Gewagt ist die Aussage vielleicht schon, aber doch irgendwie näher an der Realität als man vielleicht denkt, oder?
Praktisches Beispiel? Was unterscheidet jetzt beispielsweise die "Cinekamera" Sony FS7 vom spiegellosen Fotoapparat Sony A7s wenn wir uns mal allein auf den technischen Vorgang von Sensor-Readout bis zur Speicherung auf der Speicherkarte her beschränken? Und damit meine ich jetzt nicht die unterschiedliche interne Verarbeitungskette... Aber wie würdest du unter dem Aspekt den Unterschied definieren/erklären? Die Funktionsweise ist bei diesen Kameras ("cine" vs "spiegellos") prinzipiell doch relativ vergleichbar...
Ich nehm jetzt mal bewusst die Position eines Hollywood DPs auf ziemlich hohem Ross ein (was nicht nicht bin

), dann ist die FS7 keine Kinokamera. Nicht mal im Entferntesten. Von dem her ist die Nähe zur A7S logisch, weil: Es sind beides keine Kinokameras!
Selbst die C300 ist bis auf wenige B/C-Cam Aufnahmen nichts, was man häufig auf der großen Leinwand sieht (Ausnahme, dafür aber großartig: Victoria und ok - Need for Speed). Da reicht dann keine FS700, FS7, F3, Canon C300/500 (Die 100er gibt ja nicht mal 10-Bit aus...).
Da gibts größtenteils nur Arri (und dann lang nichts, siehe Links unten), Sony HighHigh End (F55 wenn Gobal Shutter & 4K Master notwendig, F65 selten aber auch), RED (wenn VFX-Streifen und/oder 4K Master sowie Luftaufnahmen, da aber jetzt wohl auch eher Alexa Mini), in den USA auch gern Varicam und wenn Film Panavision (selten auch digial) oder wieder Arriflex, IMAX dann und wann.
Die Listen hier sind recht aufschlussreich. Dass es Oscars sind ist relativ egal (bevors hier Oscarbashing gibt), das sieht bei den BAFTAS oder Globes genau gleich aus:
http://nofilmschool.com/2016/01/which-cameras-were-used-oscar-nominated-films-2016
http://nofilmschool.com/2014/01/which-cameras-were-used-on-the-oscar-nominated-films-of-2014
http://nofilmschool.com/2015/02/which-cameras-were-used-oscar-nominated-films-2015
Falls da eine GoPro drinsteht, dann weil shitty Überwachungscam/Foundfootage Look für ein paar Sekunden des Films gebraucht wird. Eine 5D Mx weils egal ist, wenn 20 von denen als Crashcams das zeitliche segnen (und auch da gibts mittlerweile öfter BMD Cams).
Um auf den Punkt zu kommen: Bewegt man sich etwas aus dem seutschen Fernsehbereich (Tatort, etc.) raus (da ist fast alles ProRes 4:4:4) findest du kaum was, das mit verlustbehaftet komprimierten Codecs aufgezeichnet wird. Oder zumindest ohne Raw-Funktionalität (dann halt Red). Sondern: ArriRAW, Redraw, Kodak Vision.
Solange Sony nicht über den eigenen Schatten springt - und dafür ist Sony nicht gerade bekannt - und beginnt, zumindest weniger komprimierende und subsamplende Codecs (und das ist XAVC einfach NICHT, nicht mal bei der FS7...) zu implementieren und bei Fotoapparaten vieles auf 8-Bit zu beschränken wird der Abstand nicht kleiner.
Egal, ob die jetzt 4K können. Das kann eh mittlerweile ein Smartphone, da gehts um ganz andere Sachen. Dynamikumfang (der wird zugegebenermaßen schon besser, auch wenn das K-Rennen in die falsche Richtung geht) und technische Bildqualität, d.h. 10-12-Bit, 4:4:4, das alles fehlt in der "Kreisliga" immer noch fast überall.
Ich würde dann soweit gehen und sagen die Funktionsweise ist gleich, insofern, dass beide bewegte Bilder aufzeichnen und keinen Spiegel haben. Um weider einen Autovergleich zu bedienen: Ein Auto ist, was vier Räder hat und sich durch einen Motor fortbewegt, nicht mehr und nicht weniger. Das reicht von Lada bis zum Prototypen
Vieles liegt auch daran, dass Film technisch gesehen ein total reaktionäres Feld ist (auch wenn es sich gern anders darstellt...). Erst mittlerweile wird weitestgehend akzeptiert, dass digital nicht schlechter sein muss als Film. Das war noch vor 5 Jahren gänzlich anders.
Gerade darum gehts dabei auch um komplett andere Sachen. Nehmen wir wieder die FS7 und eine Alexa. Warum würde ich keine FS7 nehmen, selbst wenn der Bildoutput gleich wäre? Ganz einfach: Weil der Operator sich auf einmal um Einstellungen und alles an der Kamera selbst kümmern muss. Selbstverständlich? Dann nur bei Dokufilmdrehs.
Schau dir mal das Layout einer Alexa an, da sind auf Operatorseite genau 3 FN-Buttons, Rec, Lock und Playback für die Regie. Menü (ALLES andere) und selbst der Powerbutton ist rechts, beim AC. Wo er auch hingehört, wenn du eine 3-Personen-Kameracrew hast. Wie beim Film.
Das alles sind so Kleinigkeiten, die aber am Set viel ausmachen und letztendlich auch den Unterschied zwischen Consumer, Profibroadcast und Kino ausmachen. Wo die FS7 sicher auch auf der Leinwand gut aussieht (wenn man Sonyfarben überhaupt mag

), gehts um Kino muss man andere Maßstäbe anlegen als "kein Spiegel" und ob das Ding jetzt mehr (Canon, viel mehr) oder weniger (Sony, immer noch) verlustbehaftet aufzeichnet.
Edit: Spinnt man den Gedanken die optische Kette weiter Richtung Motiv, selbst wenn Canon mit CN-Es und der C-Serie zunehmend den Versuch unternimmt, weiter als Richtung High-End Werbung zu kommen (da sieht man dann und wann Canons neben den Angenieuxs) sind sie damit auch noch nicht weit. Im Kino siehst du fast nur Arri/Zeiss Master+UltraPrimes, Panavision (sphärisch und anamorphotisch), Cooke Panchros und S4, Hawks (dann und wann wenn anamorphotisch) und neuerdings oft die Leicas.
Nirgends Sony (obwohl die recht gute PL-Cineobjektive noch von Minoltazeiten haben) Foto-Objektive oder Canon EF. Canon hat es nur (was mir ob der zwangsweisen elektrischen Blendenkopplung auch ein Rätsel ist) geschafft, den Semipro-Video Markt mit EF-Objektiven zu fluten was ihnen jetzt auch immer noch ein Standing verschafft und trotz der Bildqualität noch ein wenig Verwendung garantiert.
Das einzige Mal, wo Canon wirklich Kinogeschichte geschrieben hat war mit den K35 (bei Aliens, Rocky 2 und soweit ich weiß ein paar einzelne Barry Lyndon Shots), die zugegebenermaßen einen eigenen, aber schönen Look haben und sogar mal den Scientific & Technical Award der Academy bekommen haben. Trotzdem findet man bei Google kaum noch was über die K35. Den Look haben sie heute auch noch und werden in Musikvideo/Werbung gerne genommen. Ich weiß aber auch, dass sie bei American Hustle (das jüngste der wenigen Male, wo die im Spielfilmbereich verwendet wurden) auf halber Strecke durch den Dreh ausgetauscht werden musste, weil die Fokusmotoren im Steadycambetrieb den Mechanismus zu stark beansprucht und fast zerschossen haben. Schöne Sch**** bei einem 40 Millionenfilm.
Schon klar, dass hat jetzt null mit DSLM und einem Fotoforum zu tun. Aber es ist leider der Standpunkt, von dem aus man Kinokameras und filmende Fotoapparate (und deren Objektive) vergleichen kann und sollte.