Abschließende Bemerkung: Ich will dir, fewe1, echt nicht ans "Bein pinkeln" - aber die - sorry - Jammerei der Fotografen über den Markt empfinde ich als peinlich. Der Markt ist wahnsinnig gewachsen: Das Internet produziert täglich 100.000er neue Bildansichten, jeder Idiot druckt Prospekte, Flyer, Plakate (weil der Offsetdruck per Internetanbieter und co so billig ist wie noch nie, und dafür gab's sogar staatliche Förderung), und die produzierte Bildanzahl pro Tag hat sich vermutlich verfünfzig- oder verhundertfacht.
Die Jammerei der Fotografen ist nicht peinlich sondern berechtigt. Als ich vor etwa 25 Jahren angefangen hatte war es schon berechtigt. Vor 40 Jahren hatte man für eine Doppelseite im Stern den Gegenwert eines Kleinwagens als Fotohonorar bekommen, heute werden dort Bildstrecken primär aus Agenturware gemacht. Es wird einfach immer weniger bezahlt.
Ich hatte vor knapp 30 Jahren - noch nebenbei - einmal im Monat Fotos für eine Bezirkszeitung gemacht - Baustellen, Gebäude etc. - und dafür in einem halben Nachmittag en bloc 15 bis 20 Fotos gemacht und pro Foto 20 Euro bekommen, was einem heutigen Wert von 60 Euro entspricht. Das war damals auch noch das normale Mindesthonorar, das jeder anstandslos bezahlt hatte. Also simpelste Fotoaufnahmen, die jeder Depp machen kann. Über das Honorar freut sich heute jeder als Tagesgage für eine aufwendigere Studio-Produktion.
Noch bis vor ein paar Jahren konnte man als Fotograf nebenher noch mit einem guten Fotoarchiv laufend Einnahmen haben und es war die Regel, dass das eine prächtige Versorgung für den Ruhestand ist. Heute kann man sich ein Archiv in die Haare schmieren. Höchstens wirklich einzigartige Fotos, die niemand anderer ähnlich hat, kann man heute noch aus dem Archiv verkaufen.
Es wird nämlich auch heute mehr auf die Honorare für einzelne Aufträge geschaut, aber übersehen, dass man früher fast nocheinmal so viel ohne weitere Arbeit laufend durch Fotos aus dem Archiv verdienen konnte. Das ist heute weitestgehend durch Microstock-Agenturen abgedeckt.
Diese Microstock-Agenturen sind erst am Anfang. Heute ist das Angebot gegenüber dem, was in fünf Jahren zur Verfügung stehen wird eher lachhaft. Das Auffinden von Fotos wird auch zunehmend leichter gemacht. Heute sagt sich ein Grafiker vielleicht noch, dass er sich den Aufwand lieber nicht antut und bei einer teureren Agentur anruft, die ihm das heraussucht oder beauftragt einen Fotografen. In ein paar Jahren findet er das mühelos allein wegen besserer Suchmöglichkeiten und auch weil einfach mehr zu finden sein wird. Irgendjemand auf dieser Welt hat sicherlich ein Foto mit einem blonden Mädchen, das in der linken Hand einen roten Apfel hält und rechts oben Platz für einen Textblock oder Titel ist.
Es ist einfach nicht wahr, dass engagierte Amateure nicht genauso exzellent Hochzeiten fotografieren können. Spätestens nach der dritten Hochzeit hat man den Dreh heraußen, wenn man nicht ganz untalentiert ist. Das ist ja nur ein Schmäh, den Berufsfotografen immer erzählen, dass nur sie das wirklich schaffen. Heute ist ja sogar die Beleuchtung - die früher mit Blitz schwieriger war - kein Problem mehr.
Mit den billigeren Produktionsmitteln meine ich, dass früher ein Fotograf - auch jemand, der das nebenher gemacht hatte - zumindest eine Dunkelkammer gebraucht hatte und ihm Vieles nur mit viel Aufwand zugänglich war. Um Bilder schnell übermitteln zu können brauchte man Bildfunk oder eine Agentur. Agenturen waren früher für nicht wirklcihe Profis praktisch nicht zugänglich. Heute kann jeder seine Bilder ohne Aufwand weltweit anbieten. Wenn man ein bisschen mehr machen wollte als Fotos für Bezirkszeitungen wurde man nicht sonderlich ernstgenommen, wenn man nicht zumindest eine mittlere Mittelformat-Ausrüstung hatte um auch hochwertigere Aufnahmen machen zu können. Durch die damals noch schlechte Lithotechnik waren hochwertige Farbfotos in größeren Formaten von Kleinbild nicht möglich. Das hatte man also alles erst einmal gebraucht um überhaupt ernstgenommen zu werden.
So wie es heute ist, dass Redaktionen Fotoausrüstung bereithalten, kenne ich jedenfalls von früher nicht. Das war auch kein Problem, denn vom Honorar von drei, vier Aufträgen konnte man sich die passende Ausrüstung selbst kaufen. Bei größeren Redaktionen und bei Nachrichtenagenturen konnte man das Fotolabor nutzen, aber es war schon einfacher, ein eigenes zu haben.
Heute genügt dafür ein PC, ein Internet-Anschluss und eine normale SLR. Es ist also heute sehr viel leichter geworden einzusteigen, aber es wird deswegen auch erheblich weniger bezahlt. Es gibt durch die Digitaltechnik auch heute erheblich mehr Leute, die sehr gut fotografieren können. Das Lernen kostet ja kein Material, das Ergebnis sieht man sofort, also gibt es für jeden, der sich dafür interessiert keine Hindernisse, sich zu verbessern.
Es ist mit der Fotografie eben genauso wie mit Desktop-Publishing oder Webdesign. Es ist ohne großen materiellen Einsatz zu realisieren, daher beschäftigen sich mehr Leute damit und daher wird es billig. Der einzige Unterschied bei der Fotografie ist, dass die 150 Jahre davor immer ein gutes Geschäft war und Desktop Publishing nur zehn Jahre lang.
Freilich schaut es immer toll aus, wenn man die Ansprüche entsprechend runterschraubt. Das hatte ich seinerzeit ja auch gemacht, da ich ja die Honorare von damals älteren Kollegen in den Ohren hatte. Aber mittlerweile ist es halt noch sehr erheblich weniger.
Für den TO um den es hier eigentlich geht, schaut es sicherlich gut aus, das ist schon ein netter Startpunkt von dem aus sich Einiges entwickeln kann. Als Hauptberuf würde ich mich zumindest vorläufig nicht darauf verlassen wollen, aber das scheint ja auch nicht sein Ziel zu sein.