem "theoretischem Maximum" plötzlich eine "hypothetische Idealkamera". Und ich hatte mich schon gefragt ob Canon endlich das Wunder vollbracht hatte, aus einem üppigen 21,1 Megapixel-Sensor sogar noch mehr Pixel zu quetschen...
Da (meine Interpretation) eine "hypothetische Idealkamera" gänzlich ohne Bildbearbeitung funktioniert (nur so lassen sich über 100% erreichen), darf man natürlich nur eine Kamera ohne Bildbearbeitung (d.h. im RAW-Format mit einem RAW-Konverter ohne Schärfung) damit vergleichen.
Alles andere ist nur ein Test der Bildbearbeitung in der Kamera - die auch einstellbar ist... D.h. es ist sogar nur ein Test der Bildbearbeitung in der Kamera mit der gerade eingestellten Schärfung.
Das mag für eine Knipse gerechtfertigt sein und bei einer Einsteiger-DSLR argumentierbar. Wer aber bei einer Profi-DSLR (d.h. mit großer Anzahl von RAW-Nutzern) verschweigt, dass diese Ergebnisse sich nur auf JPEG beziehen, dabei die Einstellung der Schärfe unterlässt und auch keine extra Werte für RAW anbietet ist meiner Meinung nach nicht objektiv (ob gewollt oder ungewollt kann und mag ich nicht beurteilen). Wer diese Unterlassung auch noch als Basis für ein Marketing wirksames Statement nutzt, ist für mich auch nicht seriös.
Ich zitiere mal auf dem 5D2-Test den ich gerade schreibe und der voraussichtlich im Lauf der nächsten Woche veröffentlicht wird:
So erreicht die EOS 5D Mark II zwar durch eine sehr "wählerische" Form der Rauschunterdrückung (aggressives hochfrequentes Rauschen bleibt von ISO 50 bis 3.200 in den hellen bis mittleren Bildbereichen praktisch unangetastet, während es in den dunkleren Bildpartien bis in die Schatten extrem geglättet wird) ausgezeichnete Noten in der Eingangsdynamik und sogar eine Spitzenleistung bei ISO 400, aber das führt zu einem sehr ungleichmäßigen Bildergebnis mit sehr rauschfreien, aber auch detailschwachen Schatten und Bildbereichen mittlerer bis starker Helligkeit, die extrem detailreich sind, aber u. U. auch etwas rauschen. Auch zieht Canon bei der EOS 5D Mark II manche Bildkonturen so nach, dass sehr feine (in der Größenordnung von einem Pixel) Doppellinien daran entstehen. Das erhöht nicht nur den Schärfeeindruck, sondern trägt auch zu höheren Auflösungswerten bei (was andere Hersteller mit einer etwas gröberen Scharfzeichnung nicht schaffen). Und solche Kantenartefakte machen sich dann zum Teil auch störend auf den Bildern bemerkbar.
Ob dieses Verhalten der JPEG-Engine dem Nutzer gefällt oder nicht, ist sicher Geschmacks-Sache. Aber auf jeden Fall hilfreich für die Bewertung und evtl. Kaufentscheidung.
Mehr dazu kann ich jetzt nicht schreiben, weil die Inhalte bzw. die Hintergrundinformationen dazu Teil der kostenpflichtigen DCTau-Testprotokolle sind und ich hier nicht Sachen wiedergeben darf, für die man eigentlich bezahlen müsste. Aber es steht jedem frei, die Testprotokolle gegen Bezahlung abzurufen und sich anhand der darin enthaltenen Zusatzinformationen eine fundiertere Meinung zum Thema zu bilden.
Dass ihr Geld mit euerer Arbeit verdienen wollt, ist nachvollziehbar. Aber ich finde es schwierig über den Inhalt zu diskutieren, wenn die belastbaren Daten nicht bekannt sind.
Bezieht sich in erster Linie auf die JPEG-Engine, aber dass bei den meisten Kameras auch auf RAW-Ebene kameraintern in das Bildresultat eingegriffen wird, dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein.
Inzwischen hast Du das hier ja geschrieben. Aber füge dass bitte auf Digitalkamera.de zu dem Testbericht hinzu, sonst fehlt eine der wichtigsten Fakten für die Interpretation des Textes. (Und eine Übersteigung des theoretischen Maximums rollt bei mir immernoch die Fussnägel auf - in etwa so wie eine Abkühlung unter den absoluten Nullpunkt oder eine Geschwindigkeit über der Lichtgeschwindigkeit

)