AW: gurskys Auflösung
... ok, das ist nun Deine Meinung, aber dieses "ich kenne ..." ???
Der Fotomarkt funktioniert nicht anders als der restliche Kunstmarkt. Und vom Käufer her gesehen ist es legitim, einer Mode zu folgen. Preise werden gemacht, und Banken sowie Versicherungen, die in Empfangshallen gerne Großformatiges hängen haben, können nunmal ganz andere Preise zahlen.
Vieleicht können wir uns darauf einigen, dass er ein außergewöhnlicher Fotograf ist; und das ist in Zeiten der endlosen Bilderflut doch schon etwas.
Und was Kunst ist, sollen ruhig die Menschen in 100 Jahren entscheiden, mit etwas mehr Abstand. Die meisten Künstler sind ja erst nach ihrem Ableben "berühmt" geworden. Für das Auskommen mag es ja gut sein, wenn man von seiner Kunst leben kann (aber auch Anni Leibowitz zeigt ja, dass das schief gehen kann; hat sie doch all ihre "zukünftigen" Werke (!) bereits verkaufen müssen).
Und Beuys ist für Viele heute ja auch noch immer keine "richtige" Kunst. Es hat sicher viel mit Geschmack zu tun, und den sollte man jedem zugestehen. warum auch nicht.
Gerade uns Deutschen fällt es immer noch schwer, andere "Geschmäcker" neben sich zuzulassen, da muss es gleich immer das Beste sein. Wenn man sich über die Jahrzehnte mal ansieht, was da in der Fotografie schon alles in Mode war - und hat sich doch wieder (glücklicherweise) geändert.
Amerikaner gehen da viel unbeschwerter an die Sache heran; das mag Nachteile haben (sie blicken ja auch nicht auf den Ballast einer langen kulturellen Vergangenheit zurück wie die Europäer) - aber zumindest sind viele künstlerischen Anstöße nicht umsonst aus der "Neuen Welt" gekommen. Zumal dort das Kapital nicht soviel Abneigung gegenüber Neuem hat.
Ich glaube, dass er selbst sich nicht als "Über-Künstler" sieht; und was Werbestrategen herausschreien, damit besser verkauft wird, braucht man ja nicht auf die Goldwaage zu legen. In zehn Jahren kann die Fotografie wieder ganz woanders stehen, und dieser Fotokünstler wird sicher in den Museen hängen, und wenn auch nur, weil er der Erste war, der solche speziellen Bilder hergestellt hat. Diesen Platz wird ihm keiner mehr nehmen können, auch keiner, der in einigen Jahren mit einem PC mit 64 CPU-Kernen daherkommen wird; der Ruhm gehört nunmal nicht den Kujau's (vieleicht aber das Geld).
viele Grüße
Michael Lindner
Der Kunstmarkt ist sicherlich kein Indiz dafür ob etwas Kunst ist.
Allerdings teile ich Deine Meinung nicht, dass Kunst so etwas wie zufälliger Geschmack ist.
Kunst ist bis zum Ende der Moderne und bis hinein in die Gegenwart auf Grund verschiedener und wechselnder Merkmale als Kunst erkennbar und deren Qualität objektiv beschreibbar. Richtig ist, dass sicher einiges durch ein wenig zeitlichen Abstand deutlicher zutage tritt.
Echte Kunst ist klar erkennbar. Beuys war große Kunst. Warum? Weil ein angefaulter Filzbollen schön ist? Nein, weil es überfällig war diesen zur Kunst zu erklären. Es war im Kanon der abendländischen Kunstgeschichte ein notweniger Schritt. Konsequenter als Pop. Beuys hat ihn getan. Dafür wurde er berühmt.
Kunst und ihre Definitionen ist komplex und unterliegt seit der griechischen Antike einer stetigen Wandlung. Bei den 7 freien Künsten der Antike war keine Photographie aber z.B. auch noch keine Architektur dabei.
Kunst kann das Schöne Wahre und Gute zeigen, den Kern des Seins im Häßlichen, sich selbst genug sein, andere wachrütteln, den Kanon der Künste erweitern oder ihn trefflich und gekonnt zitieren, sie kann autonom oder in Diensten sein, sie kann nach Adorno auch nur durch die Verneinung alles Gegenständlichen das Unbegreifliche versuchen zu überwinden oder in der konkreten Darstellung des Einen das undarstellbare Andere in unserem Geiste fühlbar machen.
Kunst kann so viel, aber nur von denen wirklich verstanden werden die sich mit ihrem Wesen auseinandersetzen, weil es eine Grundregel gibt: Wer keine Ahnung von ihr hat, wird zu ihr auch keinen Zugang finden und mit seinen "verletzten Geschmacksnerven" an ihrer Oberfläche herumkratzen.
Leider schafft dieser erschwerte Zugang auch Raum für vielerlei Scharlatane die den Kunstmarkt manipulieren. Diese werden gut verdienen aber nicht von Dauer sein. Allerdings sind diese nur durch Wissen und nicht durch die Geschmacksnerven zu überführen.
Gursky ist Kunst. Es wird nun an Anderen sein diese zu überwinden, weiterzuentwickeln, zu zitieren oder etwas gänzlich anderes, neues mit der Photographie anzustellen. Nur wird das mit einer Technikdiskussion nicht gelingen.
Der Thread sollte heißen, Gurskys Gedanken. Seine Auflösung zu toppen wäre leichter möglich, seine Gedanken zu toppen, darauf wird es ankommen.
Gruß
Alexander