Hier noch ein Auszug aus einem Interview mit Lindbergh.
Peter Lindbergh im Gespräch mit Isabel Flower und Michelle Kuo, Artforum, Mai 2016:
Digitale Fotografien können herzlos und schrecklich aussehen.
In meinem Studio haben wir es mithilfe von Photoshop geschafft, eine digitale Aufnahme wie eine analoge aussehen zu lassen -
man würde nie glauben, dass es sich um ein digitales Foto handelt.
Mimikry würde ich das nicht nennen, denn ich habe mir nicht gewünscht, beim Fotografieren keinen Film mehr zu benutzen.
Ich habe nicht nach dem Digitalen verlangt. Ich setze lediglich etwas fort.
Ich mag oft Bilder, die extrem dunkel sind und wenig Kontrast haben.
Ganz anders als der kinematografische, kontrastreiche Stil von Irving Penn oder Richard Avedon.
Meine Aufnahmen zeigen deutlich Textur: Stoffe, Oberflächen, Haut, Poren, Unvollkommenheiten.
Unabhängig vom Digitalen oder Analogen war mir beim Fotografieren die Kleinbildkamera immer die liebste.
Gelegentlich habe ich auch Mittelformat- oder Großformatkameras benutzt.
Die Arbeit mit der Kleinbildkamera ist wie ein Gespräch - Konversationsfotografie.
Größere Formate sind dagegen wie eine Präsentation. Die Kleinbildkamera ist wie ein Teil des Körpers.
Man spricht und fotografiert dabei.
Wie die Menschen dabei auf dich und deine Kamera reagieren, das kann man auf 35 mm sehen.
Viele Fotografen sind Fetischisten. Sie sprechen über die Kamera und nicht über die Bilder.
Ich besitze eine alte Nikon, sie ist perfekt, aber keine Angst, es geht nicht um die Kamera.
Aber ich glaube, dass die Aufnahme in der Kamera zustande kommen muss, nicht durch Photoshop oder in der Nachbearbeitung.
Ich bin weit davon entfernt, mit der Kamera fertig zu sein. Da bin ich wirklich sehr zurückhaltend.
Und wenn man sich einschränkt, dann wird es erst richtig interessant.