AW: Sony A9
So, nach einer Hochzeit und einem Abi-Abschlussball ausschliesslich mit der A9 mal meine Feststellungen.
Fotografiert und zwischenzeitlich gefilmt wurde zu 98% mit: Canon 24-70 2.8 II, Sigma 35 F1.4 A und FE 85mm GM.
1.: Akkulaufzeit: Auf der Hochzeit wurden knappe 1400 Fotos geschossen über eine Zeit von ca. 8 Stunden. Bei relativ viel Standbyzeit habe ich den zweiten Akku einlegen müssen, er stand danach auf ca. 85%.
Der Schülerball mit knapp 1300 Fotos (allerdings viele Fotos vor einer Leinwand, also unter Shootingbedingungen) brauchte nur einen Akku, Restladung 35%. Das ist eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu A7RII und A7II
2A.: Autofokus: Mit eingeschalteter Vorschau ist bei schlechtem Licht das GM genauso untauglich wie an den älteren Modellen. Schaltet man die Vorschau aus, fokussiert das Objektiv präzise und flott auch bei schlechtem Licht. Ich habe wirklich quasi 0 Ausschuss. (bisher wortwörtlich kein fehlfokussiertes gefunden). Das gilt genauso für die beiden Phasen-AF Objektive (ich betreibe das Canon und Sigma über Metabones-Adapter). Dabei gab es kaum Ziele in schneller Bewegung, aber auch statische Ziele waren mit A7RII und A7II in schlechtem Licht nicht immer sicher. Die Geschwindigkeit in schlechtem Licht war auf jeden Fall exorbitant schneller als bei den älteren Modellen und zudem sicher. Bei Lichtbedingungen von 1/80, ISO 6400 und F1.4 haben die beiden Festbrennweiten quasi kein Pumpen oder Probleme mit dem AF gezeigt.
Warum Sony allerdings nicht in der Lage ist, Blenden- und Belichtungsvorschau voneinander zu trennen, wie jede MFT das kann, verstehe ich nicht. Ich würde gerne sehen, was ich über- oder unterbelichte ohne gleich mit Arbeitsblende fokussieren zu müssen. Da lobe ich mir meine Phasen-AF adaptierten Objektive (die bei eingeschalteter Vorschau immer noch Offenblende haben), allerdings ist das eine eher halbgare Lösung.
2B.: Autofokus bei Video: Mit dem Sigma völlig zu vergessen. Phasen-AF bei Video funktioniert aus mir unerfindlichen Gründen schlecht. Mit dem GM traf er sicher, aber pumpte wie im S-AF Modus, heißt HinterdasZiel-VordasZiel-Ziel. Damit für alles, was nicht total laienhaft aussehen soll, auch nicht wirklich gut zu gebrauchen.
2C.: Gesichts- und Augenautofokus: Die Familienfotos vor der Leinwand habe ich mit dem Canon-Zoom geschossen. Dabei habe ich Fokusfeld "Breit" (also der komplette Sichtbereich) mit Gesichtserkennung "ein" und C-AF gewählt. Die Gesichter werden bei frontaler Ansicht hervorragend erkannt. Der Fokus ist schnell und präzise. Ausschuss: 0%. Für Shootingbedingungen ist diese Konfiguration damit perfekt. Unter Reportagebedinungen fand ich diese Konfiguration blöd, weil man nicht bestimmen kann, welches Gesicht fokussiert werden soll. Wählt man ein kleineres Fokusfeld, muss das erkannte Gesicht in der Nähe des Feldes liegen, damit kann man auch das Feld selbst benutzen, das bringt für mich keine allzugroßen Vorteile. Sowohl Für Augen-AF und Gesichtserkennung gilt, dass Gesichter, die nicht frontal der Kamera zugewandt sind, nicht oder nur sehr unzuverlässig erkannt werden. Damit kann es bei guten Bedingungen eine Hilfe sein (allerdings nur Augen-AF, denn der ist Fokusfeldunabhängig), allerdings ist es kein zuverlässiges Mittel um sich bei einer Reportage darauf zu verlassen.
Wie gesagt: Für mich vor allem eine Waffe um bei Shootings ausschliesslich Komposition und nicht Fokus im Kopf haben zu müssen, für alles andere ganz ok aber kein neu erfundenes Rad.
3.: Videoqualität: Ich weiß nicht, ob es am Codec oder den Lichtbedingungen lag, aber die Qualität der A7RII in HD ist doch sichtbar klarer/besser als der A9. Vermutlich hätte ich 4K aufnehmen und runterrechnen sollen, aber aus Praktikabilitätsgründen habe ich nur in HD aufgenommen, da ist die 7RII vorne.
4.: Bildqualität: In Lowiso gibt es nichts zu diskutieren. Die 7RII Bilder kommen deutlich klarer rüber auf gleiche Größe gerechnet. Lustigerweise gefällt mir die Kamera vom Workflow bei HighISO aber besser und die Bilder gelingen mir deutlich schneller. Ich sehe hier den Vorteil im sehr sehr niedrigen Farbrauschen. Das lässt sich zwar bei jeder Kamera per se gut entfernen, lässt aber häufig fiese Farbstiche zurück, die ein Anpassen der WB oder der Farbregler erfordern. Nicht so bei der A9. Die Farben sind auch in HighISO kaum verfälscht (die 7RII war schon gut, aber die A9 ist noch deutlich besser). Der Detailgrad liegt zwar auch hier nicht über der A7RII, aber die Bearbeitung gelingt schneller und simpler. Hier ein deutliches Plus für die neue Kamera. Im Vergleich zur A7II ist es überhaupt kein Vergleich. Vielleicht zeigen die Messdaten etwas anderes (besseres für die 7II) aber für MICH ist die A9 DEUTLICH überlegen im HighISO-Bereich.
5. Bedienbarkeit:
Auch nach stundenlanger Nutzung liegt die A9 auch mit den dicken Linsen gut in der Hand. (auch ohne Griffverlängerung oder L-Winkel) Kann aber auch daran liegen, dass ich schon ewig Systemkameras nutze und daher eine sehr Objektivlastige Haltung gewohnt bin. Die Kamerahand trägt bei mir kaum Gewicht.
Die Konfigurierbarkeit der Kamera ist für mich exzellent. Auch wenn ich die 7RII seit dem letzten Update schon als optimal empfinde, so ist die A9 in dem Punkt durch den Joystick nochmal besser. Für mich auch sehr nützlich ist das Touchdisplay. Ich schaue mir eine Situation an, überlege einen Schnitt, tippe schnell auf das Display für den Fokuspunkt und hebe die Kamera ans Auge. Das geht sehr flott und erspart viel Zeit. Das Verschieben mit dem Auge am Sucher vermisse ich nicht und habe ich auch zu MFT-Zeiten nie genutzt, wäre für manchen aber sicher toll. Insgesamt ist die Kamera genau so, wie ich sie brauche, Verbesserungspotential sehe ich für nicht. Das allerdings sehe ich seit dem Patch bei der 7RII genauso (bis auf das Touchdisplay, wenn das eingebaut wäre brauche ich auch keinen Joystick).
6.)
Der Sucher:
Fürs normale Fotografieren eine tolle Sache. Weniger Lag, tolle Auflösung und mehr als groß genug. Den Fokuszoom finde ich bei schlechten Lichtbedingungen allerdings immer noch mäßig. Manuelles Fokussieren ist immer etwas Ratespiel. Der Zoom löst meiner Meinung nach leider suboptimal auf. (liegt aber natürlich am glattgezogenen Rauschen) Dennoch: Für Video finde ich das manuelle Fokussieren über die Fokuslupe teilweise etwas Ratespielartig, was mich teilweise zum genauso suboptimalen Videoautofokus zurückgeführt hat. Weiß nicht wie man das bei einer Systemkamera besser lösen kann. Vermutlich nur durch brutal bessere Sensoren mit weniger Rauschen (A7S?)
7.)
LED-Banding:
Auf der Hochzeit habe ich nur den E-Shutter verwendet und unter keinen Bedingungen Probleme gehabt. Auf dem Abiball habe ich die Shootingbilder wg. Blitz natürlich mit mechanischem Verschluss machen müssen. Die Reportage habe ich bis zum Disko-/Tanzteil aber nur lautlos fotografiert (auch wenn da die Lautstärke nicht gestört hätte

). Das ging problemlos und ohne Banding. Bei Einschalten der Diskobeleuchtung musste ich allerdings umschalten. Die meisten Lichtfarben gingen gut, aber eine rote LED war dabei, die fiesestes Banding (immer genau 3 Streifen) im Bild erzeugt hat mit Belichtungszeiten um 1/400sec. Mit dem mechanischen Verschluss hatte ich allerdings keine Probleme. Damit ist für mich die Kamera eigentlich für fast alles lautlos einsetzbar, aber komplett raus aus der Problemzone ist sie noch nicht. Bei Diskobedingungen ist das Auslösegeräusch allerdings... naja... nicht ganz im Mittelpunkt des Interesses sage ich mal.
8.) Fazit:
Konnte ich Bilder machen, die andere Kameras nicht können? Im Bezug auf die 7II und die 7RII sage ich klar: "JA" Der Autofokus bei miesem Licht ist BEDEUTEND besser und spätestens bei Bildern von der Tanzfläche hätte ich mit den älteren Modellen sicherlich einige Situationen verpasst, die mit der A9 einfach "hochziehen und abdrücken" waren. Im Bezug auf andere Kamerasysteme: ein klares Nein. Natürlich nicht. Der AF war sogar bei meiner GH3 und der E-M1 I die ich zu meinen MFT-Zeiten noch hatte für diese Anwendungen ähnlich gut. Und das wird es auch von anderen Herstellern geben. Und hochqualitative Bilder bei mäßigem Licht können andere Kameras auch.
ABER, für mich ist die A9 die perfekte Kamera für meinen Workflow. Sie lässt sich super konfigurieren und bedienen, bietet dabei für meine Arbeit alles, was ich brauche, ohne das ich groß Verbesserungspotential an der Bedienbarkeit sehen würde. Der Workflow ist vom Erstellen der Fotos, bis zum Entwickeln am PC einfach super und unkompliziert. Damit macht die Kamera Spaß bei der Arbeit und bringt mir die Ergebnisse, die ich möchte, so wie ich es möchte und ohne die lästigen Autofokus-/Rolling-Shutter/Akkulaufzeit-Kinderkrankheiten der Vormodelle, die mich zwischenzeitlich wirklich nerven können (vor allem der Autofokus).
Bedeutet für mich: meine A7II geht (Wer sie haben möchte...), meine A7RII bleibt (für High-Res-Fotos und als zweite Kamera für Reportagen) bis sie ein 9er oder 7RIII-er Pendant mit den Vorteilen der A9 gefunden hat, dass sie ersetzt.
So. Ich hoffe das hat möglicherweise interessierten etwas geholfen. Falls noch Fragen sind, beantworte ich die gerne!
Oh und falls die Frage nach Beispielbildern kommt: ich kann leider keine posten mangels Erlaubnis. (jaja wie immer)