#65 Anse Marron - Seychelles
Am frühen Abend treffe ich Terry, einen einheimischer Fischer, der mich mit seinem Fischerboot zur Anse Marron bringt. Die in Deutschland so viel gelobte Pünktlichkeit ist hier auf den Seychellen gänzlich unbekannt und so komme ich erst fünf Minuten vor dem großen Showdown – wenn die Sonne im Meer versinkt – am Ziel an. Zum Fotografieren habe ich kaum noch Zeit, schließlich wird es in diesen Breitengraden extrem schnell dunkel. Schon wenige Minuten nach Sonnenuntergang ist es stockfinster und ich sitze einsam am Strand, an dem sich riesige Brecher unter lautem Getöse ihren Weg an Land bahnen.
Ob Terry wohl zurückkommen wird oder ob ich diese Nacht doch alleine am Strand verbringen muss? Nach einiger Zeit sehe ich in der Ferne ein Licht aufleuchten. Oder ist es eine Illusion? Plötzlich ist das Licht wieder verschwunden. Jetzt kann ich aber auch leise den Außenbordmotor eines Bootes hören. Terry kommt zurück und lässt mich nicht mit den unzähligen blutdrünstigen Moskitos am Strand verenden.
Auf der Rückfahrt durch die tiefste Nacht versucht seine Crew noch, einige Calamari aus dem Meer zu fischen – allerdings bleibt der Erfolg aus. Nur in fahlem Mondlicht brettert Terry wie ein Besessener über das Meer. Rechts an uns ziehen die Granitfelsen der Anse Source D’Argent vorbei. Während Davi, Terrys rechte Hand, völlig gelassen, ja fast schon gelangweilt, in dem Boot sitzt, genieße ich den einmaligen Sternenhimmel. Nur ab und an werde ich aus meinen Träumen gerissen. Nämlich immer dann, wenn das Boot den Kontakt zum Wasser verliert und bei voller Fahrt wieder auftrifft. Kurz vor dem Ziel drosselt Terry die Maschine. “Zu gefährlich”, tönt trocken aus seiner Kehle. Doch was meint er bloß damit? Schnell wird es mir klar: Wir fahren über einem Riff, jede Unachtsamkeit kann den Boden des Bootes wie eine Konserve aufschlitzen. Ein junger Mann, vielleicht 14 oder 15 Jahre alt, leuchtet am Bug mit einer kleinen Taschenlampe ins Meer und gibt Terry Anweisungen, wo er lang zufahren hat. Vielleicht ist die Methode etwas ungewöhnlich, aber am Ende kommen wir wohlbehalten an. Der kleine Trip hat mich zwar ein kleines Vermögen gekostet, aber es war jeden Cent wert.