Warum?
Würde mich mal interessieren
Weil für mich die Nachteile die sie brachte die Vorteile, so zahlreich sie auch sind, inzwischen übertreffen.
Verloren ginge:
Sofortige Bildkontrolle, zweifelsfrei ein großer Vorteil bei digitalen Kameras aber in meinem Fall nicht wirklich notwendig. Nach Jahren kennt man sein Material und kann dafür mühelos Belichtung messen. Ab und an kam ein Polaroid zur Beurteilung des Blitzsetups zum Einsatz, nicht schön aber damit kann man leben. Unentdeckte technische Ausfälle von Verschlüssen waren bei gut gewarteter Ausrüstung so selten dass sie für mich keine Rolle spielten.
Sofortige Bildverfügbarkeit, sehr praktisch aber in meinem Fall im Grunde nicht notwendig. Film aufspulen und vom Autolab entwickeln lassen ist kein so großer Aufwand und immer noch besser als am Computer zu sitzen
Praktisch keine pro-Bild Kosten sind für jeden der große Mengen an Bildern macht ein Segen sonder Gleichen aber bei den allermeisten (meiner) Aufträgen und persönlichen Arbeiten sind die Materialkosten vernachlässigbar gering. Wer pro Tag 1000 Bilder auf BIF o.Ä. schiesst wird das selbstverständlich anders werten.
High-ISO in einer für Film völlig unerreichbarer Dimension und Qualität. Für mich nicht notwendig, mehr als 800 ISO ist seltenst im Einsatz. Portra 800 war in 645 noch erträglich.
Bei den Vorteilen von Film hängt viel davon ab wie man "verzichten" auslegt. Persönlich verzichten oder so dass es Digital nie in heutigem Umfang gegeben hätte?
In jedem Fall sind die Vorteile von Film:
Keine Obsolenz bezüglich Bildqualität bei Kameras, stets konnte man den aktuellen "Bildwandler" einlegen und war am derzeit besten Stand. Eine F3 mit heutigem Ektar macht Bilder auf dem Stand von 2008 und nicht 1980.
Weitaus weniger Probleme mit Staub, die normale Reinigung von Kameras war trivial, keine Gefahr durch ein einziges übersehenes kleinstes Sandkörnchen einen Totalschaden zu ereugen, keine hochempfindlichen IBIS Systeme. Jedes Bild hatte einen neuen, frischen Bildwandler. Kratzer gab es bei 120 und Blattfilmen so gut wie nie, bei 35mm auch nur sehr selten. Insgesamt in all den Jahren keine 3 Filme dadurch verloren.
Die gewünschte Bildwirkung kommt in vielen Fällen nahezu fertig aus der Kamera/dem Labor. Natürlich nicht immer und für gröbere Bearbeitungen ist Digital unbestritten klar im Vorteil. Mit schwindender Materialvielfalt verschiebt sich der Punkt immer mehr zum Nachteil von Film. Zu dessen Hochzeiten konnte man jedoch i.d.R. das passende Material für die gewünschte Aufnahme finden.
Das
entspannte Arbeiten mit Großformat. Theoretisch ginge das mit digital auch aber praktisch ist es doch etwas komplett Anderes. Bei Arbeiten mit Film scheint noch mehr Verständnis dafür zu herrschen dass es eben gewisse Zeit braucht und nicht jetzt sofort verfügbar ist. Dass auch EBV nicht mit ein paar Mausklicks in einer Minute getan ist scheinen einige Leute irgendwie nicht zu verstehen.
Die praktisch
unbeschränkte Belichtungszeit ohne Stacking und Energieaufwand, für Sternstreifen sehr praktisch. Etwas übertrieben gesprochen: Kamera abends aufstellen und am Morgen abholen. Bei kleineren Formaten problemlos, bei größerem (4x5 aufwärts) konnte sich der Film bei extremen Luftfeuchten werfen. Schwarzschildeffekt natürlich nicht zu vergessen.
An die
Bildqualität eines großen Dias auf dem Leuchttisch kommt (noch) kein Display heran. Billiger als die dem entsprechenden Digitalrückteile war es nochdazu und der Wertverlust der Digitallösungen in dem Bereich ist absurd hoch.
Vergrößerungen auf
Barytpapier und Kontaktprints in
Alternativverfahren waren einfacher möglich da man nicht über digitale Intermediate und bedruckte Folien gehen musste.
Die
Dunkelkammerarbeit ist für mir generell etwas lieber als die EBV am Computer, auch wenn letztere weitaus mehr Möglichkeiten bietet. Allerdings schliesst Film sie nicht aus, durch u.A. Trommelscanner wird und wurde schon lange in höchster Qualität digitalisiert. Bei Film kann, mit etwas Aufwand, zwischen chemischem und digitalem Prozess in der Weiterverarbeitung gewählt werden, umgekehrt kaum.
Bei Film gibt es
ein Original welches nicht ident kopiert werden kann und schon garnicht ohne physischen Zugang. Manipulierte Negative/Dias herzustellen war nur mit größtem Aufwand möglich und bezüglich Qualität weit von dem heutiger Deepfakes entfernt.
Darüber hinausgehend, im Fall dass es Digitalphotographie nicht gegen oder sie sich nicht über den Stand zu Beginn des letzten Jahrzehnts hinaus entwickelt hätte:
Keine Trivialisierung der Photographie und damit keine Entwertung derer Produkte. Das ist nun eben der Lauf des technischen Fortschritts, es ist nicht aufzuhalten aber dennoch legitim diese Entwicklung nicht nur positiv zu sehen. In mehr oder weniger ferner Zukunft wird das gleiche Schicksal auch Video ereilen und vermutlich die meisten anderen Kunsthandwerke ebenso.
Mehr
Ruhe bei der Arbeit. Dass nicht alles gleich, sofort und am besten gestern erledigt ist wurde noch in weiterem Umfang verstanden. Es war einfach ein entspannteres Arbeiten, trotz aller Einschränkungen.
Damit im Zusammenhang stehen, neben vielen positiven, die zunehmend negativen Effekte der massenhfaten Verbreitung und des einfachen Zugangs zur Photographie. In der Natur bzw. am Berg war man meist alleine und hatte seine schöne Ruhe, wenn man mal einen Kollegen traf unterhielt man sich interessiert und arrangierte sich wenn man das selbe Motiv aufnehmen wollte. Schlimmstenfalls ignorierte man sich gegenseitig und störte sich nicht.
Heute ist das anders, manche Stellen sind regelrecht überlaufen von Influencern, Insta-Models, etc. die oft völlig aggro drauf sind. Es reicht nicht eine Sehenswürdigkeit der Natur aufzunehmen, nein, es muss darin posiert und die Szene arrangiert werden. Mehrere Lichter, Äste abschneiden, Wasser umleiten, Seifenwasser für Blasen reinkippen, ... richtige kleine Shootings. Gerne unterwegs mit völlig unpassender Ausrüstung (FlipFlops im Hochgebirge,..) und Müllentsorgung in die Umwelt.
Gab es in diesem Umfang früher nicht.
Dass der Zugang zur Photographie etwas Verständnis für die Materie und neben Investition an Zeit auch Eigenschaften wie Geduld und Selbstbeherrschung erforderte war bei Weitem nicht nur negativ.
Insgesamt war auch einfach mehr Lametta, statt nur ein kleines Kästchen in die Gegend zu halten und dann am Computer zu sitzen gab es Fachkameras, Negative größer als ein Kopf, Entwickler in denen man das Bild entstehen sah, gedrehte Vergrößerer auf die Wand gerichtet, noch mehr sichtbare Bildentstehung am Papier, das Bild wurde tatsächlich mit Händen bearbeitet, etc. pp.
Selbst das Lernen dessen war, trotz aller nicht immer billigen Fehlschläge, noch unterhaltsamer und schöner als das der digitalen Bearbeitung.
Ich bin sicher, in der Eile einige Aspekte vergessen zu haben.