...war das damals keine Kunst?
Ja, es war keine Kunst.
Und nun?
Wenn Kunst Kommunikation ist, dann sind Gegenstände, die in der Gesellschaft nicht im Kontext Kunst diskutiert werden und über die somit keinerlei intersubjektive Übereinkunft erfolgt, keine Kunst.
Wenn ein Maler sein Leben lang im einsamen Kämmerlein werkelt, die Bilder auch nach seinem Tod nie jemand zu Gesicht bekommt, dann sind sie keine Kunst.
Sobald die Gegenstände im besagten Zusammenhang diskutiert werden, sind sie Kunst. Ein Gegenstand kann also zu einem historischen Zeitpunkt Kunst sein und zu einem anderen historischen Zeitpunkt keine Kunst sein.
Klingt komisch ist aber so...
In einem anderen Zusammenhang sind wir viel eher bereit diesen Zusammenhang zu akzeptieren: Wenn ein Wissenschaftler die "Weltformel" findet, etwa eine Theorie, die die 4 Grundkräfte der Physik miteinander verbindet, und diese in der wissenschaftlichen Gemeinschaft nicht diskutiert wird, dann ist es keine Wissenschaft.
Wenn wir also von der Prämisse ausgehen, dass Kunst Kommunikation ist, ist der Satz "Kunst ist was mir gefällt und was ich persönlich dafür halte" unsinnig.
...war das damals keine Kunst?
Nein, es war Kunst.
Und nun?
Wenn Kunst ein kreativer Prozess ist, der sich mit der Welt (der Gesellschaft, was auch immer...) auseinandersetzt und das physische Werk ein Artefakt (der Spiegel), in dem die Auseinandersetzung erkennbar ist, dann sind die Artefakte alleine durch die Definition desjenigen der sie erschaffen hat Kunst. Wenn Kunst also ein durch einen Menschen geschaffener "Spiegel der Gesellschaft" ist, dann ist sie ein Monolog des Künstlers und keine Kommunikation.
Wenn wir also von der Prämisse ausgehen, dass Kunst ein kreativer Prozess ist, ist der Satz "Kunst ist was mir gefällt und was ich persönlich dafür halte" unsinnig.
Womit bewiesen wäre, ob man nun Kunst als Kommunikation oder als Monolog versteht - der Satz "Kunst ist was mir gefällt und was ich persönlich dafür halte" oder auch der Satz "Kunst kommt von können" (mit all seinen Varianten), ist in beiden Fällen unsinnig.
Greets
/bd/
PS: Ich hatte das Glück die Hauptwerke von Gursky (bis auf Rhein) im Düsseldorfer Kunstpalast zu sehen. Da Kunst für mich in der Rolle des Betrachters, neben all den semiotischen Analysen darüber, vor allem und zuerst auch eine sinnliche Erfahrung ist: Gurskys Bilder haben mich schwer beeindruckt. Vor allem auch durch den Umstand, dass sie je nach Betrachtungsabstand völlig unterschiedliche, in sich schlüssige Seheindrücke vermitteln. Das Format und die Methodik seiner Arbeiten sind kein Eskapismus, vielmehr ein unverzichtbarer Bestandteil seines ästhetischen Konzeptes. Kurz, Size matters!